CDU stürzt sich und Thüringen ins Chaos

Wie weiter in Thüringen, das sollte die CDU jetzt beantworten, statt ununterbrochen nur Nein zu sagen, zu jedem Kompromiss und Vorschlag, der in Thüringen unter den Parteien mühsam ausgehandelt wird. Man weiß nicht, ob überhaupt von Bundesakteuren noch nachgedacht wird, bevor sie reden, denn die Thüringer Verfassung ist eben sehr speziell, das Auslösen von Neuwahlen nicht so einfach, wie es sich all jene vorstellen, die erneut heute wieder nichts anderes zu sagen haben als Nein.

Herr Ramelow war nicht recht, die eigene Kandidatin war es auch nicht, es ist zum Verzweifeln, und das Theater, das die CDU jetzt abzieht, das geht nun wirklich auf keine Kuhhaut mehr. Wähler haben hin und wieder eben doch ein Elefantengedächtnis, das hat die SPD bereits schmerzhaft erfahren, man denke nur an die Hartz IV Reformen. Und Thüringen ist auf dem Weg zum Hartz IV Problem der CDU zu werden, denn Bodo Ramelow ist ja nun weder Diktator, noch steht er wirklich mit beiden Beinen innerhalb der Linkspartei, im Gegenteil, er ist äußerst beliebt bei den Wählern und hat das Bundesland gut regiert.

Das kann ihm niemand absprechen, denn sonst würde die Wählerschaft nicht derart zu ihm als Ministerpräsidenten stehen. Davon aber einmal abgesehen, versuchen die Thüringer Parteien sich an einem Kompromiss nach dem anderen und es hat urplötzlich nicht mehr zu gelten: Politik lebt von Kompromissen. Welcher Wähler soll das noch verstehen?

Wenn ich in diesem Bundesland jetzt CDU-Mitglied wäre, ich würde verzweifeln. Und sollte es stimmen, dass man sogar darüber nachgedacht hätte, Lose ziehen zu lassen, wer dem mühsam ausgehandelten Kompromiss zuzustimmen habe und wer nicht, dann wäre mein demokratisches Verständnis komplett ruiniert. Denn Politik besteht nicht aus Losverfahren und darin jemanden zu einer bestimmten Abgabe seiner Stimme zu zwingen. Politik hat etwas mit Vertrauen, Rückgrat und Gewissen zu tun, und niemals zuvor wurden diese drei Voraussetzungen mehr mit Füßen getreten als durch die heutigen Stimmen und den Unvereinbarkeitsbeschluss, auf dem die Bundespartei zu bestehen scheint.

Das Vorgehen der Bundespartei im Zusammenhang mit Thüringen beweist mehr als jede zuvor, dass man eben doch Rückgrat und Gewissen beim Parteieintritt abzugeben hat, und das beschädigt nicht nur die CDU selber, sondern demoliert auch das Vertrauen in alle anderen Parteien. Wer soll sich denn da noch engagieren wollen, wenn er quasi Gewissen und Rückgrat mit seinem Parteieintritt abgeben muss? Parteien, die ihre Mitglieder mit Drohungen einschüchtern, nicht aber dazu in der Lage sind, Kandidaten bei sich auszuschließen, von denen viele Mitmenschen annehmen, dass sie unser Grundgesetz im Zweifelsfall eben doch nicht ganz ernst nehmen und innerhalb von Parteien oft unwidersprochen das Gegenteil dessen sagen, was Parteilinie ist? Mir fehlt dafür inzwischen jedwedes Verständnis, tut mir leid.

Wie würde ich jetzt eigentlich handeln, wenn ich Mandatsträger und gewählter Abgeordneter in Thüringen wäre? Ich würde all meinen Mut zusammennehmen und mich von der Partei verabschieden, würde als fraktionsloser Abgeordneter oder Abgeordnete (Verzeihung) meinem Gewissen folgen, denn meine Wählerinnen und -wähler gehen ja davon aus, dass ich das Beste für mein Bundesland will, und das ist sicher nicht Stillstand.

Und wenn ich Wähler und Wählerinnen richtig einschätze, dann gehe ich davon aus, dass ich, sofern ich meinen Wahlkreis gewonnen habe, meine Wahlberechtigten mir das demnächst anrechnen und mich als fraktionslosen Abgeordneten oder Abgeordnete auch erneut wählen würden, einfach weil ich Rückgrat und Gewissen bewiesen habe. Darauf würde ich es ankommen lassen, nur darauf, weil ich eben will, dass für Thüringen schnell eine Lösung gefunden werden kann, egal, ob ich dafür auf den Katzenplatz muss oder nicht. Respekt schafft man sich durch seine Taten in schwierigen Zeiten und nicht durch Taktieren. Und ehrlich kommt man bei den Wählern dann rüber, wenn man auch einmal die Notbremse zieht, völlig davon weg, ob es einen die Anerkennung früherer Parteifreunde kostet, dann waren es nämlich keine Freunde, dann war all das Gesagte verlogen.

Keine Parteispitze sollte sich erdreisten, mir als Mandatsträger vorzuschreiben, besser zu wissen als ich, was das Beste für das Bundesland ist in dem ich gewählt wurde, und zu wissen, warum das so war, mir mein Gewissen und Rückgrat absprechen zu wollen, womit ich mich vor einer Wählerschaft verantworten muss. Keine einzige Bundesspitze hat sich das anzumaßen. Und tut sie es doch, dann nehme ich mein Mandat und gehe. Meine Meinung.

©denise-a. langner-urso