Gentrifizierung Berlin, Euromünzen in den Augen

 

Die Stadt hat sich seit der Wende radikal verändert. Die Berliner Regierung, egal in welcher Zusammensetzung, sie hatte Euromünzen in den Augen, statt die eigenen Bürger im Blick. Verkaufen, planen, bauen, so hieß das Motto, denn wenn man hier Pleite geht, dann zahlen ja andere Bundesländer. Weg mit den Filetstücken, weg mit den Immobilien, weg mit den Sozialbauten, was zählt schon der Bürger, wenn Investoren mit fetten Scheckbüchern winken?!

Und plötzlich werden ganze Straßenzüge dem Verfall preisgegeben, bis heute, zu Billigpreisen irgendwann verscheuert an Investoren, die daraus Luxuswohnungen machen, ganze Bezirke sind davon betroffen. Derzeit ist Zehlendorf/Steglitz im Visier. Hauptsache teuer, Hauptsache Wohneigentum für gefüllte Geldbeutel. Gentrifizierung das Schlagwort auch hier. Was gestern noch Naturschutzgebiet war, noch Laubenkolonie, heute erklärt man es zu Bauland, auf dem ab 6500 Euro pro Quadratmeter Luxuswohnungen entstehen. Und schon klopfen Immobiliengeier auch in Lichtenrade an. Kein Tag vergeht, wo in unseren Briefkästen nicht irgendein Immobilienhai sich anbietet, das Haus zu kaufen, egal, in welchem Zustand.

Und ja, irgendwo zwischen Euromünzen und Wachstum fällt diesem Senat aus CDU und SPD plötzlich auf, dass die ärmeren Bürger der Stadt ihre Mieten nicht mehr zahlen können, irgendwann, und doch hat das Problem ja der Senat selbst erst geschaffen. Es fehlen Wohnungen? Kann ja nicht wahr sein! Wieso das denn?

Also lasst mal was planen, sonst geht es uns bei den nächsten Wahlen vielleicht ans Eingemachte. Mensch, haben wir ne tolle Idee. Das Tempelhofer Feld, das machen wir platt, da ist Platz, da können wir mal eben ein paar tausend Berliner zusammenpferchen. Oder so tun, als ob wir verstanden haben, und wenn die Investoren kommen, ja dann mal sehen, was wird, Hauptsache, wir reagieren. Und wenn es dann doch zu teuer sein sollte, wenn es am Ende eben doch die Geldbeutel sprengt, na dann, dann schieben wird das weg von uns, war halt für die Investoren doch teurer als absehbar, was soll es, Hauptsache erst einmal fließt Geld. Sind die Mieten dann zu teuer, Pech gehabt, ziehen halt Reiche ein, wird schon jeder verstehen, wir verkalkulieren uns ja ständig, hat eben dann der nächste Senat das Problem an der Backe …

Ja, liebe Leute, diesem Senat vertraut niemand mehr, die Gentrifizierung wird weitergehen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Dieser Senat hat Euromünzen in den Augen, nichts sonst, und wer die Planungen zur Bebauung des Tempelhofer Feldes gesehen hat, der weiß, dort entsteht allenfalls kurzfristig günstiger Wohnraum und die Politik wird die Bauten anschließend schneller abstoßen, als sie ihr zum Fraße überlassen wurden, soviel ist sicher. Es mag vielleicht ein paar Jahre dauern, aber bei nächster Gelegenheit wird der Senat auch diese zuerst zu Sozialwohnungen erklärten Bauten abstoßen an den, der genug Kapital bietet um daraus Luxuswohnungen zu machen.

Und liebe Immobilienhaie, Finger weg von Lichtenrade, eure Wurfzettel landen ungelesen da, wo sie hingehören, im Müll. Und wenn ihr doch an Immobilien kommt, dann sagt den Käufern auch, vorsicht, Flughafen und Bahn, denn es ist schon jetzt unerträglich laut hier. Zeigt ihnen die Immobilien zwischen 00 Uhr und 2 Uhr in der Nacht, die werdet ihr dann im Leben nicht los, denn da brettern Flieger schon jetzt, da hört man die Bahnen, und es ist wahrlich keine Freude. Allerdings haben wir günstigen Wohnraum, wenn wir unsere mageren Renten erhalten, und den gibt kein vernünftiger Mensch her, es sei denn, er erliegt kurzfristig der eigenen Gier. Dann darf er sich als Rentner so weg gentrifizieren lassen, wie jene denen man schon jetzt Heimat und günstigen Wohnraum in Berlin nicht mehr zuerkennen will. Ich jedenfalls bleibe wo ich bin, und das ist auch richtig so. Steckt euch eure Euromünzen sonst wo hin!

 

©denise-a. langner-urso