Der Deutsche kann nichts – außer Shoppen …

©Benjamin Thorn / pixelio.de

So der Eindruck, wenn man sich die Bilderstudie im Handelsblatt antut, die man wegen einer Studie, die die Gfk – Konsumforscher erarbeitet haben, so kurz darstellt.

Die Studie is so darzustellen, das ist nicht nur reiner Populismus und eine Frechheit, nein, es ist auch lachhaft und schürt massiven Neid, denn ihr Fazit lautet, sofern man eines erkennen kann: Die Deutschen haben viel zu viel Geld und können damit noch nicht einmal umgehen.

Wer aber diese angeblichen Durchschnittsmenschen sind, die ständig sinnentleert mit Geld um sich werfen, das verrät die Studie nicht. Auch scheinen die Deutschen völlig unfähig zu sein, ihre Zeit vernünftig zu planen, eben weil sie nur einkaufen. Wahnsinn! Ich gebe mir ja viel Mühe, aber wohin ich schaue, ich kenne keinen einzigen Menschen, auf den diese Studie zutrifft, der so irre ist, wie es diese Untersuchung uns glauben machen will und frage mich, wer Geld bezahlt, damit die Bevölkerung so verschwenderisch gezeichnet wird.

Vorwurfsvoll schon die ersten Bildunterschriften, denn so ist die Studie im Handelsblatt dargestellt, die mich absolut fassungslos und wütend macht, denn ich frage mich, was all das soll, und welche Bevölkerungsgruppe so viel Geld und Zeit hat, dass sich ein dermaßen verzerrtes unwirkliches Phantasiebild der ganz normalen Menschen darstellen lässt. Aber schauen wir einmal näher auf das, was da großkotzig den Deutschen vorgehalten wird, die die Nürnberger Gfk-Konsumforscher erarbeitet haben:

 Gleich unter dem ersten Bild steht:

 

„Fest steht: Im Schnitt haben die Verbraucher im Jahr 5.413 Euro, um sie in den Einzelhandel zu stecken. Dabei wird hierzulande vor allem am Kind gespart: Mit 12 Euro pro Kopf liegen Baby- und Kinderartikel am Ende der so genannten „Sortimentskaufkrafttabelle“

 

Anders formuliert, die Deutschen sind Egoisten, die ihre Kinder nicht lieben, sie vernachlässigen, frieren und hungern lassen. Was für ein Vorwurf!

Kein Hinweis auf die Geburtenzahlen, darauf, wie arm junge Familien oft sind, wie viele Kinder in Hartz IV Familien aufwachsen, an Tafeln essen müssen. Die armen Kinder haben nicht einmal Spielzeug, so der Vorwurf. 12 Euro also geben Familien nur für ein Baby oder Kind aus?

Wo leben denn diese Statistiker? Jede Großpackung Windeln kostet schon mehr, welche Frechheit! Ich sehe definitiv keine unbekleideten,abgezehrten, vor Hunger wimmernden Skelette in Kinderwagen!

Haben Eltern also Luft und Liebe als Futterquelle entdeckt? Können sie Kleidung aus dem Hut zaubern, Cremes etc.? Na dann mal ganz schnell her mit diesem Wissen, das wäre ja die Erfindung des Jahres, das ist wahrlich Nobelpreis-verdächtig! Gut, die Deutschen also sind Rabeneltern, und ihre Kinder verwahrlosen allesamt. Ganz klasse, liebe Konsumforscher!

Mal darüber nachgedacht, dass nicht für jedes Kind jedes Kleidungsstück, jedes Spielzeug neu angeschafft werden muss? Mal daran gedacht, dass Deutsche eben sparsamer mit ihrem Geld umgehen, da sie dazu gezwungen sind, als andere Menschen in Europa? Dass kein deutscher Busfahrer griechische Gehälter erhält und dass wir so niedrige Löhne haben, wie kaum ein anderes Land der EU?

Mal überlegt, ob die Deutschen vielleicht längst erkannt haben, dass man nicht alles täglich wegwerfen und am nächsten Tag neue Dinge kaufen muss? Vergessen, dass man Spielzeug selbst bauen, Kleider nähen, stricken, und sogar gut pflegen kann? Aber Hauptsache erst einmal den Deutschen vorhalten, was sie für rücksichtslose Väter und Mütter sind! Eine bodenlose Frechheit ist das!

Verständlich, dass man bereits nach dem ersten Bild dieser sogenannten Konsumstudie eigentlich keine Lust mehr hat, sich diese Impertinenz weiter anzutun, und doch blättert man weiter, schließlich will der Bürger ja wissen, was man ihm noch so vorwirft.

Reisewarnung an die Restwelt – meidet die Schwarzen deutschen Septembertage!

Im September ist es selbstmörderisch, überhaupt nach Deutschland zu reisen, denn wie man hinreichend aus der Presse weiß, freut sich dann der deutsche reiche Neidhammel wie ein Teufel, wenn er seinen Mitmenschen den Urlaub durch Streiks des Bodenpersonals an Flughäfen vermiesen kann. Das traurige an den Streiks ist, dass die Streikenden natürlich immer im Unrecht sind, eigentlich niemals streiken dürften. Der dämliche Deutsche, der zur Zeitplanung völlig unfähig ist, entschließt sich nämlich ganz unerwartet, schnell vom Einkauf zum Flughafen zu rasen, weil er an der Kasse bemerkt, dass sein Urlaub fast vorbei ist. Das Einkaufen ist für ihn so schwierig, dass er erst nach 5 Tagen im Supermarkt bemerkt er halb verhungert und ausgezehrt, dass er nur noch wenig Resturlaub hat, und schließlich nehmen die die An- und Abreise ja auch noch zwei Urlaubstage in Anspruch! Ja wirklich, das bemerken wir Dumpfbacken meist erst im September, und darum toben wir uns dann wütend in den Foren über die unverschämte Frechheit des Bodenpersonals an den Flughäfen aus, online versteht sich, obwohl jeder Zweite, der sich dort rum treibt, von sich behauptet, er benutze das Internet eigentlich gar nicht.

Doch damit nicht genug, wie Raubtiere zerfetzen sich die Deutschen, die den Resturlaub hinter sich haben an Septembertagen in Elektronikläden, weil jeder Bundesbürger so technikbegeistert ist, dass er unbedingt und sofort jedes Regal ausraubt, in dem sich ein neu entwickeltes Gerät befindet. Und auch der jährlich neue Kühlschrank muss in diesem Monat angeschafft werden, den man mit dem dazugekauften Fotoapparat begeistert abbildet, damit der Facebook Nachbar vor Neid erblasst, während man selbst Abendbrot ist, denn Kochen ist die Leidenschaft jedes typisch Deutschen, weshalb er einen unglaublichen Verschleiß an Kochtöpfen und Geschirr hat, weshalb wohl eher die Deutschen denn irgendjemand anderes für den Klimawandel verantwortlich sein muss, weshalb er besonders mit steigenden Energiekosten bestraft gehört, und endlich mit erneuerbaren Energien zu beglücken ist, da er ansonsten alleine den kompletten Planeten verseucht.

Nur das Internet mögen wir nicht, schließlich hat es nicht jeder Deutsche erfunden, also gönnen wir es auch niemandem, der es beherrscht, schließlich kann dann auch unser Nachbar die selben Informationen erhalten, wie wir, findet vielleicht sogar bessere, und dass der von nebenan mehr hat, weiß oder sich bildet, dass kann nicht mit rechten Dingen zu gehen. Woher der wohl wieder das Geld hat? Dieser Studierte ist von vornherein verdächtig, und wenn jemand ebenso viel weiß wie ein Politiker, dann geht das ja mal gar nicht, dann kann der sogar mitreden, ertappt den Abgeordneten dabei Gesetze und Texte nicht ernst zu nehmen, nur überflogen zu haben. Pfui ist der Wissensbürger böse, den sie übrigens an seinem überteuerten Schmuck erkennen und die meisten Überfälle geschehen vermutlich auch immer dann, wenn ein Bundesbürger an einem Schuhgeschäft steht, an dem ein Urlauber aus einem anderen Teil der Welt vorbei kommt, dem man schnell eins mit dem Gucci Täschlein, über die Rübe zieht, wegen der Geldbörse, denn alle Deutschen sind Schuhfetischisten.

Ansonsten kaufen wir uns übrigens noch jährlich neue Matratzen und verbringen den Rest unseres Tages ausschließlich Spielen und Spielen und Lesen und das natürlich in englisch und russisch, wie der Handelsblatt-Bildzusammenschnitt wohl beweisen will. Hilfe sind wir intelligent!

Mal ganz ehrlich, so eine Studie kann nur jemand beauftragen, der gerade darüber nachdenkt, wo man dem Bürger noch zum Sparen zwingen, am Gehalt, der Rente oder Sozialleistungen etwas zum Kürzen herausholen kann, denn die Menschen leben danach in unendlichem Luxus, und es geht doch gar nicht, dass ein Hartz IV Empfänger zwei besohlte Paar Schuhe im Schrank haben, und sich der Rentner am Wochenende auch noch eine Zeitung kaufen muss. Und scheinbar sind die Löhne auch noch viel zu hoch, wenn die Bevölkerung in solchem Saus und Braus lebt!

Und dazu stellen wir uns die Frage, warum stellt das Handelsblatt die Studie so vor und nicht als Artikel? Denn, wer rechnen kann kommt darauf, dass die Deutschen für oben genannte Dinge zuzüglich Lebensmitteln und Kleidung ca. 82 % ihrer Kaufkraft verwenden, sprich Urlaub,Miete, Energie- und Gesundheitskosten teilen sich auf auf 18% der Kaufkraft, oder wie ist die Bildchensetzerei zu verstehen? Leben wir so unglaublich günstig? Boah, wie billig muss das Gesundheitssystem doch sein! Oder hat man all das einfach mal unter den Tisch fallen lassen, weil man dem Bundesbürger nicht zuzüglich vorwerfen will, wie hoch er verschuldet sein muss, wenn er tatsächlich so lebt?

Für wen also ist solche Studie gut? Für die Wirtschaft und die Politik, die nicht mehr voneinander zu trennen sind, für niemanden sonst, der die Menschen erleben ganz andere Realitäten.

Eine gute, glaubwürdige Studie, die der Lebenswirklichkeit der Menschen nahe kommt, muss hergeben:

Wofür gibt der Hartz IV Empfänger was aus, wofür der Rentner, wofür der, der 1000 Euro/ 2000Euro/ 5000 Euro und so weiter zur Verfügung hat, und daraus erhält man ein Gesamtbild jeder Bevölkerungsgruppe, dann weiß man auch, wer jährlich neue Matratzen und IPhones zu kaufen in der Lage ist, dann weiß man auch, welches Kind wie viel an Brot und Spielzeug hat, sonst nicht, und dann weiß man auch, wo man kürzen kann. Nur, dass man genau das nicht wissen will!

So jedenfalls erhält man eine Studie die nur zeigt, es geht den Menschen noch immer zu gut, also können wir sie noch mehr schröpfen und zusammenstreichen, kürzen, weil bei der Dekadenz kann man verlangen, dass das Volk auch dazu bereit ist, endlich seine Straßen und Schulen zu sanieren, denn wer so über seine Verhältnisse lebt, muss doch irgendwann auch mal dazu bereit sein, Abstriche zu machen und die Staatskassen zu füllen.

Mehr kann ein Politiker dem wohl kaum entnehmen, beim Überfliegen so einer Bilderflut, so einer Studie, denn das eigenständige Denken scheint denen abhanden gekommen, auf die sich diese Studie offensichtlich bezieht, jene nämlich, deren Gehälter Netto mal deftig die 10.000 Euro Marke überschreiten, die sich nicht vorstellen können, wie es ist, wenn der normale Mensch mit 800 Euro Netto auskommen muss, also Entscheider das 12,5fache an Einkommen zur Verfügung haben. Aber gut, wieder ein Grund um zu kürzen,zu streichen, juchhu …

Und diese Großverdiener verzerren das Gesamtbild, hinzu kommen ja dann auch noch Millionäre und Milliardäre, aber der Bürger, und das behauptet die Studie ja quasi, lebt so bestimmt nicht! Von daher gehört die Studie allenfalls in die blaue Tonne.

 

©denise-a. langner-urso