Wulff – Die Affäre jetzt auch der Kanzlerin …

Eine andere Überschrift fällt einem einfach nicht mehr ein. Nicht nur Herr Wulff hat anscheinend jedes Augenmaß verloren, wie Steinmeier von der SPD meint, nein, die Bundeskanzlerin ebenfalls. Oder reiht sie sich jetzt etwa auch ein in die Reihe derer, die von alledem nichts gewusst haben, die von der Durchsuchung bei der Gedenkfeier nichts wusste, die nicht weiß, was sie gerade toleriert? War sie nicht vorab darüber informiert, dass die Staatsanwaltschaft sich im Schloss tummelte, als sie ihm erneut das Vertrauen aussprach?

Da hockt der Herr Präsident im Reichstag, lauscht Reich-Ranicki, der ehrlicher und aufrechter nicht sein kann, der heute dessen Rücktritt fordert, jener Bundespräsident, der offiziell als  als Lügner tituliert werden darf. Wie passt all das zusammen, diese Brüskierung? Ist Politik wirklich derweil so verlogen und verkommen, dass man als Lügner einem Aufrechten ins Gesicht lächeln darf, bei einer so ernsten Gedenkveranstaltung, als Bundespräsident?

Wie bitte soll denn bitte jemand wie Reich-Ranicki dem deutschen Staatsoberhaupt noch ein Wort glauben, wenn Bundespräsident Christian Wulff bei der offiziellen Gedenkveranstaltung anlässlich des 66. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz eine Rede hält, er, der er Lügner genannt werden darf? Denn der Bundespräsident hat ja nur seine eigene Glaubwürdigkeit …

Er hätte dort nicht sitzen dürfen, dieser Präsident, nicht vor diesem aufrechten Mann, er, der er sich so winden muss, um auf seinem Sessel in Sauerland-Manier zu kleben, nicht nachdem er wusste, wie nahe die gerade abgezogene Staatsanwaltschaft ihm auf den öligen Panzer gerückt ist.Und Frau Merkel hätte lieber den Mund halten sollen, anstatt einem, dem es nicht einmal mehr in die Krone hineinregnen kann, weil er sie irgendwo verloren und nie verdient hatte, weiterhin das Vertrauen auszusprechen.

Täglich rückt die Justiz etwas näher, und dann winkt die Kanzlerin mit dem Zaunpfahl in Richtung Staatsanwaltschaft, um somit an die Weisungsgebundenheit zu erinnern? Danke, das Fass ist nicht nur voll, es läuft beständig über!

Die Politik aber wundert sich über das fallende Interesse an Politik, wundert sich, woher plötzlich die Piratenpartei kommt, woher die Wutbürger. Ja, wie blind sind Berufspolitiker eigentlich? Aus dem Amt in die Wirtschaft, aus der Wirtschaft in die Politik, Lobbyisten in Regierungsnähe, wohin man auch schaut.

Da wird versucht, den Bundestag zu umgehen, da werden Waffendeals mit Diktatoren gemacht ohne das Parlament einzubeziehen, da ist man kaum im Amt und gibt es wieder ab, kassiert höchste Abfindungen, begeht Fahrerflucht, fährt unter Alkoholeinfluss und kommt so gut wie ungeschoren davon.

Da stützt man einen Präsidenten, in dessen Amtssitz die Staatsanwaltschaft einfällt, weil seine Schnullis zwischen Amt und dem, was man Anstand,Ehre und Moral nennt nicht mehr unterscheiden, fehlt nur noch die Bestätigung, dass bei all dem der Marionettenspieler Führerschnulli genannt wurde.

Und all das soll keine Parallelwelt sein, kein Supernarkt mit Billigschnäppchen für eine ganz besondere Kaste, genannt Politiker?

Wie tief also soll das Ansehen beim Volk, in der Welt noch sinken, wie lange will man noch hinnehmen, dass derweil bis zur New York Times sich die Welt das Maul zerreist über jene, die die Wähler alle paar Jahre wiederwählen dürfen? Wie lange will Frau Merkel es noch hinnehmen, dass derweil die Welt staunend erfährt, dass Deutschland das bessere Berlusconiparadies ist, das mit erhobenem Zeigefinger der Welt voller Besoffenheit ein Vorbild an Demokratie sein will? Und diese Republik will Aufbauhelfer sein für andere? Will ganzen Staaten dabei helfen, Justiz, Polizei, einen Beamtenapparat aufzubauen, Steuerbeamte schulen, Politikern zeigen, wie man politisch richtig agiert?

Diese Republik mit diesen politischen Akteuren alias Niebel und wie sie alle heißen also will Vorbild sein für andere. Das muss die Bundeskanzlerin der Welt nun wirklich einmal erklären, am besten in einer Regierungserklärung im Bundestag, denn auch das Volk hat darauf ein Recht.

Und auch soll sie endlich erklären, was sie denn damit meinte, als sie lautstark öffentlich verkündete:

Christian Wulff werde weiter „wichtige Akzente setzen“

Wenn die Durchsuchung der Staatsanwaltschaft eines seiner Busenfreunde von Räumlichkeiten in seinem Amtssitz dazu gehört, na dann, Prost Mahlzeit! Will uns also Frau Merkel damit sagen, wir haben uns auf eine andere Art der Politik und des Politikverständnisses, auf eine neue „Wirtschaftspolitikform“ einzustellen, und dieses Zeitalter leite der Bundespräsident gerade ein?

Will sie damit andeuten, das neue politische Gehabe und das Tolerieren  durch die Justiz, diese Rechtsverdreherei, -dehnung und Rechtsbeugung haben wir demnächst durchweg zu tolerieren? Will sie eine offizielle Klassengesellschaft aus Wirtschaft/Politik da oben festzementieren ala Honeker? Ganz ehrlich, dann ist Frau Merkel samt ihrer Koalition ein Fall für den Verfassungsschutz und nicht Die Linke, denn soweit geht man da nicht per Ansage in der Presse und an das Volk!

Ganz ehrlich, liebe Frau Merkel, das wird der Wähler sich nicht gefallen lassen, jetzt spätestens, mit der Durchsuchung so dicht am Präsidenten ist nicht nur jede Grenze überschritten, sondern tatsächlich der Rubikon, wie Ihr Präsident das formulieren würde! Es kann nicht sein, dass jemand im höchsten Staatsamt verbleiben kann, nur, weil er vermutlich ansonsten Ermittlunden gegen die eigene Person zu befürchten hätte, denn danach sieht es derweil immer mehr aus.

Oder um es einmal sehr deutlich zu formulieren: Wir werden es nicht zulassen, dass Sie aus Deutschland tatsächlich eine Bananenrepublik und die Deutschen vor aller Welt lächerlich machen machen-Punkt.

Spätestens jetzt ist die Affäre Wulff auch die Affäre Merkel!

©denise-a. langner-urso