Demokratie – Wie moderne Arbeit verkrustete Partei-Mitarbeit erschwert

 

Im Spiegel ist heute ein hervorragender Artikel erschienen, der sich mit dem Niedergang von Parteien und damit der Demokratie befasst. Die Überschrift dort lautet: Parteien in Europa: Das Ende der Demokratie, wie wir sie kennen.

Viel wird dort beschrieben, und man sollte unbedingt auch die Kommentare zum Artikel lesen, denn ein Punkt fehlt, der nämlich, wie sich die neue Arbeitswelt auf die Arbeit in Parteien auswirkt. Hier findet sich nämlich ein weiterer Punkt, der Parteien schrumpfen lässt, die neue Arbeitswelt nämlich, die nicht selten verlangt, ständig erreichbar sein zu müssen, wo Arbeitsplätze unsicherer sind, als je zuvor. Wenn ein Arbeitsplatz so sehr davon abhängt, dass man ständig Ellenbogen benötigt, wenn man dafür gerne Überstunden in Kauf nimmt, eher gezwungen als dass man es bei sicheren Arbeitsverhältnissen tun würde, wenn überall Stellen fehlen, und man massiv ein Mehr von Arbeit leisten muss, dann wird man kaum Zeit finden, sich so, wie es nötig wäre, sich in Parteien zu engagieren, dann wird Parteiarbeit etwas für Rentner, das sieht man auch am Altersdurchschnitt derer, die in Parteien aktiv sind.

Und ja, es wird auch etwas für besser gestellte Damen und Herren, wenn der elterliche Geldbeutel es erlaubt, dass man als Student neben dem Studium keinen Job braucht. Und dieser Punkt wird mir im Spiegel und auch dort in den Kommentaren zu wenig beleuchtet. Wer mehrere Jobs braucht, um überhaupt eine Familie zu ernähren, der wird auch nicht die doch recht hohen Mitgliedsbeiträge aufbringen wollen, und die, die sich engagieren würden, die werden vielleicht sogar von den Parteien dadurch abgeschreckt, dass sie dort begründen müssen, warum sie, trotz Arbeit, eben die normalen Beiträge nicht zahlen können.

Ein Hobby muss man sich sowohl zeitlich als auch finanziell auch leisten können, und Parteiarbeit wird ja gerne als Hobby gesehen. Doch wer sieht und weiß, welch ein Zeitaufwand alleine Wahlkämpfe auslösen, der erkennt auch, welch riesiges Problem dies für viele Arbeitnehmer bedeutet, wenn sie sich beteiligen wollen, und ohne diese Beteiligung kein Fortkommen in der Partei. Denn Parteien erwarten eine Menge unbezahlter Arbeit, damit es Amt als Belohnung gibt. Eine Doppelbelastung durch Job und Familie, die ohnehin schon hart ist, zu der dann noch als Nebenjob massiv unbezahlte Parteiarbeit kommt, die entweder als Zeit dann der Familie fehlt, oder eben für bezahlte Arbeit.

Man kann sich eventuell noch halbieren, dritteln, wenn man zwei Jobs hat, vierteln aber wird dann oft schon zum Problem und eben die Kosten, die aufgebracht werden müssen, und seien es nur fahrkosten und ähnliches. Unsere Demokratie ist heute für normale Arbeitnehmer einfach auch ein Stück zu teuer, denn wenn dann das Geld für andere Dinge abgezweigt werden muss, wie für Parteizugehörigkeit, dann wird klar, die Prioritäten legt man anders, denn Zugehörigkeit zu Parteien rentiert sich auch finanziell nicht, im Gegenteil.

Sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze haben also auch etwas mit lebender Demokratie und Beteiligung an diesem Prozess zu tun, und dieses Problem haben Parteien auch nicht im Blick. Hinzu kommt, dass Parteigänger oft im eigenen Umfeld als deppert angesehen werden, unglaubwürdig sind, wenn sie treu zu einer Partei stehen, die ihnen offensichtlich (als Arbeitnehmer in der SPD etwa), mehr schadet als nutzt (Hartz IV, und derzeit verschärfte Sanktionen).

Dies einfach nur einmal am Rande, etwas zum Denken, denn wer demokratische Beteiligung will, der muss sie auch ermöglichen wollen, und dies tut man eben nicht, indem man die Menschen, die sich beteiligen wollen, nach ihrem Einkommen fragt und dafür eine teure Eintrittskarte verlangt. Arbeiternehmer zahlt man, man lässt sie nicht für ihre Arbeit bezahlen, darüber sollten Parteien vielleicht auch einmal nachdenken, Zeit ist Geld, und davon haben die Mitglieder an der Basis immer weniger. Heute reichen eben eine Nadel und eine Urkunde für 10, 15 oder 25 Jahre unbezahlter Arbeit, oder für Arbeit, bei der draufgezahlt werden muss den Wenigsten als Lohn, wenn dafür nur das sich ergibt, denn die Alten sitzen Dekaden auf ihren Stühlen und räumen sie nicht. Weshalb auch innerhalb von Parteien Amtszeiten begrenzt werden sollten. …

©denise-a. langner-urso