Debatte Özil – Verfangen im Irrsinn, suhlend im Schlamm

 

So, endlich haben wir ein passendes Thema fürs Sommerloch, wurde ja auch Zeit. Und niemals zuvor hat ein Thema mehr genervt, denn als hätten wir keine anderen, viel größeren Probleme, wird plötzlich nur noch über einen einzelnen Fußballspieler diskutiert, der einfach nur eins sein sollte, Staatsbürger, und zwar ohne Kennzeichnung woher, doch man lässt ihn nicht, viel wichtiger als Mensch und Staatsbürger sein zu dürfen, ist es, woher dieser Mensch kommt, und der kommt nun mal, mit höchster Wahrscheinlichkeit daher, woher wir alle kommen, irgendwo aus einem fruchtbaren Teil Afrikas. Basta.

Warum eigentlich steht im Pass, und zwar in jedem, nicht einfach nur der Name und der Geburtstag? Warum überhaupt braucht es ununterbrochen dieses Dokument, so viele Dokumente, wenn man nicht gerade reisen will in Staaten, die auf so einen Wisch Wert legen? Ununterbrochen hat man ihn bei sich zu haben, so, als wäre er nicht anderweitig viel besser und sicherer aufgehoben?

In der heutigen Zeit sollte eigentlich, und jetzt sage ich etwas ganz Schreckliches, ein Fingerabdruck genügen, um in Fällen, wo man tatsächlich sich auszuweisen hat, genau das tun zu können? Es geht nämlich verflucht nochmal niemanden anderen an, woher man kommt, die Frage an sich ist diskriminierend, so, wie ich es auch für wesentlich normaler halte, Bewerbungen anonym abgeben zu können, ohne dass vorab irgendjemand einen aussortieren kann, weil der Name oder das Gesicht, gar das jeweilige Geschlecht, zu irgendwelchen Vermutungen und Reflexen führen.

Und ich sage es jetzt einmal frank und frei heraus, schon wenn jemand nur einen ungewöhnlichen Doppelnamen trägt, weil man das einfach cooler und unterscheidbarer findet, als wenn man nur Müller oder Schmidt heißt, beginnt die Diskriminierung in diesem Land, denn bei jedem Erstkontakt wollen gewisse Herrschaften wissen, wer diesen zweiten Teil des namens von wem angenommen hat, so als zeige das, wer in einer Lebensgemeinschaft die Hosen anhat, und wenn das gegenüber das weiß, dann kommt unweigerlich bei ungewöhnlichen Namen die Frage nach dem Ursprung und den Wurzeln.

Sagt mal, gehts noch? Es geht schlicht und einfach niemanden etwas an, so wie es auch vorab bei Bewerbungen niemanden zu interessieren hat, woher ein Mensch kommt. Es geht um die Qualifikation oder um es anders zu beschreiben, passt das Ersatzteil, das ich brauche zum zu reparierenden Teil, passt der Stecker in die Steckdose …

Das Öziltheater zeigt, wir diskutieren einfach falsch, wir müssen damit an ganz anderer Stelle ansetzen. Erst, wenn sich gewisse Fragen aus den Köpfen verabschieden, weil man den Menschen als Menschen und diesen schlicht als Staatsbürger sieht, wird diese elende Diskriminierung aufhören. Und damit das so wird, muss die Politik sich endlich Gedanken darüber machen, wie wir es schaffen, Menschen vom Pass zu trennen, und wie man Menschen im Alltag möglichst umfassen anonymisiert und erst sichtbar macht, wenn es tatsächlich dringend für gewisse Vorgänge erforderlich ist.

Und ja, das fängt übrigens im Elternhaus an, auch dort sollte dazu beigetragen werden, jedes Kind als Menschen und nicht als Besitz oder nützliches Ding zu betrachten, denn genau an diesem Ort beginnt Diskriminierung, wird anerzogen.

Zerbrecht euch also den Kopf in der Politik, wie wir Menschen wieder zu Menschen werden lassen, statt euch im Schlamm derer zu suhlen, die genau das nicht wollen.

Habe fertsch.

©denise-a. langner-urso