USA-China: Die Chen Affäre – ein abgekartetes Spiel?!

Der chinesische Anwalt Chen verlässt also die US Botschaft um fortan wie ein normaler Bürger behandelt zu werden, einfach so ohne großes Tamtam. Fraglich hingegen ist noch immer, wie er überhaupt seinen scharfen Bewachern entfliehen und dorthin gelangen konnte.

Auf der anderen Seite hingegen, und wenn man etwas länger darüber nachdenkt, wird einem klar, dass das ein abgekartetes Spiel der Amerikaner und Chinesen gewesen sein könnte, passend einmal zum Wahlkampf, der derzeit in den Staaten tobt, auf der anderen Seite hingegend auch denkbar passend, wenn man das wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnis zwischen den USA und China, der Restwelt, betrachtet.

Wie behält man sein Gesicht und wird dennoch den Streit um einen Aktivisten los, den die Auslandspresse einem bei Events und Investitionen einerseits beständig aufs Butterbrot schmiert, wie öffnet man sich, wie produziert man neue Märkte, erhält alte und erweitert sie, wenn ein Aktivist ständig die Beziehungen zur sogenannten westlichen Welt beeinflusst, und wie hilft man gleichzeitig jemandem unter umständen dabei beweisen zu können, hier Obama, dass eben seine Bemühungen um Menschenrechte etwas bewirkt haben, sprich, wie verhilft man dem Präsidenten vielleicht zum Machterhalt, wenn der ungewisse neue im Weißen Haus der vielleicht unerwünschtere Kandidat wäre.?

Zumindest bei seinen Anhängern durfte der Präsident als mit dem „schnellen“ Verhandlungserfolg punkten, auch damit, dies sei ein Zeichen, wie sehr sich die Beziehungen zu China seit er im Amt ist, verbessert haben.

Dieses Spielchen könnte gelaufen sein, recht unbemerkt, aber auch unter Einbeziehung Chens, und in Abtimmung mit der chinesichen Regierung.

Jeder republikanische Präsidentschaftskandidat nämlich wäre zukünftig der unbequemere, weil die Tea-Party Bewegung sehr großen Einfluss hat, weil die Mitglieder der Partei von Abtreibungen nichts halten, weil Chen unter Umständen bei Wahl eines Republikaners unbequemer geworden wäre, die Beziehungen hätten mehr belasten können, als derzeit, denn Republikaner ziehen auch immer gerne die Karte des Kalten Krieges, bevorzugen klare Abgrenzungen, Systemgrenzen in ihrem populistisch verkrusteten Weltbild, suchen die Trennung zwischen gut und böse, schwarz und weiß, schlagen mit der Kommunismus-Keule zu.

Wahlkampfhilfe für Obama also? Auch, gezwungenermaßen quasi, denn die Chinesen haben viel mehr gewonnen, als man denken mag. Sie wurden ein Problem los, ohne ihr Gesicht zu wahren, auch, um die Öffnung gen Westen voranzutreiben, die wirtschaftlichen Beziehungen, denn China ist so abhängig von Amerika als Exportland, wie Amerika von China, das Dollarmengen hortet, wie man sie sich kaum vorstellen kann. Und Amerika, die Welt, brauchen China, nicht nur aus wirtschaftlicher sondern auch aus rein strategischer Sicht, wie sich immer öfter beweist.

Ob es also ein abgekartetes Spiel war, wir werden es wohl nicht erfahren, aber wer der Welt eine reibungslose Flucht in die US Botschaft vorspielen will, der sollte sie nicht so durchsichtig ablaufen lassen, denn wirklich glauben kann man das als mitdenkender Mensch eher nicht, wenn man die strengen Überwachungen von Aktivisten in einem System wie China einmal hinterfragt.

Da kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass das abgesprochen und vermutlich wohl geplant gewesen sein dürfte. Und die Rolle, die dabei Chen selbst spielte, ob er sich missbrauchen lies und letztlich doch einfach nur den bequemsten Weg zur richtigen Zeit gewählt hat, um sich und seine Familie aus dem Überwachungsgefängnis zu befreien, auch das wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.

Eines ist sicher, nicht jeder Mensch will so kämpfen, für sich und andere, wie einst Ghandi, und so hat vielleicht auch Chen, wie China, für sich einen passablen Weg gefunden, der ihn sein Gesicht bei seinen Anhängern nicht verlieren lässt, und womit alle Seiten zukünftig gut leben können.

Nur an den angeblich so reibungslosen Ablauf, an ein Flucht-Wunder, mit rasant verlaufendem Handlungserfolg, daran sollte man bei genauem Hinterfragen wohl eher nicht glauben.

Das war vermutlich geniales Schmierentheater, eiskaltes Kalkül dreier raffinierter Verhandlungspartner, und wir werden ja sehen, ob Chen jetzt so weiteragiert wie bisher, und ob man ihn nicht seitens China viel eher gewähren lässt, denn ihn zu bekämpfen, ihn sich quasi totlaufen lässt, wenn man dem Rufer in der Wüste einfach keine Beachtung mehr schenkt. Dann hätte China tatsächlich am Meisten gewonnen, und dumm waren sie bekanntlich noch nie, die Chinesen und dazu gehört jetzt auch die vorgespielte dramatische diplomatische Folgekomödie, die gespielte Empörung Chinas, das gehört zur Gesichtswahrung, so einfach ist das …

©denise-a. langner-urso