Aus Respekt – Auch Tsipras verdient 100 Tage Schonfrist!

Am besten hat mir das Interview mit Herrn Schäuble im ZDF gefallen, und ich hatte den Eindruck, am liebsten hätte er Scheiß-Demokratie gesagt. Eben, Griechenland hat demokratisch gewählt, aber wer anders wählt, der ist inzwischen entweder radikal oder populistisch, am besten gleich beides, in keinem Falle ganz dicht. Wählen die Menschen rechts, wählen sie etwa LePen ist es nicht recht, wählen sie links, wie in Griechenland, ist es auch daneben. Also nur noch die Altparteien wählen? Ist das Demokratie?

Schon die ständigen Warnungen in Richtung Griechenland empfand ich als Einmischung. Das gehört sich nicht, und schon gar nicht gehört es sich, einem demokratisch gewählten Wahlsieger nicht zu gratulieren, egal aus welchem Lager er kommt. Und jetzt dieses Gegacker um ein noch ungelegtes Ei. Abwarten und Tee trinken wäre angesagt, die Ruhe bewahren, stattdessen führt Politik sich auf wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Unglaublich.

Griechenland sollte unsere Politiker lieber zum Nachdenken veranlassen, was passiert, wenn Politik ständig über das eigene Volk hinweg regiert, wenn dieses meint, es sei abgeschrieben. Eine Absenkung der 5% Hürde würde ein paar mehr Parteien in den Bundestag spülen, mehr Menschen dadurch sich vertreten fühlen, die Opposition würde wachsen. Ups, nein, Opposition geht ja gar nicht, es sei denn, man kann sie dazu bewegen, mit den Regierungsparteien zu stimmen, und sei es nur dadurch mit eventueller Regierungsbeteiligung demnächst zu winken. Das ist doch immer öfter der Eindruck, dass es Oppositionsparteien auch nur noch darum geht, denn echte Oppositionsparteien enthalten sich nicht, stimmen nicht mit den derzeitigen Regierungsparteien.

Wobei speziell in Deutschland das gemeine Volk generell einen Rechtsdrall bekommt, Pegida und Co kommen ja nicht aus dem Nichts, denn scheinbar ist uns Deutschen Links irgendwie unheimlich. Politiker sollten wissen, wohin ihr Volk sich im Zweifelsfall orientiert. Und wäre es der Politik lieber gewesen, die Griechen hätten rechts gewählt? Es ist doch völlig in Ordnung wenn ein Volk, dass so sehr gebeutelt wird wie die Griechen sich nach links statt rechts orientiert, nicht gegen Ausländer, Merkel ausgenommen, hetzt.

Oder ist das auch wieder falsch, dieser Linksruck, nur weil man dadurch nicht mit seinen alten Gschpusis weiter kungeln kann? Im Gegenteil, die Bundesregierung sollte Tsipras ermuntern und ihm helfen, Steuer-CDs aufzukaufen, den Steuerbehörden hier untergeschlüpfte griechische Steuerhinterzieher melden, ihn um die Liste derer bitten, die noch nicht auf Steuerhinterziehung untersucht wurden, ihm helfen, bei der Steuerfahndung, whatever, dem Land helfen, die Steuerhinterzieher der alten Parteien ebenfalls und vorrangig unter die Lupe zu nehmen. Deutschland bildet für andere Staaten Polizisten und Co aus, warum nicht massenweise im Eilverfahren Steuerfahnder in und für Griechenland?

Die Jachten im Hafen vertäuen, erst wieder auslaufen lassen, wenn auch die Reeder endlich sich sozial verhalten und ihren Beitrag leisten, eine Art Grundsteuer für Jachten erheben, und wer nicht zahlt, der bleibt eben demnächst im Hafen. Griechenland tatkräftig bei der Steuereintreibung unter die Arme greifen, das wäre ein Angebot, aber das macht man ja nicht einmal in Deutschland richtig nachhaltig. Man denke nur an Bayern, wo Steuerhinterzieher ja darauf bauen können, eventuell nie geprüft zu werden. Mit Steuern von Spezis hat man es bei uns ja auch nicht so.

Wie auch immer, es hätte sich gehört, wenn man dem Wahlsieger parteiübergreifend und umgehend zum Wahlsieg gratuliert hätte, und es wäre auch dringend angeraten, dem neuen Regierungsbündnis einfach einmal ein paar Tage Zeit zu geben, bevor man sich so laut artikuliert und poltert wie derzeit in der EU. Nichts wird nämlich so heiß gegessen, wie es gekocht wird, und wer behauptet, er sei über den Sieg von Tsipras verwundert, nicht vorbereitet, der lügt. Die Zeichen standen eindeutig auf Zeitenwende. Es gibt immer mehrere Wege zum Ziel, auch wenn das der EU-Politik, die beständig sich über die eigenen Regeln und Verträge hinwegsetzt, nicht in den Kram passt.

Und für uns Bürger ist das hier ohnehin bedrohlicher, als die Verhandlungen mit Griechenland:

TTIP-Geheimverhandlungen – USA wollen Mitspracherecht bei EU-Gesetzen

Und davon darf Griechenland uns und die Medien nicht ablenken. Wenn die USA bei EU Gesetzen mitreden will, dann gehört das TTIP endgültig in die Tonne!

Ach ja, und was passiert eigentlich, wenn Griechenland sich von China helfen lässt, oder gar von Russland? Möglich wäre es ja, wenn die EU nicht verhandlungsbereit ist. Fangen wir dann auch einen Krieg um Athen an? Weil einmal EU, immer EU, über Generationen hinweg, ohne dass andere Generationen andere Wege gehen dürfen? Nichts ist für die Ewigkeit, man sollte dringend über Auswege und Änderungen an den bestehenden Verträgen nachdenken.

Es ist schon eine Unverschämtheit, Anmaßung, anderen Generationen Schuldenberge zu hinterlassen, ganz zu schweigen von unkündbaren Verträgen bis in alle Ewigkeit.

Nein, nicht Amen. Armutszeugnis, das nicht gerade von Vertrauen in das eigene Bündnis zeugt.

©denise-a. langner-urso