Bundestag – Mehr Nachdenklichkeit und Ruhe bitte

Ich habe mir derweil nochmals viele Einzelreden aus dieser Legislatur angehört, und dabei ist mir als Zuhörer vor allen Dingen eins aufgefallen, ich mag Bundestagsdebatten immer dann am liebsten, wenn sie so nachdenklich und begründet vorgetragen werden, wie in dieser Woche von einem Redner der CDU/CSU, Herrn Professor Doktor Zimmer. Ich mag auch immer sehr einen anderen Redner, Herrn Doktor Volker Ullrich. Und das mag daran liegen, dass mir inzwischen das populistische Geschrei anderer Redner unendlich gegen den Strich geht.

Wenn diesen beiden Herren, und man verzeihe mir, dass ich nicht nach Rednern anderer Parteien gesucht habe, denn auch die gibt es, zuhöre, dann strahlen sie eine Ruhe aus, die ich mir in politischen Debatten wünsche, dann denke ich, da wird jedes Wort abgewogen und nachgedacht, mit solchen Menschen können auch Kompromisse gefunden werden. Mit diesen Herren kann man ringen, und daraus besteht ja Politik. Da findet man dann in den Reden auch nicht vorrangig Ablehnung sondern Respekt für den politischen Gegner und dessen Standpunkte.

Und am Respekt für die Vorschläge politischer Gegner scheint es derzeit massiv zu mangeln, an der Erkenntnis, dass ja dahinter auch Zeit und Arbeit steckt, dass es sich um Menschen handelt, die dafür ein Großteil ihrer Freizeit opfern, die rechnen, recherchieren, abwägen. Viel zu selten sehe ich auch einmal Applaus aus den anderen Parteien, wenn von dort Vorschläge kommen, die manchmal nur anders formuliert sind, eigentlich doch aber auf das gleiche Ziel zusteuern.

Und wenn dazu dann bei Oppositionsgegnern noch persönliche Angriffe kommen, die oftmals eher fragwürdig formuliert sind, dann fehlt mir dafür jedwedes Verständnis, speziell in einer Zeit, wo der politische Gegner ja nun tatsächlich am liebsten mit Prügelattacken das komplette System umkrempeln würde. Und wozu das führt, solche verrohte, subtile Sprache, so massiv am Rande der Legalität stehende Aufrufe zur Gewalt, das sieht man dann in Chemnitz und anderswo, weil sie eben im Unterbewusstsein wirkt, und dann ist es an der Zeit, dass auf Sprache viel mehr geachtet werden muss als derzeit, und das in allen demokratischen Parteien links derer, die da meinen, ihnen stünde es alleine zu, irgendein Volk verteidigen zu müssen.

Natürlich ist Widerrede gut, natürlich soll es diese geben, nur muss sie nicht mit gleichem Sprachgebrauch stattfinden. Natürlich darf der Sprachgebrauch, der Satz, das Wort gerne angeprangert werden, zitiert werden, aber, das sollte viel ruhiger und ausgeglichener vor sich gehen, denn in der Ruhe liegt die Kraft.

Und derzeit wird ja viel über Heimat geredet, Heimat als ein Ort der Ruhe, davon gehe ich doch einfach einmal aus. Und wenn Menschen in Parteien mehr Ruhe finden, als derzeit, den ruhenden, ausgeglichenen Pol, wo es Freude macht, zuzuhören und leise zu argumentieren, statt sich zuzüglich auch noch parteiintern zu zerfleischen, dann denke ich, wird es ihnen auch wieder Freude machen, sich zu engagieren. Wenn man aber mitbekommt, wie intern innerhalb von Parteien miteinander gerungen wird, gebrüllt und sich zersplittert wird, dann werden sie schlicht und einfach nicht für politische Aufgaben zu gewinnen sein.

Und wenn ich mir dann anschaue, dass politische Akteure in der CSU auf Parteitagen einerseits von Europa und Europafreundlichkeit reden, andererseits in Europa sich gegen den eigenen Vertreter stellen und sich orbanisieren, dann ist da Hopfen und Malz verloren. Und das gilt übrigens auch auf der anderen Seite für die Linkspartei und Wagenknecht.

Wenn eine Einzelperson derart mächtig ist, das schon parteiintern diese nicht mehr wirklich Zustimmung erhält, was jedoch niemand tatsächlich und laut aussprechen mag, jedenfalls ist das mein Eindruck, dann bekommt jede Partei ein Problem, denn nichts sollte in der Politik für ewig gemacht sein, auch Ämter nicht, es braucht ab und zu Wechsel und frischen Wind, weshalb ich denke, alleine um Betriebsblindheit vorzubeugen, sollten sowohl parteiintern auch wenn es um Ministerposten und das Kanzleramt geht, im politischen Leben Amtszeiten begrenzt werden, was ja einen weiteren Verbleib im Bundestag nicht ausschließt. Und noch eins möchte ich dazu feststellen, eine Wahl ohne Gleichbehandlung von Gegenkandidaten, ja völlig ohne diese, ist für mich definitiv keine ernstzunehmende Wahl.

©denise-a. langner-urso