Beschneidungsstreit und andere „Körperverletzungen“

 

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In Deutschland tobt der Streit um religiöse Beschneidungen, ein Kulturkampf. Gehen wir einmal davon aus, dass auch die rituelle Beschneidung von Mädchen bei uns verboten ist, so hat das Gericht folgerichtig gehandelt. Nüchtern betrachtet. Warum eigentlich gibt es den lauten Aufschrei jetzt, wo es um Jungen geht, aber keinen, wenn es sich um Mädchen handelt, die betroffen sind, wenn man zum Beispiel die Wiederherstellung der Jungfräulichkeit betreibt, die ja auch verboten ist. Warum also die Proteste der Religionen, wenn es gegen die Beschneidung von männlichem Nachwuchs geht? Sind Männer mehr wert, noch immer?

Damit aber kann man die Diskussion aber nicht belassen. Wir gestatten ja auch zum Beispiel keine Giffarenhälse, Lippenteller, Lotosfüße oder Tā moko an Kindern, die ja auch wichtige und zum Teil religiöse Bestandteile von Kulturen sind.

Und auch die Deutschen müssen sich fragen, warum dieses Verbot, warum aber darf man noch lebende, fühlende Körper festschnallen, ihnen Mengen an Schmerzmitteln zufügen, weil angeblich Tote Schmerz fühlen, sich wehren, wie immer wieder berichtet, und ihnen Organe entnehmen? Warum ein Bluttest, der Trisonomie 21 entdecken und zur selektiven Abtreibung führen darf?

Warum zwingst man tote Mütter dazu, Kinder zu gebären, hält sie am Leben, warum darf man zur Ermittlung der Trisomie 21 Frauen Fruchtwasser entnehmen, obwohl dabei das Risiko entsteht, das Ungeborene zu verletzen, zu töten? Warum auf der anderen Seite aber darf einem Menschen nicht auf ausdrückliches Verlangen Sterbehilfe bei unerträglichem Schmerz gewährt werden, wenn dieser Mensch im Sterben liegt?

Wer die eine Debatte auslöst, der muss sich auch all den anderen merkwürdigen Fragen stellen:

Gilt ein Schmerz mehr als der andere, ist die Organentnahme schmerzfreier, als die Beschneidung? Und mit welchem recht eigentlich darf Leben verlängert werden, das unerträglich ist, durch Geräte, darf es nicht würdevoll enden? Und welches Recht haben Menschen eigentlich, sich Lebensverlängerung, neue Organe, auf Kosten anderer zu erkaufen?

Das Leben ist doch nun einmal endlich. Und wieso müssen Sterbende Schmerzen erleiden, durch Organentnahme, Sterbeverbot, lebensverlängernde Maßnahmen, müssen tote Frauen Kinder gebären, dürfen sich nicht wehren, derweil der Gesetzgeber Beschneidungen verbietet, Kinder vor Schmerzen schützen will?

Wer wie gesagt den einen Schmerz, das eine angebliche Trauma, verhindern will, der muss dazu gezwungen werden, auch andere Entscheidungen, wie die Traumatisierung Sterbender und qua Gesetz definierter Toter, die es eben nicht sind, zu überdenken, die zu viel längerem Leiden und Schmerzen führen, ganze Familien traumatisieren, derweil die Beschneidung ein familiäres Freudenfest ist, nicht aber die künstliche Verschiebung unter Schmerzfolter des eigentlichen Todeszeitpunktes.

 

©denise-a. langner-urso