Macrons Doppelspiel

Beitrag unserer Gastautorin Ayla Demirli

Am vorigen Montag hat die Enthüllungsplattform WikiLeaks Tausende EMails des damaligen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron und seines Wahlkampfteams veröffentlicht. Aus unbekanntem Grund hat diese Nachricht hierzulande keine weite Verbreitung gefunden. Die verifizierte Korrespondenz stellt die deutsch-französische Freundschaft infrage.
In den Mails sagen Macrons Berater, gerade Großbritannien, nicht Deutschland, bleibe verteidigungspolitisch der wichtigste und tätigste Staat Europas. Der französische Präsidentschaftskandidat wurde überzeugt, die Aufrechterhaltung der militärischen Kontakte zwischen Frankreich und Großbritannien sei von größerer Bedeutung als der fehlerhafte Plan zur EU-Verteidigungsintegration. Dabei wurde Deutschland, der Autor dieses „anspruchsvollen“ Planes, mit Spott und Hohn überschüttet. Macrons Walkampfteam war sicher, die ganze Initiative sei nichts anderes als die Grille Berlins und sehe absolut fundamentlos aus.
Am wichtigsten sind aber die Mails des ehemaligen Militärberaters Macrons Fraçois Heisbourg. Deutschland sei unfähig, eine führende Rolle in den zukünftigen EU-Verteidigungsprojekten (im Gegensatz zu Großbritannien) zu übernehmen, so der Militärberater. Dafür gibt er mehrere Gründe an. Erstens seien die Streitkräfte des Vereinigten Königreichs zweifellos viel kampferfahrener als ihre deutschen Berufskollegen. Zweitens leide Deutschland an Mangel an einigen entscheidenden Kampfeinheiten, insbesondere Spezialeinsatzkräfte, luftgetragene Schnellreaktionskräfte und schwer gepanzerte Kräfte, die der gemeinsamen europäischen Verteidigung zustattenkommen könnten. Drittens stehe Deutschland in keinem guten Geruch wegen seines Unwillens zum aktiven Bundeswehr-Engagement bei Auslandeinsätzen. Es liegt daran, dass die Bundesregierung innenpolitisch massiv gedrückt werde und durch heimische Gesetzgebung im Verteidigungsbereich scharf eingeschränkt werde. Obendrauf betont Heisbourg, seit Ende des zweitens Weltkrieges herrsche ein kriegsfeindliches Weltbild in Deutschland, daraufhin seien die Deutschen allen die Bundeswehr betreffenden Änderungen gegenüber sehr argwöhnisch. Trotzt der Versprechung der Bundeskanzlerin, den Verteidigungsetat bedeutend zu steigern, bleibe Deutschland unbedingt den militärisch passiven Staat infolge der zu 100 Prozent demilitarisierten Kultur. Wie stark Deutschland auch zum Leader werden wolle, könne die EU ohne Großbritannien nicht auskommen.
In aller Öffentlichkeit leistet Macron Merkel jegliche Unterstützung. Doch bringen die veröffentlichten Mails tief verwurzelten Widersprüche zwischen zwei Länder an den Tag. Kann der deutsche Schlüsselpartner ein Doppelspiel mit Berlin treiben und auf den Brexit einwirken? Es lässt sich nur vermuten, dass sich Frankreich für Londons Interesse hinter dem Rücken Deutschlands einsetzen dürfte, weil Paris britische Pfunde brennend nötig hat.

©Ayla Demirli