Bundestag: de Maizière – Die Unwichtigkeit der Dinge

Worauf eine Regierung ihre Schwerpunkte setzt, das sieht man einerseits an der Reihenfolge der Behandlung der Themen und auf der anderen Seite daran, wie viele Parlamentarier sich zu diesem Zeitpunkt im Saal befinden. Und das, was gestern geboten wurde, das war demonstrative Ignoranz. Das für die Volksvertreter unwichtigste, was aber die Bevölkerung derzeit brennend interessiert, das legte man gestern ans Ende einer 10-stündigen Marathonsitzung und die Teilnahme zu diesem Tagespunkt ging gegen quasi Null.

Nach 19 Uhr durfte sich gnädigerweise Innenminister de Maiziere die Ehre geben und stellte sein Programm für die Legislatur vor. Es war ein mehr oder weniger gleichgültiges Geschwafel, nicht mehr und nicht weniger, die NSA-Affäre, sie kam allenfalls in einem Nebensatz vor. Und die Parlamentarier, die blieben da, wo sie waren, verschwunden.

Eins aber ist ihm gelungen, dem Herrn de Maizière und dafür gebührt ihm ein Preis, darzustellen, wie paranoid diese Regierung ist. Rechtsterrorismus, Linksterrorismus, Islamterror, Deutschland ist umzingelt! Hinzu kommt der Terror der Fußballfans. Und weder das Auto noch das Eigentum ist sicher, die Straße gleich gar nicht, und im Internet lauert schon beim Aufruf das Verbrechen. Am besten, wir lassen uns alle einsargen, dennD eutschland ist das unsicherste Land der Welt. Unglaublich!

Irgendwie war das, was de Maizière da dem interessierten Betrachter bot, war uninteressiert verschämt, das Bild, das er abgab in etwa so, als würde der größte Autohersteller Deutschlands sich bei einer wichtigen Automesse eine Ausstellungsfläche hinter einer Reihe von Dixiklos mieten, außerhalb der Messehallen, versteht sich, weil er sich für das eigene Produkt in Grund und Boden schämt. Und die anschließende Debatte, auch die kann man allenfalls als Scheingefecht interpretieren, denn sie fand so gut wie nicht statt. Wichtig für die Bundesregierung ist ein Weiter wie bisher, nur keine Aufregung, der Große Bruder USA könnte ja zusehen. Und natürlich der Hinweis in diese Richtung, auf dem Kontinent der Überwachung müsse man sich keine Sorgen machen, die Daten, man werde schon dafür sorgen, sie entsprechend zu speichern, das Internet nämlich, das ist der Hort der heutigen Kriminalität, dort toben sich Horden krimineller Akteure aus und es sei doch der Nutzer, der zu dämlich sei, sich zu schützen, weil dieser nur darauf wartet, den nächsten Link in seinen Mails anzuklicken, aus Neugier und Angst.

Das Motto de Maizières, das da quasi ausgegeben wurde hieß: wenn zu viele der User zu blöd sind ein Werkzeug zu benutzen, dann müsse man sie eben vor sich selbst schützen, die Nutzung erschweren, nur füt Befugte zugänglich machen, besser gewisse Dinge gleich ganz verbieten. Und ja, am liebsten wäre dieser Regierung vermutlich eine Abschaffung des Netzes, dann würde Ruhe herrschen, und offensichtlich hat man außer Verboten keine Ambitionen sich großartig mit der die Freundschaft belastenden Sache zu befassen. Man will also regulieren. Sprich, verbrühen sich zu viele Menschen beim kochen, dann verbietet man die Kochtöpfe, nicht das Wasser, das ist ja ein Nahrungsmittel, auch nicht den Herd, den braucht der Mensch ja, nein, man verbietet das, was zu Nutzung beider Dinge das wichtigste Mittel ist, denn so ist ja noch das da, was der Bürger braucht, woran er hängt, nur nutzen kann er zwei Dinge, die für ein heißes Süppchen gebraucht werden eben nicht mehr.

Im Falle des Internet bedeutet das, man wird erschweren, registrieren, verunsichern, bis der einfache Bürger die Lust daran verliert. Geniale Taktik, so kann man sich unbequeme Dinge auch vom Hals schaffen, sie erledigen sich von selbst. Aussitzen wird zum Lieblingssport der kompletten Bundesregierung, was stört schiebt man an Debattentagen ganz ans Ende, fast hatte der Zuschauer den Eindruck, das sei Absicht und die Parlamentarier hätten sich demonstrativ nicht blicken lassen, außer der Opposition, versteht sich, denn soviel Schauspiel muss schon noch geboten werden, will man beweisen, dass noch irgendwo ein paar demokratische Kräfte sitzen. Schön, dass der Innenminister de Maizière uns überhaupt die Gnade erwiesen hat, gelangweilter, genervter konnte man dabei nicht aussehen …

NSA, war da was? Nö, nie gehört, hat wohl mal wieder ein Spinner ein Gerücht verbreitet, vergiss es. Sag es nicht so laut weiter, die Diskussion ist längst beendet. Und einen Tip noch, bleibt um Gottes Willen daheim, und auch da verkriecht euch unter der Bettdecke, Finger weg vom Internet, Ihr seid eures Lebens hier nicht mehr sicher …

©denise-a. langner-urso