Nixengarten -Ein Blog zum Entspannen

Voller Dankbarkeit übernehme ich folgenden Artikel vom Nixenblog

Der Garten als Vermächtnis: Von Pflanzen und Gabentausch

Gestern bin ich sehr gesegnet worden. Gleichzeitig bedeutet mein Segen jemand anderes Verlust.

Ich habe Pflanzen geschenkt bekommen, jede Menge, die jemand anderes liebevoll gezogen hat, jemand, der seit kurzem nicht mehr lebt.

Vor ein paar Wochen ereilte mich der Anruf einer lieben Bekannten, deren Vater zwar nach langer schwerer Krankheit, aber dennoch plötzlich gestorben war.
Jahrzehntelang hat er voller Hingabe gegärtnert und dabei viele Gewächse – Nutz- und Zierpflanzen – selbst ausgesät, gezogen und vermehrt.
Als er krankheitsbedingt an den Rollstuhl gefesselt war und nicht mehr selbst hinunter in den Garten konnte, brachte ihm seine Frau alles in den Wintergarten herbei, von dem aus er in den Garten schauen und die Tier- und Pflanzenwelt weiterhin beobachten konnte. Dort säte er noch bis zuletzt in dieser Vorsaison Petersilie, Gurken, Zucchini und vieles mehr aus.

Meine liebe Bekannte rief mich also an und fragte, ob ich Interesse an den Gewächsen hätte. Weder ihre Mutter noch sie können sich nun um die Pflanzen kümmern, wollten dieses besondere Vermächtnis jedoch auch nicht verkommen lassen.

Gestern war es soweit, dass ich die Mutter, den Garten und die Pflanzen kennenlernen durfte. Es hat mich sehr berührt.

Der Garten ist ein Paradies. Als ich den Wintergarten betrat und den weiten Hang hinunterblickte, über den sich der Garten erstreckt, war ich überwältigt.

Im Garten selbst fühlte ich sofort eine tiefe Ruhe, der von diesem Ort ausging: vom fröhlichen Vogelgezwitscher zwischen Sträuchern und Obstbäumen, vom Leben spendenden Totholz, das immer wieder zwischen den Nadelbäumen zu finden war. Eine Vielfalt und Lebendigkeit sprang mir hier entgegen. (Der „aufgeräumte“, sauber gemähte Nachbargarten: ein lebloses Gegenbild.)
Dass es so etwas hier gibt! Dass so etwas hier möglich ist!

Liebevoll und achtsam mit der Natur hat hier jemand einen Garten gestaltet und werden lassen. Vieles kam mir sehr vertraut vor.

Ich erfuhr viele schöne Dinge über den Garten und seinen Gestalter, heitere Erinnerungen zwischen Gärtner-Stolz, kuriosen Tierbesuchen (von Rehen etwa, die sich an getopften Setzlingen wie am Buffet bedienten, oder einem Pfau, der eines Tages aufgetauchte); aber auch von Herausforderungen wie den Hinterlassenschaften des Sturms „Ela“.

Ich finde es immer schön, Pflanzen, zumal von mir lieben Menschen, geschenkt zu bekommen: Hier wachsen die Akeleien einer Freundin. Dort verteilen sich die Bergflockenblumen einer Tante. Die Pfingstrosen sind das Geschenk der Mutter meiner engsten Freundin, weil sie meinen Namen tragen („Baroness Schröder“). Und wenn ich jene Stockrose sehe, die immer wieder an unterschiedlichen Ecken im Garten neu „auftaucht“, denke ich an meinen verstorbenen Onkel, von dem sie stammt.

Es gibt eine große Bandbreite an historischer, ethnologischer und soziologischer Forschung rund das Thema Gabe und Geben. Eine Idee der Gabe ist, dass in ihr auch immer ein Anteil der gebenden Person mitgeschenkt wird. Wir verbreiten uns also sozusagen mit dem, was wir geben, materiell und ideell.

Und schon komme ich von diesem Bild zu dem der wuchernden Rhizome, der sich selbst aussäenden Pflanzen, auf die wir im Naturgartenprinzip auch sehr stark setzen.

Ich bin reich beschenkt mit den Pflanzen, die ein besonderer Mensch mit Liebe und Stolz gezogen hat, und mit wunderbaren Erinnerungen an diesen Menschen in meinen eigenen Garten zurückgekehrt, wo diese Pflanzen ein neues Zuhause finden werden. Dort werde ich sie hegen und pflegen und ihre Früchte ernten in dankbarer Erinnerung an einen Menschen, dem ich erst nach seinem Tod durch seinen Garten begegnet bin.

Es war sicherlich nicht leicht, diese Pflanzen abzugeben und somit wieder ein Stück des verlorenen Menschen loszulassen. Deshalb ist mir der Gedanke wichtig, mit den Pflanzen den Menschen und sein Werk in Erinnerung zu bewahren und wertzuschätzen. Ich selbst habe mit dem Gärtnern begonnen nicht zuletzt als Tun des Gedenkens, als Erinnerung an meinen Großvater, mit dem ich als Kind Bohnen gesät und Zwiebeln gesteckt habe.

Es geht weiter mit dem Garten, auch über uns selbst hinaus.