Nachbarn – der Feind wohnt nebenan …

Heute erhielt ich das Protokoll der Eigentümerversammlung meiner zugegeben 60er Jahre-spiessigen Mitbewohner, 40 an der Zahl, von denen knapp seit Jahren nur noch die Hälfte überhaupt das jährliche Schlachtfeld besucht, denn das ist es, was sich dort tut, weshalb es mich immer wieder erstaunt, dass es nicht zum Totschlag kommt, denn dort wütet jener Mob der Gesellschaft, der meint, er habe das Recht, jedem die eigene Sicht ein prügeln zu müssen. Als eher friedliebender Mensch vermeide ich solche Aktivitäten, auf denen die Meute sich reichlich mit aller Art von Alkohol Mut an trinkt, bevor sie aufeinander los geht.

Umso aussagekräftiger sind die daraus resultierenden Protokolle, die mich jedes Jahr erneut doch fast an einen Gott glauben lassen, der es wieder einmal mit Erfolg geschafft hat, mich nicht auch zur Bestie werden zu lassen. 40 Häuser im Dauerkrieg, mal mehr mal weniger, und in diesem Jahr muss es besonders hoch her gegangen sein, denn da mutierten doch tatsächlich Menschen zu Umweltschützern, denen das Gras selbst dann noch zu hoch erscheint, wenn sie es mit der Nagelschere beschnitten haben, jene Zeitgenossen, die sich von herabfallenden Blütenblättern ihrer Nachbarn belästigt fühlen, denen jeder zu hohe Baum, jede Hecke, über die man nicht hinwegsehen und den übernächsten Nachbarn genauestens kontrollieren kann, ein Gräuel ist.

Ich bin immun gegen solche Art von Ausbrüchen und Tobsuchtsanfällen, seitdem wir vor Jahren auf unserem Rasen picknickten. Unsere eigenen Nachbarn, die jedes durch die Lattenwand wachsende Blättchen radikal bis an die Wurzel noch im Nachbargarten entfernen, empörten sich nämlich darüber, denn sie saßen, wie sich das für deutsche Spießer gehört, ordentlich auf der Terrasse, samt Gästen, und meinten, wir seien asozial, man sitze nicht auf dem Fußboden, solche Nachbarn seien eine Zumutung für die eigenen Gäste. Unverständnis und Grinsen bei uns, und wir hockten dort im Fackelschein, bis tief in die Nacht. Sollen die vor der eigenen Tür kehren. Wobei es sich um Zeitgenossen handelt, die es als bösartige Anspielung empfanden, was irgendwann aus unserem Radio dudelte, ohne, dass wir es registrierten, nämlich, „Bei Hempels unterm Bett“, was den nächsten Empörungssturm auslöste.

Schön, sie regen sich nicht mehr auf, wenn man sie lächelnd ignoriert, selbst dann, wenn sie den Nachbargarten mit beackern – was solls, spart einem Arbeit. Andere, denen sie den Grill so nah an die Hecke stellen, dass immer ein bißchen mehr davon versengt, hingegen liefern sich Schlachten bis vor alle Gerichte, wenn ihnen derselbe Kollege den Wintergarten abreissen lassen will, weil das doch alle Eigentümer zu bestimmen hätten, wobei das Grundeigentum samt Garten eben nicht der Gemeinschaft gehört.

Solche Gesellschaft also trifft dann aufeinander, worauf man getrost verzichten kann. Dieses Mal aber, wie auch im letzten Jahr, hätte man gerne Mäuschen gespielt. Seit einigen Jahren nämlich hat ein Polizeibeamter die Mülltonnen gänzlich für sich mit Beschlag belegt, quasi ein Mülltonnennnutzungsverbot gegen die Nachbarschaft ausgesprochen, indem er ihnen den Müll wieder vor die Haustür stellte nun ja, ich würde nicht im Müll anderer wühlen, um ihn dahin zu bringen, woher er einst kam, aber was solls, er brauchte Platz für die eigenen Gartenabfälle, wofür gute Nachbarn doch Verständnis haben müssen oder etwa nicht, speziell dann, wenn in der Tonne anschließend ohne die in Berlin fällige Genehmigung die unter Naturschutz stehende Weide entsorgt werden muss.

Wobei man froh sein kann, dass Frau und Kind dort nicht auch landeten, aber vermutlich ergriff die Gattin die Flucht, nachdem sie eines schönen Silvesterabend, am Kopf stark blutend mit dem Krankentransport abgeholt werden musste, nachdem am oberen Ende, unbeabsichtigt, versteht sich, eine Flasche zu Bruch gegangen war, weshalb man auch erfuhr wieso der gute Mann endlich die dritte Ehefrau loswurde, sprich, sie verschwand noch vor der Wende hinter den Westmauern der Republik in einem anderen Bundesland, und nur durch Zufall erfuhr man irgendwann, wie sehr die Familie unter dem grün-gerockten Gatten gelitten hat.

Das vierte Exemplar, weiß sich vermutlich besser zu wehren, gehört es doch selbst zu jener Spezies, die es versteht ganze Städte durch ihre kriegerische Maskerade in Angst und Schrecken zu verstzen und lahmzulegen. Gemeinsam steht man da schon mal nachts mit der Dienstwaffe in Unterhosen(!) über einem betrunkenen Migranten, tritt noch am Boden auf ihn ein,droht ihm mit dem Tode, wenn er sich wehrt, nur weil dieser versehentlich in betrunkenem Zustand an der falschen Haustür klingelte.

Nachbarn zogen aus, neue protestierten gegen die eigene Müllentsorgungsanlage eines rechthaberischen Kripobeamten, und so wurde er sie wieder los, die von anderen mitfinanzierten Behälter, wofür er wohl, vermutlich auch unter Waffengebrauch, die Sprecherfunktion der Eigentümer-Versammlung errungen haben mag.

Dieses Jahr nun aber müssen schizophrene Schübe bei diversen Anwesenden eingesetzt haben, denn man erregte sich doch tatsächlich daran, dass jemand seinen Kamin, schließlich hat der Bezirksschornsteinfeger seinen Segen erteilt, mit Kohle beheizt, und das müsse verboten werden, wegen der umweltschädlichen CO2 Emissionen. Nun, ich habe weder Kenntnis darüber, wer er einen Kamin besitzt, obwohl man es wohl am breiteren Schornstein erkennen kann, noch interessiert es mich, was da wer verheizt, und selbst dann, wenn sich die piefige, erbsenzählende Gemeinschaft gegenseitig verfeuern würde, würde es mich allenfalls wegen des dadurch entstehenden Gestanks, der vielleicht durch geschlossene Fenster bekämpft werden kann, stören, allenfalls würde ich die Feuerwehr rufen, wenn die Flammen drohen, auf mein Haus überzugreifen und aus dem Nachbardach schlagen …, aber was mein Nachbar tut interessiert mich ebenso wenig, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt.

Nun, die übereifrigen Umweltschützer, die in den letzten Jahren gemeinschaftlich mehrere alte Bäume ohne Genehmigungen fällten, müssen es also hinnehmen, dass irgendwer, irgendwo, und äußerst selten Kohle verfeuert. Und so beschlossen sie in trauter Einigkeit einem weiteren Baum den Garaus zu machen, nach dem Sommer, versteht sich, weil dieser angeblich droht, mit seinen Wurzeln eine altersschwache 5 zentimeterdick dicke Betonwand, die einem zwei Meter hohen Beet als Befestigung dient, zum Umsturz zu bringen.

Jetzt also fällt eine wunderschöne Zierkirsche, die doch auch schädliche Abgase entsorgt, wie jene, die die Umweltfreaks „verhindern“ wollten, oder war es doch nur gedacht, das Scharmützel, um einem unliebsamen Nachbarn eins auszuwischen?, jedoch wohl eher deshalb, weil man sich seit Jahren am „Dreck“ stört, wenn ihre Blüten abfallen.

Ich frage mich, ob sie alle von dem Zeug geraucht haben, von dem man auf der Terasse eingenebelt wird, high wird, von rechts und links zugeräuchert, so dass man selbst die Kosten für die Joints spart … und wobei man sich fragt, ob unser Oberstasi keinen Geruchssinn hat …- naja, hat einen Vorteil, man spart den Eigenerwerb;)

Und das Betonwändchen? Das darf stehen bleiben, so altersschwach, wie es ist.
Und in meiner Häme freue ich mich auf den Tag, an dem es umfällt und hoffentlich einen aus dieser feinen selbstgerechten Gesellschaft erschlägt.

In diesem Sinne, bauen sie lieber freistehend oder lassen sie es besser ganz, sie wissen nie, wer nebenan einzieht, und aus einer Mietwohnung kann man zudem schneller flüchten, wenn es einem nicht gefällt.

©denise-a. langner-urso