1966-2010 Wembley und die Löwenkätzchen

Da sage noch einer, Fußball sei nicht politisch gefärbt, Fußball sei ungerecht, parteiisch. Dieses 4:1 spricht eine ganz eigene Sprache, eine Wollenssprache, die Sprache des Zusammenhaltens, des Zusammenwachsens, die Sprache der Gerechtigkeit, auch eine soziale Sprache, alte Feindschaften, es gibt sie nicht mehr, sie sind ein Mythos, der Krieg, er ist lange vorbei, die Fans wollen ihn nicht mehr führen, sich nicht verführen lassen, sie freuen sich mit dem besseren Team und würdigen dessen leistung, auch, wenn ein Schiedsrichter einen Fehler machte, dieser konnte ein klares Ergebnis nicht verhindern. Man feiert mit- und nicht gegeneinander, solidarisch. Vielleicht macht er sich gerade frei, der Fußball von der Tagespolitik und vielleicht auch damit von der Wirtschaft.

Geschichte wiederholt sich, wieder und wieder, der Fußball hat den Beweis heute erbracht. Damals 1966 war der Ball nicht im Eckigen, aber es war ein Tor, 2010 war der Ball Eckigen und wurde (hüstel) übersehen. Man trifft sich eben immer zweimal im Leben. …

Deutschland vuvuzelat und hupt und hat endlich wieder einen Müller. Schade ist es dennoch, um dieses Team, das britische Löwen zu Schmuse-Kätzchen kastrierte. Schade drum, weil vermutlich der deutsche Oberlöwe Löw diese Mannschaft wieder schneller auseinanderreissen wird, als sie sich finden kann, schon zur nächsten WM werden sicher die Hälfte dieser Jungs nicht mehr gemeinsam antreten dürfen.

Und genau das ist es, was wütend macht, dieses Wachstum, das auch im Fußball so zerstörerisch wirkt, diese Nichtkonstanz. Dieses Kaufen und Verkaufen, einstellen, entlassen, auf die Straße schicken. Das Leben eben, das unberechenbare, dabei wäre es an der Zeit, zu alten Werten zurückzukehren, auch und gerade über den Sport, vorbei, an einer übermächtigen dominierenden satten, verdorbenen, gierigen, maroden Altherrenriege namens Fifa, für die nur eines zählt, der Faktor Kapital.

So, wie die Wirtschaft, die Politik verdorben sind vom „Mythos“ Kapital, völlig desolat und entmenschlicht, Werte entwertet eben, so ist das der Fall im Sport, so droht die Gesellschaft gespalten und zersetzt zu werden, von Mythen. Von Kriegsmythen, Kapitalmythen, Zerfallsmythen, Spaltungs- und Auflösungsmythen, Krisenmythen. Übertreibungen. Geschürte, gestreute undefinierbare Ängste, gewollte Angst, die zu Duckmäusertum führt, Existenzangst.

Derzeit hat Deutschland ein junges, wildes Team, das gewillt ist, gemeinsam für ein Ziel zu kämpfen, diese Wm zu gewinnen, und diesen Jungen sollte man eine Konstante bieten, eben deshalb, weil es davon im Leben zu wenige gibt. Zu wenige, wie im wahren Leben, wo längst eine Zweiklassengesellschaft gewachsen ist, mit unterschiedlichen Bildungschancen, Karrieremöglichkeiten, unterschiedlicher ärztlicher Versorgung, vielen wirtschaftlichen und sozialen Interessen aus Armut und Reichtum, aus Deutscher Bank und Pfandhauskapitalismus.

Heute hat sich Deutschland spielerisch durchgesetzt und gezeigt, es zählt eben nicht nur das viele Geld, es zählt die pure Lust am Leben, der Spass am Spiel, und genau den sollte man als Wert wieder entdecken, diesen Wert, der sich Lebensfreude oder Lebenslust nennt, zu der aber tatsächlich ein Auskommen mit dem Einkommen, ein Mindestlohn, nicht ein überzogener, gehören.

Lebensfreude,Lebensmut,Lebenssinn, das ist das größte Kapital, und wenn sich Geschichte schon wiederholt, dann sollte man das Wissen aus ihr nutzen, um beim nächsten Mal einen anderen Weg zu beschreiten. Andere Wege aus Krisen finden, sprich, im Fußball auch einmal ein Team weiter ausbauen und zusammenwachsen lassen. Was schon in der Politik und in der Wirtschaft unmöglich erscheint, dafür sollte Löw mit seinem Team zum Vorbild werden. Manchmal zählen alte Werte, ein Blick zurück. Die frühere Konstanz war nicht der schlechteste Weg, ältere Werte waren gute Werte. Auch Frau Merkel sollte darüber einmal nachdenken. Menschlichkeit, sozial sein, das sind Werte, die zählen müssen, sollen, alte Werte.

Werte, die auch im politischen Alltag zählen sollten, von Ehre und Gewissen, von Vertrauen und Zuverlässigkeit, zu denen Zwänge eben nicht gehören, Wahlzwänge, Koalitionszwänge, wo der eine Kandidat für ein Präsidentenamt Großmachtallüren von „Denkfabriken“ wie im Kaiserreich oder bei „Friedrich der Große“ herausposaunt, und wo er das Kinderzimmer im Arbeitszimmer plant, so abgehoben, weil sich das kein normaler Untertan erlauben dürfte oder könnte, kaum, dass Arbeitgeber gerne die Herren der Schöpfung in der Kinderbetreuung sehen. Verlogenheit, die ein Wulff, die dieses System eben nicht sehen will. … Starallüren gegen Freiheit und Ehrlichkeit eines Gauck. Fifafunktionär gegen Schulsportfußball eben.

Wenn Politik und Wirtschaft das erkennen, wenn sie einmal Luft holen, zurückschauen, innehalten und durchatmen, dann werden sie sehen, etwas Einhalt und Zeit zum Denken, führen zu besseren Ergebnissen. Auf Altes setzen und ihm vertrauen, wie eben auch darauf, enttäuschenden Spielern einer Saison eine Chance zu geben, das gibt Mut, das spornt an, das zahlt sich aus.

Menschen wollen keine Experimente, Kapital-kapitalistische Heuschrecken-Wachstumsexperimente in denen nur noch Macht und Gier und der Verlust der Menschlichkeit und des unsozialen Miteinander zählen schon gleich gar nicht.

Der Fußball beweist, nicht Mythen bauen und ihnen vertrauen, Selbstbewußtsein zählt, der Wille, der Zusammenhalt, das Soziale eben, und dann sind selbst Löwen schnell entzaubert, kastriert und werden zu Schmusekätzchen. Das ist so im Sport, im Leben, in der Wirtschaft und selbst in der Politik!

Das sollte Vorbild sein und zählen, dieser eiserne Zusammenhalt und Mut, in Wahlkabinen und auch im wahren Leben!

Deutschlands Nationalteam möge zum Vorbild werden, man kann gewinnen, wenn man menschelt und zusammenwächst, wenn man nicht spaltet und Zwietracht schürt. Daran, und nur daran mögen sich unsere Regierenden in allen Machtzentralen, ob Ackermann oder Westerwelle und Merkel, ein Beispiel nehmen, und ansonsten:

„Zurücktreten Bitte!“

©denise-a. langner-urso