Es lebe die Pressefreiheit, ein Hoch auf die komplette Medienlandschaft!

Ausgerechnet die Berichterstattung der BILD-Zeitung im Falle Wulff ist es, die uns Schreiberlingen zu denken geben muss, denn wir haben es doch eigentlich diesem Blatt zu verdanken, dass der, sagen wir einmal „arrogante“ Bildungsbürger, aufgerüttelt wurde und die anderen von diesem akzeptierten Medien auch, wo auch immer sie angesiedelt sind, dass sie aus ihrem „Dornröschenschlaf“ erwachten und die Politik endlich so hinterfragten, wie es sich für Medien gehört, nämlich kritischer als in den letzten Jahren, um nicht zu sagen, im letzten Jahrzehnt.

Die Medien haben alle ihre Berechtigung, auch das lehren uns die letzten Wochen, denn nur, wenn Berichterstattung quasi im -um es kriegerisch wie der Bundespräsident auszudrücken – Schlachtzug erfolgt, werden die Dinge wahrgenommen, in der Politik, von allen Bevölkerungsschichten.

Und auch wenn es jetzt Kritik hageln mag, auch jenes Blatt hat seine Berechtigung, das der arrogante, sich selbst so schimpfende Bildungsbürger als BLÖD-Zeitung bezeichnet, bedient es doch bestimmte Bevölkerungsschichten, denen man politische Intelligenz und politisches Interesse ansonsten eher abspricht.

Die politische Diskussion, das Interesse am politischen Tagesgeschehen, so konnte man meinen, war derweil auf dem Nullpunkt angelangt, und genau das hat sich jetzt als Irrtum erwiesen.

Der Bürger hat sehr wohl ein Interesse daran, was politisch so vor sich geht, das erkennt man, wenn man zu den aktuellen Berichten um die Person des Bundespräsidenten sich die Mühe macht die Forenbeiträge zu durchstöbern.

Der Bürger jedweder Couleur ist sehr wohl bereit politisch zu diskutieren, nur müssen die Themen so aufbereitet werden, dass er bemerkt, wenn mir niemand mehr zu helfen vermag, wenn ich mich alleine nicht wehren kann, mich hilflos fühle der Politik gegenüber, weil die Opposition kläglich versagt in ihrer Aufgabe, dann übernimmt die Presse den Oppositionsauftrag. Und genau das haben die Menschen, die Leser zu lange missen müssen.

Die Medien bedienen an sich sämtliche Lesergruppen, alle Bürger, stehen sie nun mehr in der Mitte, weit links oder seien sie eher sehr konservativ, fast rechts angesiedelt.

Jene Teile der Leserschaft, die sich wirklich Bildungsbürger nennen dürfen, verschaffen sich als Gesprächsgrundlage zur politischen Auseinandersetzung einen Gesamtüberblick, lesen quer, haben das Recht sich einen umfassenden Gesamteindruck der politischen Lage zu verschaffen. Genau deshalb ist es wichtig, wenn in den Medien über gewisse politische Themen übergreifend berichtet wird, denn nur dann erfüllt die Presse den Auftrag, dem sie sich verschrieben, den sie sich selbst erteilt hat.

Niemand erwartet doch, dass nun jedes Blatt sich ausschweifend mit Dieter Bohlen oder irgendwelchen Supermodels auseinandersetzen solle, aber wenn es um das politische Tagesgeschehen geht, dann hat der Bürger das Recht, dass er dazu verschiedene Ansichten serviert und kommentiert bekommt, denn nur dann kann er sich ein Bild von der „Lage der Nation“ machen, wie man so schön sagt.

Aber die Presse/Medien hat und haben auch eine noch viel bedeutendere Rolle, wie wir gerade erneut entdecken dürfen, sie schließen nämlich jene soziale Schere und bauen Brücken zwischen den Menschen, überwinden doch ausgerechnet sie in ihrem Auftrag der Information und durch die Freiheit ihres Wortes den Graben, den Politik so oft zwischen den Ärmsten und Reichen, denen da Oben und hier Unten, den Bildungsbürgern und den eher bildungsfernen Schichten gräbt.
Und genau deshalb muss die Presse, müssen die Medien öfter gemeinsam agieren. Der mündige Bürger hat darauf ein Recht, und das genau muss die Aufgabe sein, selbst dann, wenn die Causa Wulff längst Geschichte ist.

Es gibt nämlich viele Themen, die die Menschen bewegen und die Presse darf ihre Verpflichtung nie wieder so vernachlässigen wie in den letzten Jahren, nur dann wird Politik wieder durchsichtiger, verständlicher, fühlt sich beobachtet und vielleicht, ja vielleicht geht es dann auch wieder etwas demokratischer zu als im letzten Jahrzehnt, denn dann weiss auch der letzte Politiker, dass er unter ständiger Beobachtung steht und nicht willkürlich und bis zum Sankt-Nimmerleinstag nach Gutsherrenart agieren und alleine sich und seinem Sessel dienen kann.

Wenn wir das im Auge behalten über die Affäre Wulff hinaus und uns stets daran erinnern, was die gemeinsame Feder bewirken kann, dann ist für die Zukunft schon viel gewonnen, dann wird es auch wieder eine echte Opposition geben, die diesen Namen verdient, und dann wird der Bundestag, wird die Politik vielleicht etwas gläserner, für viele Menschen verständlicher, und dann kann der Weg politischen Handelns ausgebessert und erneuert, begradigt und demokratisiert werden. Und so lässt sich vielleicht die stets heraufbeschworene herbstliche Politikmüdigkeit in einen Frühling des politischen Interesses der Menschen verwandeln.

 

©denise-a. langner-urso