Wenn drei sich streiten…!

Aus und vorbei mit einer linken Regierungsmehrheit in NRW! Obgleich rechnerisch und praktisch ohne Probleme machbar, wird der Wählerwille von allen drei linken Parteien (SPD-GRÜNE-LINKE) ignoriert! Schuld am Versagen hat jeweils der andere.

(Hypothetische Betrachtungen)

*Am Nasenring durch die Manege gezogen

Mit ihren  5,6% Wählerstimmen erreichte die Linkspartei in NRW zweierlei: zum einen den erstmaligen Einzug der LINKEN ins Düsseldorfer Parlament, zum anderen aber zerplatzte damit der Traum von Hannelore Kraft auf eine eigene rot-grüne Mehrheit. Im Laufe des langen Wahlabends, der letztlich erst um 2 Uhr in der Früh endete, wurde Frau Krafts Enthusiasmus immer schwächer. Eingeholt von der Realität, welche die Wähler den Parteien servierten, wurden von den Koalitionsunterhändlern der SPD und der GRÜNEN bereits das “schwarze Schaf” ausgemacht. Da es der Wähler natürlich nicht sein durfte, boten sich die Linken in NRW geradezu an. Mit ihrem ständig über Monate wiederholten Satz über die “nicht regierungs-, und koalitionsfähigen Linken“, hat sich Frau Kraft in eine strategisch üble Ecke gerückt. Denn das diese “unfähigen Linken” am Wahlabend immer noch die gleichen “Chaoten und Radikalinskis” waren, musste auch Frau Kraft klar sein. Allerdings haben die neuen linken Mandatsträger auch selbst eine Menge dazu beigetragen, als das sie in der öffentlichen Wahrnehmung alles andere als professionell und fortschrittlich denkend empfunden wurden.

Schon vor den Sondierungen mit der Linkspartei, und nach der Absage der FDP, wurde vermutlich an einem Plan B gearbeitet. Das sich die SPD mit der Rüttgers-CDU äusserst schwer tun würde,wonach es auch derzeit aussieht, war den allermeissten zu diesem frühen Zeitpunkt klar. Plan B kann also nur Neuwahlen bedeuten. Und aus solchen Neuwahlen wollen SPD und GRÜNE möglichst gestärkt hervorgehen, was dann einer eigenen hoch ersehnten Mehrheit entspräche. Die allerdings wäre nach heutigem Ermessen nur möglich, wenn die Linkspartei aus dem NRW-Landtag heraus zu halten ist.

Strategisch musste es nun darum gehen, die ständigen Aussagen der “Regierungs-und Koalitionsunfähigkeit der Linken” deutlich und nachvollziehbar zu beweisen. Eine Partei, die dem Wahlvolk vor laufenden Kameras als “politisch unfähig” präsentiert wird, muss natürlich ernsthaft bangen, wieder gewählt zu werden.

Eine Neuwahl in NRW macht also nur dann Sinn, wenn aus der aktuellen 5-Parteien-Landschaft wieder ein 4-Parteien-System wird. Im Klartext: die Linke muss den Wiedereinzug in einen eventuell neu zu wählenden Landtag in NRW deutlich verfehlen.  Demzufolge wurde ab dem Zeitpunkt, an welchem feststand, das die SPD und die Grünen sich mit den LINKEN in einem Düsseldorfer Hotel zu Sondierungsgesprächen treffen, der Gesamtfocus, auch jener der gesamten Öffentlichkeit, auf die Verfassungstreue und auf den Umgang der Linken mit der deutsch-deutsch Geschichte gelegt. SPD und GRÜNE haben dies bewusst forciert.

Und dabei konnte die LINKE nur verlieren! Ein Kalkül, was einfach seitens der SPD und der GRÜNEN aufgehen musste. Und eine Falle, in die die Linkspartei geradewegs hinein geriet.

*Von Profis und von Amateuren

Nach knapp 5 Stunden war am 20.5.2010 der Traum einer neuen linken Zeit für NRW ausgeträumt! Drei linke Parteien konnten sich nicht auf ein Minimum an Gemeinsamkeiten einigen.

SPD und GRÜNE gaben unisono vor den Kameras die Erklärung ab, das dafür die Linkspartei verantwortlich zeichnet. Im Hintergrund der beiden Verhandlungsführerinnen von SPD und GRÜNE sah man verkniffen dreinblickende linke Gesprächsteilnehmer. Ihre Gesichter drückten aus, was sie später selbst sagten: Enttäuschung, teilweise Wut und zweifelsfrei auch der Ärger über sich selbst, das sie sich in eine solche Position haben drängen lassen.

Und da war sie wieder: Die DDR/Stasi-Keule wurde geschwungen. Das eine Wort, welches die anderen hören wollten, kam den Linken nicht über die Lippen. Unrechtsstaat! Obgleich ihre Genossen in Thüringen sich bei ihren Koalitionsvereinbarungen auf eine solche Beschreibung für die DDR einlassen konnten, war es für die NRW-Linken schier unmöglich. Die so genannte “Thüringer Erklärung” hätte eine Brücke sein können, über die die Linkspartei in NRW derzeit noch nicht in der Lage ist, zu gehen. Das ist unverständlich, wenn man Aussagen der letzten Tage von Linken hört, die beklagen, das das Thema DDR für NRW sicher kein entscheidendes ist. NRW hat aktuell ganz andere Probleme als die scheinbare Aufarbeitung der deutsch-deutsch Geschichte. Dies mögen Historiker bewerten, aber letztlich nicht die Parteien. Sich von Seiten der Linkspartei an einem solchen Thema fest zu beissen und damit das Ende vom Anfang der Gespräche überhaupt, zu besiegeln, war ein Punktsieg für die andere Verhandlungsseite. Ein Punkt, der dem Gegner viel zu einfach geschenkt wurde.

Ein weiterer Knackpunkt sei die Zuverlässigkeit der Linken gewesen, sagte Frau Kraft. Und das meinte auch Frau Löhrmann von der Grünen. Es wäre zu befürchten, das die Linke gleichzeitig Regierungspartei und Oppositionspartei in einem wäre, da die Basis der NRW-Linken als unberechenbar gelte. Das dies aus “grünem” Munde kommt, verwundert doch sehr, denkt man an die Anfangsjahre einer teils chaotischen grünen Bundespartei. Einer GRÜNEN, die bis vor wenigen Jahren eine freche und unabhängige Parteibasis hatte und so manchesmal dies auch ihre Parteigranden spüren liess. Ein Joschka Fischer kann dazu bestimmt seine Lieder singen. Man denke auch in Bezug auf die GRÜNEN an so unbequeme “Zeitgenossen” wie eine Petra Kelly oder auch eine Jutta Ditfurth, oder aber in der Gegenwart an einen niemals stromlinienförmigen Hans-Christian Ströbele aus Berlin.

Das die Basis der Linkspartei als unberechenbarer Faktor bezeichnet wird, ist richtig und gut, weil dies eben auch eine linke Gesinnung mit ausmacht. Dies den Linken in NRW in dieser Sondierungssitzung vorzuwerfen, ist wirklich deutlich an der Sache vorbei und wirkt in der Tat durchschaubar und taktisch.

Die Polit-Neulinge der Linken tapsten von einer Fussangel in die nächste. Da konnte selbst der aus Berlin angereiste Ulrich Maurer, der als alter Verhandlungsfuchs gilt, nicht mehr viel retten. Seine Arbeit wurde im Vorfeld schon massiv torpediert von u.a. der linken MdB Ulla Jelpke, die den vielen linken WählerInnen in NRW ganz sicher keinen Gefallen getan hat. Ein übriges taten die elf neuen linken Landtagsmitglieder aus eigener Kraft dazu. Sie nährten den Eindruck, das es mit “dieser Linken” nicht geht, leider viel zu sehr. Empfehlungsresistent haben sie ihre Linie in diesem Sondierungsdesaster gehalten. Auch sie sind stark am Scheitern einer linken Mehrheit in NRW beteiligt.

Alle drei beteiligten Parteien erschienen unfähig über ihre jeweiligen eigenen Schatten zu springen. Der Wunsch der SPD und der GRÜNEN, die NRW-Linke als eine ideologisch-verblendete und rückwärts gewandte, in sektiererische Zirkel aufgesplitterte Un-Partei, ja fast Sekte, darzustellen, wurde in weiten Ansätzen erfüllt. Dazu trugen die Linken selbst bei. Allerdings taten sie dies auch aus einer amateurhaften Rolle heraus. Viel zu oft hat die jetzige Parteiführung der NRW-Linken gewonnenes Terrain zu leicht wieder abgegeben. Ob für die Linkspartei ein Lerneffekt eingetreten ist, muss allerdings nach dem Landesparteitag vom vergangenen Wochenende bezweifelt werden.

*Fazit

Linke Mehrheiten sind möglich. In Bund und auch in Ländern. Die Menschen wollen keine schwarz-gelben Sozialabbau-Managertypen mehr an den Schalthebeln der Macht. Eine FDP erscheint immer mehr als eine ungewollte und unwählbare Klientelpartei. Eine CDU sucht ihren Weg zur Mitte vermutlich noch jahrelang.

SPD, Grüne und Linkspartei haben einen historischen Moment schlicht und einfach versemmelt. Ein jeder von ihnen auf seine sehr spezielle Art und Weise und mit seinen jeweiligen Beweggründen. Ob Neuwahlen zu anderen Konstellationen führen, ist nicht sicher. Sicher sind sich aber einige Wahlforscher darüber, das bei Neuwahlen in NRW die Ränder als gestärkt hervor gehen können. Da es neben dem linken, logischerweise auch einen rechten Rand gibt, sollte uns das besorgen. Ein rechter Rand, der wachsen würde, wäre dann der lachende Vierte, wenn drei sich streiten!

Und ob die nun gewählten vielen neuen Mandatsträger überhaupt selbst eine Neuwahl ersehnen, scheint auch fraglich! Zu schnell könnte für den einen oder die andere der Traum vom MDL abrupt und jäh ausgeträumt sein!

c/o Detlef Obens Kommentar 2010 http://www.demokratisch-links.de/wenn-drei-sich-streiten