Draghi beerdigt den Raubtierkapitalismus

Und die Börse geht durch die Decke. Wer hätte das gedacht? Die Banken haben sich sicher gefühlt, und da kommt plötzlich ein kleiner Italiener und zeigt ihnen, wo der Hammer hängt, mit Negativzinsen. Bunkern von Geld, damit also könnte es vorbei sein.

Und ja, wie das immer so ist, es geht nicht ohne, dass irgendjemand darunter leidet, es wird vermutlich die Kunden treffen, vorerst, denn irgendwie werden Banken versuchen, sich ihre „Verluste“ da zurück zu holen, wo man glaubt, die Menschen könnten sich nicht wehren.

Und doch, nicht alleine Draghi, auch der Europawahl wird zu verdanken sein, all jenen also, die da mehr oder wenig missmutig oder auch wütend hingestapft sind, dass die in Brüssel regierenden auch dem über kurz oder lang ein Ende bereiten werden, indem sie eventuell im Sinne der Kunden regieren und einen Höchstzinssatz festlegen. Mit dem Raubtierkapitalismus wird es langsam aber sicher ein Ende haben.

Auch wechseln immer mehr Menschen ja derweil ihr Bankinstitut und gehen dahin, wo der erhobene Zinssatz eben nicht an Wucher grenzt. Zögerlich zwar noch, aber auch das wird sich ändern.

Das Motto, der Markt wird das schon von alleine regeln, in zumindest dem Fall der Banken hat es eben versagt, und nun lehrt sie eben ein „kleiner“ Italiener das Fürchten.

So ein klitzekleines Bißchen also macht Brüssel doch Sinn, zumindest, was dieses Thema betrifft. Und ja, es gibt immer Verlierer bei jedem Umbruch, aus meiner Sicht kann ich damit leben, dieser Schritt ist noch immer etwas weniger hart, als wenn im Rahmen einer Krise wegen Bankenrettungen viele Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren.

Ich weiß, ich weiß, die, die jetzt Verluste einfahren, die werden mich prügeln, doch auch das geht irgendwann vorbei, irgendwer musste einmal irgendwann durchgreifen, auch an dieser Stelle.

Und wenn etwas Zeit vergangen sein wird, dann wird sicher rückblickend erkennbar sein, dass Draghis heutiger Schritt dem Wirtschaftssystem ein etwas sozialeres Gesicht gegeben hat, ihm eine Verjüngungskur, ein Lifting verpasst hat, auf dass wir wir zu lange gewartet haben.

Und wenn jetzt Brüssel der überteuerten Energiewende und den Konzernen, die ähnlich wie Banken meinten, bis zum Sanktnimmerleinstag ihren Abschied sich bezahlen lassen zu dürfen, weil ihnen eine starke Lobby eigene Gesetze schrieb, die genau das beinhalteten, einen Dämpfer verpasst, die noch immer meinen, bei einem Wechsel vom Pferderfuhrwerk hin zum Auto müsse man die Besitzer der Pferde entschädigen, der hat den Ruf der Zeit und die Protestwähler, der hat die Zeitenwende nicht verstanden.

Vielleicht dreht Brüssel ja langsam den Spieß um, und macht doch noch die zu Gewinnern, denen man einst eine bessere Zukunft in einem vereinten europäischen Staatenverbund versprochen hatte, die Menschen. Ich jedenfalls gehöre zu denen, die sich gerne von einem „Besseren, sozialeren Europa“ überzeugen lassen würden, schon im Sinne unserer Kinder und Enkel, denn alleine das führt zu einem friedlichen Zusammenleben und zum Erhalt dessen, was die Vorväter sich gedacht hatten, als sie nach dem 2. Weltkrieg ihre Unterschriften unter den Erstvertrag setzten.

Warten wir es ab, wir leben in einer spannenden Zeit, auch wenn das derzeit für viele noch nicht ersichtlich und spürbar ist. Gut Ding will eben Weile haben, und eine Umkehr, wenn man auf falschen Wegen wandert hat noch niemandem geschadet, im Gegenteil.

©denise-a. langner-urso