Iraner erhält Menschenrechtspreis der Stadt Nürnberg

Presseerklärung der Stadt Nürnberg zur Verleihung

Der iranische Anwalt und Vorkämpfer der Menschenrechte, Abdolfattah Soltani, erhält 2009 den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis. Der Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly wird Soltani die Auszeichnung, die mit 15.000 Euro dotiert ist, am 4. Oktober 2009, überreichen. Anwalt Soltani gehört dem „Zentrum für Menschenrechtsverteidigung“ an. Seine Anwaltskollegin Shirin Ebadi, und selbst Friedensnobelpreisträgerin 2003, hatte die Organisation in Teheran gegründet hat. Der nun ausgezeichnete Rechtsanwalt vertritt politische Gefangene und klagt Menschenrechtsverletzungen der iranischen Behörden an. Drohungen, Schikanen staatlicher Stellen, willkürliche Verhaftungen, Gefängnisstrafen und selbst zeitweilige Berufsverbote haben Soltani davon nicht abhalten können.

Die Preisverleihung findet alle zwei Jahre statt und zeigt wie Nürnberg seiner Selbstverpflichtung als „Stadt des Friedens und der Menschenrechte“ gerecht werden will. Zum ersten Mal wurde der Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis 1995, also 60 Jahre nach der Verkündung der nationalsozialistischen Rassengesetze in Nürnberg und 50 Jahre nach dem Zweiten Weltkriegverliehen und ist eine Antwort der Stadt Nürnberg auf die schweren Menschenrechtsverbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Der Festakt findet am Sonntag, 4. Oktober 2009, von 11 bis 13 Uhr statt und wird live im Radio auf Bayern 2 ab 12.05 Uhr übertragen.

Im Anschluss an die Preisverleihung sind die Nürnbergerinnen und Nürnberger wieder eingeladen, gemeinsam mit der Familie, mit Freunden und Gästen an der „Nürnberger Friedenstafel“ Platz zu nehmen, ihren Preisträger zu feiern und gleichzeitig ein eindrucksvolles Zeichen für das solidarische Miteinander aller Menschen in der Stadt zu setzen. Die Tafel, die wieder ein vielfältiges Kultur- und Informationsprogramm bietet, ist von 13 bis 17 Uhr geöffnet und erstreckt sich vom Kornmarkt entlang der Dr.-Kurt-Schumacherstraße bis zum Jakobsplatz.

Unter dem Titel „Menschenrechte – eine Herausforderung für den Islam?“ veranstaltet das Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg anlässlich der Verleihung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises eine hochrangig besetzte Podiumsdiskussion. Die Menschenrechte sind eine Herausforderung für alle Religionen und Weltanschauungen. Sie wurden teils mit ihnen, teils gegen sie erstritten. Die islamischen Menschenrechts-erklärungen lassen jedoch grundlegende Fragen offen. In weiten Teilen der islamischen Welt geschehen zum Teil massive Verletzungen dieser Rechte. Dort agieren aber auch mutige muslimische Vorkämpfer der Menschenrechte. Das Podium, die Journalistin und Präsidentin der „Fédération Internationale des Ligues des Droits de l’Homme“, Dr. h.c. Souhayr Belhassen aus Tunesien, die Friedensnobelpreisträgerin und iranische Rechtsanwältin Shirin Ebadi, der iranische Rechtsanwalt Karim Lahidji und der Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin, Prof. Dr. Heiner Bielefeld, diskutieren am Sonntag, 4. Oktober 2009, von 16 bis 18 Uhr im Caritas-Pirckheimer-Haus, ob und wie der Islam und die Menschenrechte zusammengeführt werden können. Der Eintritt zur Diskussion ist frei, um Anmeldung beim Menschenrechtsbüro wird gebeten (E-Mail: menschenrechte@stadt.nuernberg.de,
Telefon 0911 / 2 31-50 29).

Im Auftrag des Menschenrechtsbüros hat die frühere Leiterin des Tanztheaters am Staatstheater Nürnberg, Daniela Kurz, ein ganz besonderes Musikprojekt zu Ehren des Preisträgers entwickelt. „Trotz Alledem“ arrangiert Musik, Tanz und Sprache zu einem einzigartigen szenischen Konzert. Musikalisch stehen die Daf und die Tombak, zwei traditionelle persische Handtrommeln, im Mittelpunkt. Der junge iranische Musiker und Komponist Mohammad Reza Mortazavi stellt dabei neue Kompositionen vor, die unter dem Eindruck seines letzten Besuchs im Iran in diesem Jahr entstanden sind. Darüber hinaus entwickeln er, der Perkussionist Anno Kesting und der Trompeter und Sounddesigner Udo Moll, weitere Klangkombinationen. Ein iranischer Anwalt und ein Journalist haben Texte geschrieben, die zusammen mit den Tanzsequenzen in das szenische Konzert einfließen. Es feiert am Samstag, 3. Oktober 2009, um 20.30 Uhr im Theater Pfütze, Äußerer Laufer Platz 22, Uraufführung und wird am Sonntag, 4. Oktober 2009, um 20 Uhr am gleichen Ort wiederholt. Der Eintritt hierfür beträgt 10 Euro, ermäßigt 8 Euro.

Rund um das Preis-Wochenende findet auch das 6. Nürnberger Filmfestival der Menschenrechte „perspektive“ statt. Vom 30. September bis 11. Oktober 2009 spiegelt es mit Dokumentar-, Spiel- und Animationsfilmen die Menschenrechtssituation in verschiedenen Teilen der Welt wider und lockt als größtes Festival seiner Art in Deutschland internationale Filmemacher nach Nürnberg. Zu Ehren des diesjährigen Preisträgers gibt es heuer den Themenschwerpunkt Iran (www.fitame.de).

Der Internationale Nürnberger Menschenrechtspreis wird zum achten Mal verliehen. Bisherige Trägerinnen und Träger sind 1995 Sergej Kowaljow (Russland), 1997 Khémaïs Chammari (Tunesien) und Abe J. Nathan (Israel), 1999 Fatimata M’Baye (Mauretanien), 2001 Bischof Samuel Ruíz García (Mexiko), 2003 Teesta Setalvad (Indien) sowie Ibn Abdur Rehmann (Pakistan), 2005 Tamara Chikunova (Usbekistan) und 2007 Eugénie Musayidire (Ruanda). Um die Menschenrechtsarbeit der Preisträgerinnen und Preisträger in ihren Heimatländern langfristig zu unterstützen, gründete die Stadt am 31. Mai 2000 die Stiftung „Nürnberg – Stadt des Friedens und der Menschenrechte”, die mit ihren finanziellen Mitteln und mit Spenden aus der Bürgerschaft gegenwärtig neun Projekte in sieben Ländern fördert.

Die Entscheidung über die Preisträger trifft eine international besetzte Jury. Mitglieder sind Prof. Dr. Theo van Boven (Niederlande), Prof. Dr. Rajmohan Gandhi (Indien), Prof. Dr. Maurice Glèlè-Ahanhanzo (Benin), Maître Daniel Jacoby (Frankreich), UNESCO-Generaldirektor Koichiro Matsuura (Japan), die Friedensnobelpreisträger Shirin Ebadi (Iran) und Dr. Adolfo Pérez Esquivel (Argentinien), der israelische Künstler Dani Karavan, die Präsidentin des Interamerikanischen Menschenrechts-instituts, Dr. Sonia Picado (Costa Rica), der ehemalige australische Außenminister Gareth Evans und der Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, Dr. Ulrich Maly.

1997 hat Nürnberg das erste und bisher einzige kommunale Menschenrechtsbüro Deutschlands einrichtete. Es veranstaltet internationale Konferenzen und Fachtagungen, unterstützt Projekte zur Menschenrechtsbildung und organisiert die lokalen und internationalen Aktivitäten der Kommune. So fungiert das Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg auch als Geschäftsstelle der „Europäischen Städte-Koalition gegen Rassismus“, der inzwischen 93 Kommunen aus 20 europäischen Ländern angehören – darunter Metropolen wie Barcelona, Berlin, London, Madrid, Stockholm und St. Petersburg. tom

 

 

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