Olympia misst den IST-Zustand der Welt

 

Und ein besseres Messgerät es nie gegeben. Olympia ist Hygrometer, Thermometer und Barometer in einem. Daran, wie die Athleten von den Fans begleitet werden, wie fair man mit Gegnern umgeht, wie viele Menschen sich die Sportarten anschauen, wie viele Menschen sich das überhaupt leisten können, ob es sich ein Land wie Brasilien hätte leisten dürfen, ob man dahin hätte vergeben sollen, beim Zustand im Land, all das kann der Betrachter vom heimischen Sofa aus analysieren, dem Internet sei es gedankt.

Die Spiele wurden spätestens seit den Spielen in Griechenland völlig zweckentfremdet und die, die dort auftreten, das sind eben in der Mehrzahl nicht mehr Menschen, die sich miteinander messen wollen, das sind von Unternehmen, Staaten oder Konzernen, hin und wieder auch von reichen Einzelpersonen abhängige und finanzierte Maschinen, die man ständig versucht künstlich per Doping auf Höchstleistung zu züchten. Und die Wissenschaft kommt mit ihren Prüfmitteln und Tests kaum nach.

Umwelt und Mensch haben sich unterzuordnen, wenn die Spiele zugesprochen werden, auf Gedeih und Verderb, ganze Staatshaushalte fließen an die, sie sie ausrichten, bewerben, dafür kurzfristig Wachstum erzeugen, Sportler so erziehen, dass sie im schlechtesten Fall reine Propagandalautsprecher der Politik der jeweiligen Teilnehmerstaaten werden. Nein, das ist nicht mehr Olympiade, das ist teilweise schon Fortsetzung von Krieg und Säbelrasseln mit anderen Mitteln. Nur eine Olympiade ist es eben nicht mehr.

Und was passiert mit dem Theater, wenn niemand mehr hinschaut? Es verkommt, verfällt und außer denen, die sich für ein paar Tage irgendwo, wo es ihnen besonders gefällt, eine Arena bauten, hat am Ende niemand gewonnen, schon gar nicht der Sportler, von denen, die oft dafür immer öfter weg gentrifiziert wurden, denen man Haus und Erwerb nahm, ganz zu schweigen. Und selbst die Sportler haben den Ursprungsgedanken Olympias nie verinnerlicht, nicht verstanden. Man achtet den Gegner nicht, was man ihm nach dem Wettkampf deutlich zeigt, und die Welt schaut zu, wie da rein gar keine Empörung sich breit macht, und kommt es doch dazu, dann bezeichnet man die, die es wagen, Fehlverhalten zu benennen als Miesepeter, Neidhammel was weiß ich. Konsequenzen keine, Schulterzucken, die Welt ist halt schlecht, ist so, nimmt man hin, solange Kapital fließt.

Leere Arenen, scheiß drauf, wer es sich nicht leisten kann zu zahlen, auf den legen wir ohnehin keinen Wert. Kontingente verschenkt man an die, von denen man meint, sie belohnen zu müssen, die wüssten schon wohin damit, und ob die Karten im Müll landen, weil selbst in scheinbar reichen Staaten, die Menschen ihren Urlaub bei solcher Veranstaltung verbringen wollen, ob sie das kurzfristig einplanen könnten, ob die, an die man verschenkt, ob des augenscheinlichen Reichtums nicht eher zu knapp bei Kasse sind, um sich das Jetten zu einer Sportveranstaltung leisten zu können, auch das ist vollkommen Wurscht, Hauptsache, es bekommen nicht die, von denen man von vornherein weiß, sie können das, was tatsächlich beworben wird, sich nie und nimmer kaufen, und man kann sie als Dauerkonsumenten auch nie für die jeweiligen Produkte gewinnen, weshalb sie als Zuschauer unerwünscht sind. Das ist der Geist, der Olympia zerfressen und zweckentfremdet hat.

Wisst ihr was? Steckt euch euren schönen künstlichen Scheinwerfer doch dahin, wohin er, so wie ihr ihn euch vorstellt gehört, in den Allerwertesten, damit man den Sumpf, der sich wirklich hinter allem versteckt, endlich einmal sehen und ihn vielleicht endlich einmal austrocknen kann. Und das betrifft übrigens nicht nur Olympia, ich lege gleich alle WMs obendrauf, einschließlich der umweltverschmutzenden und in und um menschenverachtende Staaten rotierenden Formel1.

©denise-a. langner-urso