EU: Wessen Wirtschaftsinteressen? – Tsipras zwischen allen Stühlen

 

In Athen sitzt ein Staatschef, der sich leider überhaupt nicht bewusst ist, dass er gerade innerhalb der EU alle Macht der Welt in den Händen hält, und dafür kann ihm Merkel, kann ihm die EU eigentlich nur dankbar sein. Denn es geht ja vorrangig um die Frage, wie es denn mit und in Europa weiter gehen soll. Eine Frage, die die kommenden Generationen so sehr betrifft wie jeden von uns selbst.

Bisher allerdings sieht es so aus, als sei Tsipras mehr Schwätzer denn Macher, und was das Land derzeit bräuchte wäre genau der letztere Typ. Die Frage ist doch derzeit, wie geht es meiner Bevölkerung, wo liegen die Ursachen, dass mein Land wirtschaftlich nicht weiter kommt, und die liegen zu gewissen Teilen eben auch an der Sanktionspolitik gegenüber Russland. Fruchtexporte seien hier genannt. Und ja, einfach gesagt soll sich das Volk einschränken, um auch diese Verluste auszugleichen. Auch das gehört zur Wahrheit, auch das ist Teil des Sparens.

Wer hilft im Zweifel eigentlich wem und warum?

Und es kommt hinzu, wie sich die EU, wie sich Europa und die USA derzeit gegenüber der Türkei anstellen, wenn es um den Krieg gegen den internationalen Terror geht, wie die Türkei zu ihren Verbündeten sich verhält, wie diese lavieren, um einen Partner nicht zu verärgern. Und das Spiel läuft ja ähnlich ab wie in der Zypernfrage, die so ganz geklärt ja nun doch nicht ist. Wir erinnern uns an die elenden Diskussionen der EU mit der Türkei, als Zypern in den näheren Fokus geriet, als es um die Annäherung in Richtung Türkei zur EU kam.

Ich schaue mir all das an und sage mit als Staatschef dann auch, wann hat die EU eigentlich jemals nicht gezögert, wenn es um neue Mitglieder ging, der Einrichtung kommt es doch nur noch auf Erweiterung und überhaupt nicht mehr auf das an, was die Institution einst vorgab sein zu wollen, eine Union, in der es den Menschen besser geht, in der Frieden herrscht. Heute heißt dieser Frieden, Krieg um schlechteste Kompromisse, das Wachstum einiger Staaten steht über dem Wohl der Menschen anderer Staaten, und wer Partner wird, das scheint mehr als Scheiß egal, Hauptsache Wachstum.

Auswärts regiert

Und wer in dieser Gesellschaft Mitglied sein und bleiben will, der hat sich nach Troikas und Institutionen der stärkeren zu richten, denn die bestimmen zumindest teilweise die politische Richtung der jeweiligen anderen Regierungen mit, auch wenn man das hartnäckig leugnen wird. Und die Aussage hat mit Europafeindlichkeit rein gar nichts zu tun. Wenn andere bestimmen, welches Tafelsilber verkauft zu werden hat, dann ist das Tatsache, auch wenn die Regierung es ja angeblich freiwillig unterschreibt, denn es bleibt ihr ja keine andere Wahl, es sei denn, sie rennt mit dem Kopf gegen die Troika-Wand und droht mit dem Austritt, woraufhin man alles versucht, dem fremden Volk klar zumachen, wie furchtbar böswillig die gewählten Vertreter sind, welche noch schlimmeren Folgen all das haben könnte. Der Beweis wurde noch nicht erbracht, es gibt kein Vorbild.

Doch dieses Vorbild könnte Griechenland werden, man braucht nur Mut. Kann es denn noch schlimmer kommen als es ohnehin ist? Und zwar für Griechenland, nicht für die EU? Für eine EU, bei der ich nie wissen werde, ob sie zu mir oder eher zu einem neu anvisierten Handelspartner steht? Die EU hatte ja ein gutes Verhältnis auch nach Russland und setzt das jetzt für die neu zu gewinnende Ukraine aufs Spiel, in der ein Oligarch meint, er müsse daran verdienen, alle anderen mal eben zu plätten, und das ja auch, um daran zumindest nicht wenig selber zu verdienen, daran sich zu bereichern. Und sage nur keiner, da sei kein Stück Wahrheit dahinter …

Man kann Europa nicht verteilen wie einst den afrikanischen Kontinent. Hier eine Kolonie für dich, hier ein Stück für mich, doch man hat den Eindruck, so ähnlich soll das gerade laufen, nur dass es eben um die Aufteilung zwischen Bündnissen geht. Hier ein Stück für die EU, wenn möglich bitte alles, und das nennt man dann Selbstbestimmung der Völker. Danach schaut es aber in der Ukraine so gar nicht aus, angeblich will da jeder Richtung EU und Nato. Nur wo steht eigentlich eine Armee, deren Soldaten Kampfhubschrauber verscheuern? Und wo ein Land, in dem die Zahl dieser Hubschrauber zumindest zeitweise weniger genau bekannt zu sein scheint, als die Zahl der Reeder, die in Griechenland keine Steuern zahlen, oder als die Zahl der Grundstücke, und wem diese gehören?

Zukunft für wen? Für welche Generation nach uns?

Die Ukraine soll also EU-tauglicher sein als Griechenland? Ich als von den Sparmaßnahmen betroffener Grieche würde mir die Haare raufen, ganz ehrlich. Zumal dann, wenn eine Institution um ein Nichtmitglied sich mehr kümmert, für dieses in einen Krieg zieht, als um ein Mitglied, das derweil in Schwierigkeiten geraten ist, besser, dessen Schwierigkeiten sehenden Auges für die Mitgliedschaft in Kauf genommen wurden, ohne, dass sich danach großartig etwas ändern musste, bis die Schwierigkeiten nicht mehr zu verstecken waren, bis da einer an die Macht kam, der den Altmitgliedern so gar nicht passte. Das ist doch endlos verlogen.

Und ich schaue mir also diesen Zustand an und denke mir, wer bietet mir eigentlich im Zweifelsfalle mehr Sicherheit, Russland, wenn es wieder einmal um Zypern gehen sollte oder eine EU, die allenfalls noch die Türkei in ihr Bündnis zerren will? Würde diese EU nicht alles dafür tun, meinem Feind zu helfen, im Namen des Wirtschaftswachstums, weil ich ja bereits Mitglied bin, Teile von mir opfern? So sieht das nämlich derzeit aus innerhalb der EU.

Da wird ein Krieg begonnen, angeblich steht ja das Völkerrecht im Vordergrund, da wird gesagt, jedes Volk könne und dürfe seinen eigenen Weg gehen, und dann macht man Verträge, die andere Wege überhaupt nicht mehr zulassen. Auch das ist also gelogen, das Wort von der Selbstbestimmung der Völker, denn die EU lässt keinen anderen Weg offen. Einmal drin, immer im Boot. Mit Selbstbestimmung hat das eher wenig zu tun, und mit freier Entscheidung, mit wem man gerade handeln darf auch nicht.

Selbstbestimmung der Völker!? Wirklich?

Doch auch das, freie Handelsverträge auch mit anderen Partnern, auch das gehört zu Selbstbestimmung, und das Verbot kann für eine ganze Volkswirtschaft eben tödlich sein, wenn es wie in Griechenland eben einen Agrarstaat hat, der als letzte Handelsware eben Obst und Gemüse zu bieten hat. Auch das gehört zur Wahrheit, und zumindest gehörte es sich, dann einem Mitgliedsstaat die Handelsausfälle zu ersetzen. Zumindest ich würde das in so einer Union als Selbstverständlichkeit sehen. Warum mir wohl eben unsere eigenen Milchbauern einfallen? …

Ich würde mich also fragen, wo bietet sich im Zweifelsfall mehr Sicherheit, wo kann ich eher noch den außenwirtschaftlichen Handel treiben, den meine Landsleute zum Leben brauchen, das Land zum Wachstum braucht, und wie unsinnig muss ich mich verhalten, wie sehr meine Wirtschaft mutwillig abwürgen, weil andere um einen Nichtpartner der eventuell Neumitglied werden soll, einen Krieg führen. Und kann ich das meinem Volk zumuten in so einer aussichtslos verfahrenen Lage, wo ich ohnehin kaum Einnahmen habe, quasi diese Haupteinnahmequelle auch noch genommen werden soll. Fehlt ja nur noch das EU-Verbot, keine Urlaubsunterkünfte mehr an Russen vermieten zu dürfen.

Selbstbestimmung zurück holen

Gewiss, viele Regierungen vor der jetzt durch Tsipras geführten haben das Land mutwillig an den Rand des Ruins getrieben, doch jetzt ist da einer, der hat daran gewiss keinen Anteil, und wie man jetzt mit dem Land verfährt, das beweist doch nur, wie sehr das denen gefallen hat, die jetzt so hart reagieren, wie sehr von da am derzeitigen Zustand profitiert wurde, und dass der jetzige Staatschef so nicht weiter will, und wie sehr man jedwede Maßnahme ablehnt, das beweist auch, es geht niemandem um die Menschen, es geht nur ums Prinzip und um den angeblich einzig richtigen Weg, und der heißt immer weiter so, Hauptsache die EU verliert nicht ihren guten Ruf, die Profiteure keinen, an dem es noch zu verdienen gibt. Und Hauptsache einige große Länder verlieren keinen, der so weiter macht wie bisher, der den Profit irgendwie möglichst lange garantiert. Um die Menschen ist es dabei nie gegangen. Niemandem. Es geht nur um das goldene Kalb das gefüttert werden will und das lebt in Brüssel.

Lottogewinner mit zu vielen falschen guten Freunden

Ja, die EU war einmal ein Hauptgewinn im Lotto. Doch sie ist wie ein blinder Gewinner, der die falschen Freunde nicht erkennt. Und ja, die EU die wurde einst begrüßt, denn einst hielt sie was sie versprach. Ihre Mitglieder und die Menschen profitierten, gerade weil die Angleichung vorsichtig geschah. Lang lang ist es her, Die Zeit nach Kohl hat all das aufs Spiel gesetzt. Und es fehlt eigentlich nur noch das TTIP damit alle erkennen, dass so wie geplant, genau dieses Abkommen das sein wird, das der EU endgültig den Rücken brechen wird, mit den bis dato so vorgesehenen Schiedsgerichten.

Und ja, wenn nur das hilft um uns die Augen zu öffnen, dann gerne. Sorry, das so sagen zu müssen. Und dass die längst anderswo sitzen, die bisher profitiert haben, sich anderweitig orientieren, auch das ist klar, niemand wartet, bis er Steuern zahlen muss, mag sich Sanktionen anschließen, die das eigene Wachstum abwürgen, am wenigsten die USA, und da geht dann der Blick in Richtung Steuerparadiese, vielleicht ganz neuer, und die werden dann in Russland und China liegen, mit denen wir uns eher am Rande befasst haben, die wir, die manche so gar nicht als Partner sehen wollen.

Lobbyisten wollen die Taube auf dem Dach

Und was kriminelle Anwälte aus den USA anrichten können, wenn es um Gewinnausfälle geht, das dürfte hinreichend bekannt sein, und wenn es EU-Sanktionen sind, dann wird ganz schnell der Schwenk kommen, zumal dann eine andere Regierung in Übersee das Sagen haben dürfte. Dann wird der gute, beste Freund vielleicht plötzlich eine ganz andere Maske aufsetzen.

Denn die Amerikaner machen garantiert nichts, was ihren Konzernen nicht knallharte Dollars und hohe Gewinne bringt. Europäische und speziell deutsche Unternehmen ziehen sich wegen der Sanktionen aus Russland zurück. Handelspartner fallen weg, das Unternehmen verliert an Marktwert, es kommt da wie in Zulieferbereichen zu Entlassungen, zu Auslagerung in den Niedriglohnsektor, zu Werksverträgen. Günstige Gelegenheit für jede Heuschrecke, wenn das TTIP unterzeichnet ist. Leute macht endlich die Augen auf. Die Ukrainekrise wird doch nicht umsonst speziell von Republikanern und in dieser Folge durch den Präsidenten am Kochen gehalten. Da werden auf Umwegen und über einen Stellvertreterkrieg europäische Unternehmen übernahmereif, zumindest billig geschossen.

Scheinheilig!

Man kann Sicherheit, Frieden zwischen Völkern, Selbstbestimmung und Menschenrechte, Wohlstand nicht herbei bomben oder von oben oder außen verordnen wollen. Durch keinen Vertrag der Welt. Denn die angeblichen Interessenten von dem allen, die sind nicht edel, hilfreich und gut, im Gegenteil, sie sind ebenso scheinheilig wie die Bundesregierung, die es mit jeder Diktatur treibt, wenn die eigenen Lobbyisten nur laut genug rufen, und da ist dann kein Vertragswerk innerhalb der EU heilig, kein Diktator zu brutal.

Da werden knallhart die eigenen Interessen der Autoindustrie gegen Brüssel verteidigt, bis dort eingeknickt wird, da wird Saudi-Arabien bis zum Abwinken aufgerüstet, doch wenn es guten Freunden mit noch stärkeren Lobbyisten in den Kram passt, dann sanktioniert man mal eben Russland, vernichtet eigenes Wachstum, derweil die Amerikaner nur eins bezwecken, den europäischen Kuchen alleine zu verspeisen, ohne dass Russland daran einen Anteil erhält, denn um nichts anderes geht es. Und wäre man tatsächlich so edel wie stets behauptet, dann wäre Afrika inzwischen derweil ein wirtschaftlich blühender Partner und kein Abfalleimer, dem man die eigenen Abfälle und den Müll zur Sortierung gnädigst liefert und vor die Haustür kippt, derweil man gleichzeitig besseren Umweltschutz fordert. Das nur mal so nebenbei…

Ach wisst ihr was, vergesst es. Aus Schaden wird man klug, und für normale Menschen hat immer gegolten: Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Doch Politiker, um sich in Geschichtsbücher zu schreiben, kämpfen im Auftrag weniger Lobbyisten unbedingt für die Taube. Warum auch immer …

Und die Frage die bleibt ist die, ob Tsipras sich vielleicht lieber mit Spatzen zufrieden gibt, und ob die Menschen in Griechenland so einen Weg mitgehen würden. Besser wäre es allemal. Und zukunftsfähiger könnte dieser Weg auch sein. Zumindest selbstbestimmter.

©denise-a. langner-urso