Corona – Von Technik-, Wissenschaftsscham und Heimat

Als die ersten Computer auf dem Markt kamen und die ersten Handys, die ersten Solaranlagen, wurden die belächelt, die sich dafür interessierten. Man hatte immer den Eindruck, wenn man dazu angesprochen wurde, weil man solche Technik besaß und nutzte, nach dem Gespräch dachte der Gesprächspartner. „Was für ein Sonderling, was für ein Spinner“, und erst nach Jahren fand man zufällig heraus: sieh mal einer guck, die, die das immer belächelt haben, nutzen es inzwischen doch, und schämen sich für die Nutzung, versuchen sich dafür sogar zu entschuldigen. Besonders bei Handys und Computern habe ich das immer wieder beobachten können. Bis heute, was traurig war und ist.

Irgendwann wurde man am Müllcontainer verschämt und leise angesprochen, ob man vielleicht einmal kurz helfen könnte, der Nebenmann habe ein Problem und es wurde herumgedruckst, das wolle man lieber nicht so laut sagen, aber der PC tue nicht, was benötigt sei um zu spielen.Die Spiele, die man selber spielt. Oh Mann, warum die Angst, so etwas zuzugeben? Naja, man würde ja schief angeguckt, weil, andere könnten ja denken, man sei süchtig, weil man sei doch schon älter, und das sei doch komisch.

Ähm nein, war es nie, weil vermutlich nur niemand zugeben wollte, dass sie es ebenso taten, es war schlichtweg normal nur galt es anscheinend gesellschaftlich in gewissem Umfeld als nicht normal, weil Zeitverschwendung. Und nicht, dass der Computer etwas sichtbar im Wohnzimmer stand, nein, der stand versteckt im Keller oder sogar im Schlafzimmer, steht er teilweise noch immer.

Zu viele vertane Chancen

Mit dem Handy ist es ebenso, auch bis heute, von Eltern und auch vielen Lehrern als unnützes Spielzeug verschrien, als Lernmittel ist beides in Schulen und daheim nicht gerne gesehen, weil außer Sucht wird damit kaum etwas bedacht, allenfalls ist es Betrugsmittel und viel zu gefährlich für seine Nutzer. Und Digitale Schule, da wurden bis vor wenigen Tagen noch die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen.

Plötzlich aber ist es genau diese Technik, die die Menschen in Zeiten von Corona zusammenhält, lernen und arbeiten lässt, ihnen auch Freizeitgestaltung ermöglicht. Plötzlich ist notwendig was schon längst hätte gesellschaftlich und auch wirtschaftlich noch mehr massiven Fortschritt und Wohlstand hätte bringen können. Plötzlich wird sichtbar was viel zu viele negiert haben, ohne Technik und Wissenschaft geht es nicht.

Ja auch ohne Wissenschaft, Wissenschaftler sind keine Spinner, wie technikaffine Handy- und Computernutzer es nicht sind, es nie waren, denn es wurde eben in privaten Räumen nicht nur gedaddelt, es wurde sich vernetzt, entwickelt, programmiert, geforscht, gespielt, und die, die es taten, haben in Quarantänezeiten einen massiven Vorteil, sie sind nicht so alleine wie die, die das vorher nicht taten, denn da gibt es ein oft sehr soziales Netzwerk, da hat man ein Umfeld, das sich austauscht, da ist man nicht alleine, selbst wenn andere das so sehen mögen, selbst wenn man im Raum die einzige Person ist, die auf einen Bildschirm starrt, da ist man auch nicht alleine oder gar ein Spinner, der seine Nachbarn ärgern will, indem man die eigene Garage für etwas anderes nutzt, als darin ein Auto abzustellen.

Technik und Wissenschaft sind kein Teufelszeug

Digitalisierung ist kein Teufelswerk und früher Umgang mit den damit verbundenen Geräten auch nicht. Wir haben viel zu viele Möglichkeiten zu langsam entwickelt, zu viel anderen überlassen, und zu abhängig gemacht, viel zu lange belächelt, was jetzt und in der Zukunft das Leben massiv erleichtert und Wirtschaft treiben wird.

Vielleicht erkennen jetzt ein paar mehr Menschen, wie wichtig lebenslanges Interesse an Entwicklungen, an Wissenschaft und Technik ist, vielleicht sorgen wir demnächst endlich dafür, diese Berufszweige massiv zu fördern und nicht mehr alles was neu ist, entwicklungsmäßig nur vorzubereiten, schief anzugucken und es kurz darauf anderen zu überlassen. Das war sowohl bei Computern als auch bei Handys der Fall, bei Medikamenten ist es tödlich, auch das erkennen endlich die richtigen Stellen, und was bei Solartechnik geschah läuft gerade ja auch beim Auto und vielen anderen Dingen, die wird täglich benötigen wie Lebensmitteln und Kleidung.

Vernetzt ist Gesellschaft trotzdem

Vielleicht aber haben wir demnächst mehr Ehrfurcht vor Garagenzweckentfremdern und all denen, die derzeit das Leben am Laufen halten, vor Wissenschaft, Technik, Digitalisierung und allen Berufen und Chancen, die in diesem Umfeld vorhanden sind bis fehlen.

Solche Leute sind keine Spinner oder merkwürdige Zeitgenossen, diese Menschen mögen abwesender in der sichtbaren Gesellschaft sein, eigentlich aber sind sie in ihren Garagen oder Schlafzimmern am Denken, Entwickeln und Spielerei führt oft auch zu neuen, spannenden und zukunftsfähigen Entwicklungen und Berufen und dabei ist es vollkommen egal, ob sie in plötzlichen Nachtsitzungen oder am Tag stattfinden.

Hauptsache, dabei ist der Mensch nicht allein, bleibt alleingelassen, wird gar angegangen oder ausgelacht, wenn im Hintergrund die Offlinegesellschaft vorhanden ist. Diese ist auch wichtig nur eben nicht ganz so sehr wie im umgekehrten Fall wo die Onlinecommunity eine untergeordnete bis nicht vorhandene Rolle spielt. Wir haben doch bereits erkannt, dass beide trotzdem vernetzt sind.

So einfach ist das. Und wenn das erkannt wird, dann ist die jetzige Krise eine riesige Chance für uns alle.

Entdecke die Möglichkeiten

Was aber ebenso wichtig ist, wie oben beschriebene Dinge ist folgendes; Familien lernen im Eiltempo, wie wichtig es ist, Erziehung nicht nur anderen zu überlassen, wie wichtig Rücksichtnahme ist, gegenüber anderen, besonders Hilfsbedürftigen und älteren Menschen, wie wichtig es ist, Grenzen anderer nicht zu überschreiten, wie wichtig Höflichkeit ist, wie wichtig es ist, Bitte und Danke zu sagen und dazu auch zu erziehen.

In der Krise finden und entdecken wir gerade die Grundwerte unserer Gesellschaft neu und wieder, die Werte, die alle beachten müssen, damit man sich nicht spaltet und auseinanderdriftet. Und das ist gut so. Mögen wir uns daran erinnern, wenn das normale Leben wieder einsetzt. Eine größere Chance für unsere Gesellschaft gab es selten zuvor, und dadurch finden wir auch unsere Heimat wieder.

Heimat ist das Land, das uns in Krisen hilft und alles versucht, das Leben so erträglich wie möglich für alle zu machen, Heimat ist genau hier und jetzt mit genau den Politikern und allen Menschen, die uns das Leben in Krisenzeiten leichter machen und uns helfen, das jetzt zu bewältigen. Heimat ist genau hier und jetzt, und die verteidigen wir ganz alleine und keine einzelne Partei mit kruden antisemitischen und menschenfeindlichen Anwandlungen, und die erobert sich niemand anderes zurück als wir uns gerade selbst in diesen Zeiten, die wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, indem wir uns und andere so gut wie möglich im Kampf gegen Corona unterstützen. Heimat ist der Ort, an dem alle gemeinsam ihr Bestes tun und geben.

©denise-a. langner-urso