Nachruf: Siegfried Lenz – und wieder ging ein Wächter

Hüter einer verlorenen Zeit, in der man in diesem Land noch von Dichtern und Denkern sprechen durfte.

Siegfried Lenz, wer hat ihn nicht gelesen! Und was bieten wir unserer Zukunft heute, wodurch haben wir das ersetzt, was sich einst Literatur nannte? Durch so grauenvolle Romane wie „Feuchtgebiete“, die wir umgehend zu Bestsellern machen. Unbegreiflich!

Siegfried Lenz hingegen, das war ein Schriftsteller, dem man die ehrliche Freude an Literatur und spitzer Feder abnahm, der sich Mühe gab, sie uns mit einem Augenzwinkern schmackhaft zu machen, wie man in So zärtlich war Suleyken es deutlich spüren konnte.

Fast schon bedrohlich wirkt da bis heute einer seiner Sätze aus „Die Herrschaftssprache der CDU“ von 1971, an der der Spiegel damals kein gutes Wort ließ, in der Lenz schrieb/sagte:

Was Kiesinger, von Hassel, Strauß, Stoltenberg und Lemke so reden, ist — laut Lenz — „die Sprache von Leuten, die den Staat als privates Unternehmen und die Bevölkerung als Belegschaft behandeln“.

War der Mann gut! Es trifft heute ebenso den Nagel auf den Kopf wie damals, und es trifft auf alle Politiker inzwischen gleichermaßen zu! Die Rede hätte an jedem beliebigen Tag eines jeden Jahres seit damals genau so gehalten werden können, wie sie heute noch täglich gehalten werden könnte, es müssten nur einige Namen ausgetauscht werden!

Nein, mit Siegfried Lenz hat sich ein ganz großer viel zu früh von dannen geschlichen, den niemand so schnell ersetzen kann, ein Beobachter mit messerscharfem Verstand, ein stets wachsamer Geist, der den mündlichen politischen Hammer ebenso zu bedienen wusste, wie er es verstand, politisch unkorrekt und doch nachdrücklich auf Papier zu bringen, was viele störte, empörte, weil es so unglaubliche unübersehbare Wahrheit war.

Und er traf dabei immer den Nagel auf den Kopf traf wie kaum ein anderer so manche politische Magengrube, wo immer politische Auseinandersetzung mit einem unbequemen Thema ihm angebracht erschien.

Schade und Danke, dass wir seine Zeilen lesen durften!

©denise-a. langner-urso