Berlin Politik: Der Fall Holm, Geschichtsvergessenheit und -aufarbeitung

Mit Erstaunen beobachte ich, wie sehr mal wieder mit zweierlei Maß gemessen wird, denn die Adenauerzeit brachte auch die Studentenunruhen mit sich, und damals waren es Linke, die bemängelten, dass Nazis oder Unterstützer dieser erneut in Spitzenämter gelangen konnten. Interessant jetzt zu sehen, dass wenn es Jahrzehnte später eine rot-rot-grüne Koalition betrifft, plötzlich zu gelten haben soll, alles nicht so schlimm, Jugendsünde, jeder soll eine zweite Chance erhalten.

Richtig, eine zweite Chance soll jeder erhalten, niemand erhält in diesem Land umfassende Berufsverbote auf allen Ebenen. Auf der politischen Ebene aber sollten andere Maßstäbe gelten, zumal es mit Jugendsünde nichts zu tun hat, wenn ein Spitzenbeamter ins Amt kommt, der noch zwei Jahre zuvor Enteignungen und Hausbesetzungen radikal propagiert hat, denn derweil ist der Mensch ja gealtert, und da kann man nun kaum noch sagen, er habe sich geändert, denn er forderte ja vor kurzer Zeit noch das, was eigentlich mit dem Grundgesetz und all dem, was normale Politik ansonsten vertritt, rein gar nichts zu tun haben sollte.

Niemand käme doch allen Ernstes bei zum Beispiel der Feuerwehr darauf, einen, der vor zwei Jahren noch als Brandstifter eine Strafe hat verbüßen müssen, zum Leiter der Feuerwehr oder auch nur irgendwo in diesen Reihen aufnehmen zu wollen. Oder sehe ich das falsch? Es ist auch ein Schlag ins Gesicht der Opfer der Mauer, dass jemand wie Holm in so ein Amt kommen kann, ähnlich, wie wenn plötzlich tatsächlich die Union mit der AfD koalierte und jemand ein Amt übernehmen sollte, der bekannter Nazi gewesen wäre. Da wäre aber bei rot-rot-grün die Hölle los, die Kacke am dampfen, da würde protestiert werden, bis es kracht.

Da wird bis heute moniert, wer so alles in der jungen Bundesrepublik aus dem alten System in Spitzenämter und überhaupt erneut verbeamtet werden konnte, und jetzt sollen für einen selbst andere Maßstäbe und regeln gelten, jetzt plötzlich will man nicht aufarbeiten, Vorbild sein? Sorry, aber das muss ich als Wähler nicht verstehen, und ich will mir einen ähnlichen Fall, der ja eventuell nach der Bundestagswahl ebenfalls anstehen könnte, auf Bundesebene auch überhaupt nicht ausmalen. Spätestens jetzt sollte sich eine solche Koalitionsmöglichkeit schon aus Geschichtsbewusstsein der Wähler erübrigt haben. Zweierlei Maß geht gar nicht, auch nicht, wenn hier jetzt jemand damit um die Ecke rutschen sollte, der versucht die einen Opferzahlen den anderen gegenüberstellen zu wollen, das eine System als harmloser darstellen zu wollen, als weniger menschenfeindlich als das andere.

Holm geht gar nicht, wenn man es ehrlich meint, tatsächlich Geschichte begreifen will, angeblich aus ihr zu lernen versucht, und danach schaut es derzeit nicht aus. Ganz schön verlogen, wie sich da gerade von den drei Parteien verhalten wird. Und linker Terror ist auch Terror, nicht besser als wenn er von rechts kommt, aber anscheinend gilt das plötzlich nicht mehr, hält man die eigenen Chaoten noch immer für harmloser als die der Gegenseite, und dann wundert man sich, warum Bürger damit nicht klar kommen, das nicht verstehen können. Und wenn man es nicht versteht, sich damit nicht auseinandersetzen will, diese nicht wählen, gar protestieren, nennt man sie hilflos Wutbürger. Unglaublich!

©denise-a. langner-urso