Wir „Lügenpressen“ schützen auch Kommentatoren vor sich selbst

 

Lügenpresse, das Unwort des Jahres, und ja, bisher haben wir Medienmacher unsere Fehler auch noch immer revidiert, egal, wer uns darauf aufmerksam machte, und das ist auch ein Zeichen für eine funktionierende Kontrolle, Ausdruck funktionstüchtiger Demokratie.

Und mir fällt dazu eine Frage ein: Gehen Menschen, die Lügenpresse schreien, eigentlich ins Kino, die Oper, das Theater oder lesen Bücher? … Nur so nebenbei, all das muss doch für jemanden wie solche eine endlose Zumutung sein.

Zu den dazu jetzt erscheinenden Beiträgen und Kommentaren in den großen Medien fällt aber auch auf, einige Leser scheinen Medien nur dann als Wahrheitsmedien wahrnehmen zu wollen, wenn diese die Quadratur von Buchstabe, Wort, Satz und Bild bis zur Perfektion durchführen, zu Erbsenzählern mutieren, die „Wutbürger“ an anderer Stelle nicht akzeptieren. Etwa in Behörden. Und natürlich sind Medien auf Agenturmeldungen angewiesen, denn gleichzeitig fordert der heutige Leser zur erbsenzählenden Lügenfindung in der Meldung gleichzeitig sekundengenaue Aktuelle Berichterstattung, sonst ergeht umgehend der Vorwurf von schlechter, viel zu langsamer Berichterstattung.

Im Zusammenhang mit dem Begriff „Lügenpresse“ fällt auch immer öfter der Begriff „Zensur“ weil entweder zu Beiträgen gar keine oder eben nicht jeder Kommentar zugelassen, streckenweise gekürzt oder gar nicht veröffentlicht wird. Aber, Medien müssen nicht nur sich selber schützen, hier kommt das Presserecht zum Einsatz, nein, eigentlich sollten Kommentatoren sich auch über eins klar sein, manchmal ist es besser, gewisse Kommentare eben so zuzulassen, wie es geschieht, das dient auch dem Schutz des Kommentierenden selber. Eltern haften für ihre Kinder, Medien für ihre Kommentatoren, und manchmal wäre schon etwas Dankbarkeit angebracht, wenn man bedenkt, welche Folgen so mancher Kommentar, der lieber gekürzt oder gar nicht erscheint, für den Schreiber selber für Auswirkungen haben könnte.

Dauertanz auf der Rasierklinge

Ein Medium zu machen, dafür verantwortlich zu zeichnen, das bedeutet heute mehr denn je, einen Dauertanz auf einer Rasierklinge auszuführen.

Und den Medien ist sehr wohl bewusst, was es bedeutet, hin und wieder zugeben zu müssen, dass eine Wortmeldung eben nicht zu 100% fehlerfrei, vollständig, was auch immer sein kann. Und vernunftbegabte Leser wissen das auch zu würdigen, so wie sie auch wissen, gewisse Dinge kann man so nicht stehen lassen, deshalb übernehmen Medienmacher auch ihren Schutz, den Schutz des Kommentators vor sich selbst, und das wiegt dann den anderen Teil auch wieder auf, hier findet das Gesamtbild seine Waage.

Und wie schnell Medien auf Hinweise ihrer Kommentatoren bei Fehlerhaftigkeit reagieren, das ist schließlich auch ein Zeichen, dass das Miteinander funktioniert, dass Demokratie funktioniert. Und so wie die Kommentatoren nicht alle in einen Topf geworfen werden, schließlich bezeichnen die Medien diese auch nicht in ihrer Gesamtheit als „Trolle“, so sollte man auch nicht den Medien in ihrer Gesamtheit ein Wort wie Lügenpresse um die Ohren hauen, denn noch funktioniert die Kontrolle, spricht der Leser ein Wörtchen mit, wird wahrgenommen, gehört und Medien korrigieren ihre Fehler, egal wie schnell, egal, wer sie darauf hinweist. Und das ist es was zählt, die Korrektur-, die Lernfähigkeit, nichts sonst.

Journalisten sind keine Götter

Schließlich sind Medienmacher keine „Übermenschen“, und wo Menschen arbeiten, da passieren eben auch Fehler.

Medien versuchen die derzeit aktuell verfügbare, bekannte „Wahrheit“ darzustellen, und der Leser, der ständig die absolute Wahrheit will, der muss sich selber vor Ort begeben oder auf schnelle Nachrichten verzichten. Ich halte Leser selbst in Zeiten des Internet allerdings für fähig, hinzunehmen, dass ein Gesamtbild gewisse Zeit erfordert, und dass der, der umgehend informiert sein will, dadurch entstehende Fehlerquoten auch verzeiht, denn niemand, auch der Leser selber nicht, ist unfehlbar. Massenmedien und deren Macher haben nie behauptet, die absolute Wahrheit gepachtet zu haben und Götter zu sein, und wenn wir soweit sind, dann hat Deutschland auch nur noch eine Partei, vielleicht einen Kaiser, was auch immer und Wahlen sind abgeschafft. Und dann darf gerne gegen die Lügenpresse protestiert werden, sofern dann Demonstrationen gegen Staatsblätter überhaupt noch erlaubt sind, und es sich die, die heute so schreien, es sich dann noch trauen, solche Worte laut auf einer Massenversammlung zu rufen. Und das wäre dann wahrhaft mutig!

Apropos Mut: Ironie an …

Und Mut, ja, vielleicht wäre es mutig, wenn Frau Merkel mitten unter Bürgern marschierte. Aber mal ganz ehrlich: wären Sie so mutig, oder ihr, neben Politikern zu marschieren? Wer hätte von uns den Mut hinter Mutti zu laufen, kennen wir doch ihren unsicheren Gang. Oder mag wirklich jemand, vorausgesetzt Mutti fällt, unter ihr landen? Sehen wir also das Alleinemarschieren der Politik als Bürgerschutz an:), (auch wenn da unter Politikern doch noch jemand wüten hätte wollen) …

Ironie aus.

Macht doch selber Medien …

Und bis dahin gilt: die derzeitige „Lügenpresse“ ist besser als gar keine und muss nicht Erbsenzählereien betreiben, um sich dafür stattdessen vorwerfen zu lassen, nicht schneller berichtet zu haben, als es die Polizei erlaubt …

Und wenn euch die Medien so nicht passen, dann macht eure eigenen, das verbietet euch niemand. Und dann schreibt dort die Wahrheit, die hier aus eurer Sicht anscheinend niemand zu schreiben in der Lage ist. Und dafür haftet dann selber, auch das gehört zur Verantwortung. Und ansonsten – Sorry – Haltet gefälligst endlich die Klappe und lest anderes, das Internet ist voll davon, auch von anderen Nachrichtensendern. Nur Fremdsprachen müsst ihr dafür noch lernen, Wahrheitsfindung ist nämlich unbequem, und ich würde nur glauben, was ich selber verstehe, selber übersetzt habe. …

Und nun ist wieder gut, Wahrheitsfindung braucht Zeit, auch das muss man in einer Demokratie aushalten, und bisher hat das System „Lügenpresse“ noch immer hervorragend funktioniert. Danke für zahlreiche, hilfreiche Hinweise bei Fehlern, derweil ihr Rechtschreibfehler behalten dürft. Ich mache mich dann mal vom Acker, die „Wahrheit“ im Bundestag und den heutigen Debatten zu suchen.

Und es gibt auch keine einzige, absolute Wahrheit, es gibt verschiedene Sichten auf verschiedene Dinge, und daraus ergibt sich ein Gesamtbild. Und ob das dann die Wahrheit ist, das entscheidet die Geschichte.

©denise-a. langner-urso