Parteien und Bürger – Wisst ihr eigentlich, was ihr wollt!?

Wir leben in merkwürdigen Zeiten und ich glaube fast, ganz Deutschland hat sich ein Virus eingefangen und das nennt sich Schizophrenie.

Die SPD pöbelt gegen die Union, wenn es um die Flüchtlinge geht, überholt dabei gerade Seehofer von rechts, die Union pöbelt derweil intern. Und das nicht nur, wenn es um Flüchtlinge geht, der CSU passt gleich die komplette Bundespolitik irgendwie nicht in den Kram. Nur in einer Sache sind sich alle einig, wir wollen unbedingt an den Fressnapf, und das geht nur gemeinsam, und weil das so ist, werfen wir eben immer dann, wenn es um Teilhabe am Futtertrog geht, alles über den Haufen, was wir eigentlich umgesetzt wissen wollen, sind alle mal kurzfristig während der Koalitionsverhandlungen Chorknaben.

So treiben es Die Grünen, so trieb es die FDP, klare Standpunkte und Grenzen, die gibt jeder für einen warmen Sessel gerne ab, rote Linien gibt es nicht mehr. Dass dadurch der Wähler den Eindruck erhält, man habe sich zu einer Art Einheitspartei verschworen, bei der alles alternativlos weitergeht wie bisher, das nimmt man dem Wähler am Ende übel. Leute, ihr seid ganz schön schizophren, wenn ihr denkt, gewisse Dinge werden sich einfach in Luft auflösen, denn dem ist nicht so, spätestens seit die SPD mehrfach mit Versprechen vor Wahlen gebrochen hat. Und das größte war, Merkel, dieses Fähnlein nach vermuteter Mehrheitsmeinung, erneut zur Kanzlerin zu krönen, jene Frau, die ständig zu irgendeinem Thema posaunt, was mit ihr nicht machbar wäre, was dann aber definitiv eben doch geschieht. Wenigstens das ist für den Wähler eine halbwegs berechenbare Größe, wenigstens das.

Derweil mäkelt auch die FDP am Merkel rum, mit der sie allerdings umgehend ins Bett hüpfen würde, würde der Wähler sie in den Bundestag befördern, vermutlich verbunden mit der Forderung, die Mindestlöhne müssten fallen, damit Hoteliers endlich Personal aus dem Stack der Flüchtlinge einstellen könnten, das würde neue Steuerzahler generieren und Steuererleichterungen, die bräuchte dieses Gewerbe auch. Durchschaubar sind sie geworden, die Parteien, derweil es mit dem sozialen Gewissen bergab geht, denn bisher hat sich auch niemand um die schon vorhandenen Wohnungslosen, gekümmert, derweil man jetzt aber schnell günstigen Wohnraum schaffen will. Leute, was seid ihr erbärmlich. Mensch ist Mensch, und der gehört immer an die erste Stelle, dann passt das auch mit der Wirtschaft, denn nur ein gefüllter Magen kann schaffen, was dem Land hilft, aber dafür gibt es ja Tafeln, und die Arbeit, die der Staat nicht zahlen will, davon geht man aus in allen Parteien, die machen Ehrenamtliche mit links nebenbei.

Geniales System, das Ehrenamt, das allerdings tatsächlich nur dann greifen sollte, wenn der Staat alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel voll ausgeschöpft hat und wegen 0-Arbeitslosigkeit ansonsten nichts mehr geht. Aber was solls, Staat verlässt sich auf andere. Und wenn plötzlich alle Ehrenamtlichen streiken, es ihnen reicht, was dann? Und wie schaut es denn derzeit aus? Da macht so manche Rentnerin, die sich kaum das Mindeste leisten kann, nebenbei einen unbezahlten Nebenjob, engagiert sich für Flüchtlingskinder, da fällt mir echt nichts mehr ein! Denn wie steht sie denn da, fragt da mal jemand, wie es ihr selber geht.Vielleicht geht ja diese ältere Dame selber einmal in der Woche zur Tafel, denn oft sind es die, die wissen, was Armut bedeutet, die selber nicht viel haben und deshalb helfen und teilen. Und solche Frau hat mehr Herz als alle Politiker und jene, die an Flüchtlingen nur verdienen, statt selber anzupacken, selber ehrenamtlich statt bezahlt zu helfen. Das ist einfach nur noch mies. Und was tut Merkel? Handelt die Dame auch, oder schwingt sie nur schöne Reden? Obamas Gattin jedenfalls stellt sich selber hin und macht, und das erwarte ich auch von unseren Dummschwätzern. An ihren Taten sollt ihr sie messen ..

Gestern also eine gewaltige Demonstration gegen TTIP in Berlin, und ich frage mich, was diese Protestanten eigentlich bei der letzten Bundestagswahl gewählt haben, ganz sicher nicht jene Partei, bei der deutlich ist, dass es mit ihr zu diesem Handelsabkommen nicht käme. Wenn ihr liebe Bürger also Parteien wählt, die ausdrücklich am Abkommen arbeiten, warum wählt ihr sie dann? Achso, die da gestern protestierten, die sind nicht zur Wahl gegangen? Könnte ja auch sein. Ja dann kann man nur sagen, so geht Demokratie, mitgefangen, mitgehangen. Und ja, da liefen auch Gewerkschaften mit, da liefen so gut wie aus allen Parteien deren Anhänger mit. Ganz schön schizophren.

Gabriel startet bereits in den Wahlkampf, und der Wähler sei gewarnt, übrigens auch vor der Union. Wer hat denn einst mehr an Steuererhöhungen durchgesetzt, obwohl da jemand angab, keine zu wollen? Ich kann nur sagen, drum prüfe, wer seine Stimme bei einer Wahl vergibt, an wen er sie bindet.

Ja, man sollte an Wahlen teilnehmen, es gibt aber in Deutschland eine Parteienvielfalt, die ist unglaublich, und die könnte es auch im Bundestag geben, dann werden Debatten nicht mehr so unendlich langweilig und vorhersehbar sein, die Abstimmungsergebnisse eben ungewisser. Spannender wird’s dann allemal.

Achja, wir wollen ja nichts ändern, weil es gerade so schön gemütlich ist, man hat sich eben erst so schön warm eingerichtet. Ja dann, dann müsst ihr halt damit leben, dass auch demnächst alles alternativlos bleibt und sich nichts ändert. Nur, warum protestiert ihr dann eigentlich? Ein gemeinsamer Massen-Waldlauf alle paar Monate mal täte es doch auch, ist gesünder für die Füße und grün schont die Augen.

Ach nö, lassen wir das, dann können wir ja nicht mehr zeigen, dass wir etwas zu meckern haben, trotzdem aber lieber typisch deutsche Michel bleiben wollen, den man ab Freitag um 1 am besten nicht stört und schon gar nicht, wenn Fußball läuft. Mutti wird für das Essen und ein paar Bierchen schon sorgen, und solange sie sich auch um die quengelnden Kinder kümmert, ist die Welt bis auf ein paar Kleinigkeiten in Ordnung, wäre da nicht diese diffuse Angst …

Also bleiben wir wie Ü30-Jährige, die sich von Mutti nicht trennen wollen, da wo wir immer gelebt haben, bei Mutti eben, so schaut das für mich aus.

Allerdings, da ja Mutti noch da ist, verbietet es sich von selbst, seine Stimme anders zu vergeben, als vor Dekanden auch, wenn man sich überhaupt den Weg ins Wahllokal macht, man kann ja seinen Unmut alle paar Jahre mal auf einer Großdemo kundtun.

Ich glaube nicht, dass die Wähler tatsächlich wissen was sie wollen, die einzigen die das wissen, das sind die, die in den Bundestag rein oder da nicht mehr raus wollen. Und das ist auch das einzige, was Politiker noch anzutreiben scheint, dafür ist jedes Mittel recht und die Anschlußverwertung ist garantiert.

Glückwunsch an die Bürger, die das mit ihrer Stimme honorieren! Ehrlichkeit und roter Faden, konsequentes Umsetzen von Wahlversprechen oder Nichtsregierungsbeteiligung, gegen Stimme, das sollte das Wählerziel sein, aber, es soll sich ja nichts ändern, traurig aber wahr.

©denise-a. langner-urso