Europa- Im Staat der Entheimateten und Gleichgepressten …

Willkommen in Europa. In einem Staatengebilde, in dem niemand mehr genau weiß, was Heimat eigentlich bedeutet.

Europa hat sich verändert und der Umbruch begann recht unbemerkt, damit, dass die Grenzkontrollen fielen. Das brachte Vorteile, denn die Wartezeiten fielen weg. Wirkliche Mauern hatte es zuvor ja auch nicht gegeben, dafür gab es die vielen kleinen grünen Grenzen, wo man unbemerkt von einem Land in ein anderes fahren konnte. Am besten kann das heute noch nachvollziehen, wer von Schweden nach Norwegen über kleinere Nebenstrecken fährt, und plötzlich an der nächsten Tankstelle oder im nächsten Dorf erst den Grenzübertritt bemerkt. Aber, es gibt auch andere Beispiele. Das ist wunderbar, macht Spaß. Ganz besonders genossen hat man dieses Gefühl vor dem Mauerfall. Das war etwas Besonderes, Anderes, Neues.

Was aber meine ich, wenn ich von entheimatet spreche? Ich meine tatsächlich das Gefühl, das man hat, wenn man in Berlin aufwuchs, denn eben durch die Berliner Mauer hatte man ein ganz besonderes Heimatgefühl entwickelt. Die Mauer um die Stadt bedeutete Sicherheit, Abgeschirmtheit, viele Berliner werden das nachvollziehen können, und wer dieses Gefühl hatte, wenn er aus einem Urlaub in die Stadt zurückkehrte, der kann vielleicht auch den versuch wagen, zu erklären, warum Europa so unbeliebt ist.

Vielleicht stellt man sich Berlin damals einfach einmal als Haus vor mit vielen Zimmern. Fuhr man an die Grenze, so schloss man quasi die Haustür auf, der Schlüssel war der Pass, der den Zutritt garantierte. Hinter einem schlug diese Tür zu, wurde verschlossen, man war zuhause, obwohl man sein Zimmer noch nicht erreicht hatte.

Dann fiel plötzlich die Mauer, es kamen quasi ganz viele Gäste, und wie das so ist, man möchte, dass man irgendwann wieder einmal seine Ruhe hat, speziell dann, wenn der Besuch dazu führt, dass man etwas an seinem Lebenswandel ändern muss, sich ständig beobachtet fühlt, sich Regeln ändern, weil es eng wird. Mit dem Fall der Berliner Mauer, dem Abbau der Grenze, war das Gefühl vorbei, nach hause zu kommen.

Die erste Entheimatung hatte stattgefunden. Das Sicherheitsgefühl war weg, die Stadt änderte sich, die Gäste hämmerten und blieben, das Haus war zur WG geworden, und die Zuzügler konnte man sich nicht einmal mehr aussuchen. Die Außenwand des Zimmers war eingerissen worden, Anbauten geplant, die man aber selbst bestimmen konnte, denn lebenslang hatte man die Garantie, man müsste nicht anbauen, aber das Zimmer hatte eben eine Wand weniger, man war ständig beobachtet. Man konnte und durfte viel nicht mehr, was vorher möglich gewesen war, wenigstens dort.

Die EU hatte viel übernommen, sinnentleerte Gesetze fraßen Freiheit, man musste die Glühbirnen auswechseln, ect. Jeder konnte an einer Seite schauen, was man tat. Vorhänge wurden weggerissen, sobald man sie auf hängte. Die Glühbirne ist das beste Beispiel dafür, als Heatball versuchte man sie überleben zu lassen, bis auch das verboten war, der Vorhang wurde also heruntergerissen, Individualität, Kreativität, Heimlichkeiten, die niemandem weh taten, war nicht gewollt.

Kinder, die in dieses Gebilde geboren wurden, fanden es selbstverständlich, was gefährlich ist, hatten sie doch das tiefe Heimatgefühl gar nicht mehr kennenlernen dürfen, aber instinktiv fühlten auch sie, sofern sie dazu in der Lage waren, zu denken, zu vergleichen, dass an diesem Gebilde, an dieser Art Haus, irgendetwas nicht stimmte, denn es war ihnen unverständlich, warum ausgerechnet an einer Zimmerseite eine Wand nicht gebaut werden durfte, warum man nicht einmal so ein Wenig an Individualität haben durfte, wie eben der kleine Unterschied eines Vorhangs ihn macht.

Urlaub – Vom Gefühl der Anderen

Wer früher Berlin verließ, der befand sich im Urlaub. Er nahm sein Zelt, sein Wohnmobil und tauschte in eine wirklich andere Welt ein. Im Zelt, das man verschließt, im Hotelzimmer, im Auto, dort war man daheim und anderswo. Die Wechselkurse boten zudem das erfreuliche Gefühl, vergleichen zu können, dass etwas billiger oder teurer war, das andere Geld war schon Urlaub, tauschte man vorab, so war das Vorfreude auf das kommende Ereignis.

Zwei Dinge fielen zuerst, der Umtausch und damit die Vorfreude auf den Urlaub. Jeder Grenzgang war auch ein Ereignis, er verstärkte die Vorfreude, das Gefühl: „endlich Urlaub“ war perfekt, die Ankunft oder auch das Umherziehen und abends einen Reißverschluss, eine Tür schließen zu können und zu wissen, man sei von anderen Regeln umgeben, das machte den Urlaub perfekt. Man sah neue Dinge, es sah anders aus als daheim, es gab Krämerläden und Märkte, die sich so unterschiedlich gestalteten, dass es immer etwas zu entdecken gab.

All das verschwand, zuerst das Geld, und dann kaufte der Urlauber überall bei Aldi und Co, fand dieselben Vorschriften wie daheim, übrig blieb nur noch der Weg Richtung Norden, nach Skandinavien, hier gab es noch Freiheiten, zu grillen, Lagerfeuer zu machen, zu übernachten da, wo man niemanden störte, das andere Abseits, wo man nicht über Lidl stolperte, weniger Vorschriften, andere zudem, andere Münzen.

Europa, als Einheitseinerlei, im Gleichschritt, aus der Schablone gegossen

Jetzt steuert die Politik in rasantem Tempo auf ein immer gleicheres Europa zu. Wohin also soll man noch flüchten, wo das finden, was anders ist? Sollen wir alle zu Nomaden werden, Abenteuer und Unterschiede in Wüsten und in diktatorischen Staaten suchen? Wo finden wir denn noch das Urlaubsgefühl, wenn überall die Menschen gleich gepresst werden sollen?

Und wo überhaupt bleibt das Heimatgefühl, wenn die Politik als Verbündete der Wirtschaft auch die letzten Wände unseres Zimmers eingerissen hat, man nicht einmal mehr kurzzeitig Vorhänge aufspannen kann, wenn man von vier Seiten wie im Big Brother Container überwacht wird?

Und wo findet der Mensch dann in Europa noch das Andere, was wird das für ein Urlaubsgefühl, wenn im letzten Ort Aldi und Co all das verdrängt haben werden, was den Unterschied macht? Wo die Märkte, auf denen man wirklich anders finden konnte, als im Kaufhaus daheim auch?

Das Urlaubsgefühl dadurch erringen, weil es wärmer oder kälter ist? Entschuldigung, aber in dem Europa, dass die Politik plant, kann man getrost auch auf den Urlaub verzichten! Und Reisen auf andere Kontinente, wer wird sich das in ein paar Jahrzehnten noch leisten können? Und Palmen pflanzt man uns ja auch derweil an heimischen Stränden, an denen es auch sehr heiß wird, zur richtigen Jahreszeit!

Und wo ist dann in diesem gleichgemachten Staat noch die Heimat, das Zuhause, in dem man individuell sein kann, dass sich wirklich von dem massiv unterscheidet, was wir kennen, weil man ein Lagerfeuerchen anzünden kann, unterschiedlich schnell fahren darf, andere Straßenbeleuchtung findet, andere Gewohnheiten?

Liebe Politik, ich will euer gleichgemachtes europäisches Konstrukt nicht, denn ihr entheimatet mich als Berliner gerade zum Zweiten mal! Das ist ja schon Sozialismus ala DDR und Ostblock, und da sah es früher auch bis auf die Natur überall gleich aus, galten dieselben Regeln. Darauf kann ich verzichten.

Die andere Umgebung reicht mir nicht, um ein Urlaubsgefühl zu entwickeln, wenn alles aus einer Fabrik kommt, so trist aussieht, wie da, woher ich komme, wenn selbst die Häuser derweil immer gleicher werden, Kulturen angeglichen sind. Wenn es so sein wird, dann habt ihr meine Heimat zerstört, dann kann man nur noch dahin flüchten, wo man den Unterschied deutlich spürt. Ich habe nicht vor, mich in eine Form pressen zu lassen, die immer wieder nur sich selbst hervorbringt.

Der Mensch ist doch kein Schokoladenweihnachtsmann, den man einschmilzt um ihn in einen Osterhasen umzuformen, wenn das Aussehen nicht passt! Ich bin nicht aus Schokolade, ich bin aus dem härtesten Material, dass ihr euch denken könnt, und ihr werdet euch an mir die Zähne ausbeissen und mich nicht umformen und in Kleider stecken, die euch gerade gefallen!

Es gibt da nämlich auch noch eine ganz andere Produktion, eine mit unbekanntem Inhalt. Und ich gehöre zu dieser.

Ich bin das Überraschungsei unter den Europäern, und von uns gibt es viele, mehr, als ihr denkt und euch vorstellen könnt!

Und ich garantiere euch, ihr werdet eines Tages ziemlich alleine hocken in eurem Reißbrettstaat, denn wir werden hier entweder wegrollen, auf dass ihr aussterbt, oder wir werden unseren Inhalt herauskehren, uns unsere Individualität und die Unterschiede zurück erkämpfen, denn irgendwann werden sich auch immer mehr eurer Weihnachtsmänner gegen eure Gleichmacherei wehren, dagegen, zu Osterhasen gegossen zu werden, nur, weil ihr das gerade so wollt! Sogar Weihnachtsmänner sind nämlich nicht alle so hohl, wie ihr sie gerne hättet. …

©denise-a. langner-urso

Lies dazu auch Welt Online- „Niemand mit allen Tassen im Schrank will in die EU“