Politik, Gesellschaft, Wohlstand, Sparen – Mittelschichten

Wenn man sich anschaut, wo Deutschland wirtschaftlich steht, so wird von Politik, Wirtschaft und den regierten Bürgern der Gesellschaft aneinander vorbei geredet, und wer genau nachdenkt, dem wird das irgendwann auch klar, und dazu ist es wichtig, sich einmal die Lebensphasen der Menschen anzuschauen.

Ich teile sie ein in drei verschiedene. Da wäre zuerst einmal die Zeit bis um das zwanzigste Lebensjahr herum, in der das Individuum mehr oder weniger vom Elternhaus geprägt wird, bis es dieses verlässt, Grundlagen zum wirtschaftlichen Überleben inklusive so gut wir vorgefertigter Denkmuster übernimmt, und dann die wichtigste Zeit, in der es das Erlernte benutzt, um den Wohlstand aufzubauen, den es für das Älterwerden benötigt, die Phase, bis etwa zum 50. Lebensjahr. Diese Phase ist für das Land und die finanzielle und politische Sicherheit auch der kommenden Generationen am wichtigsten, denn in ihr legt man den Grundstein für Wohlstand.

Hat eine Generation die 50 überschritten, so ist der weitere Lebensabschnitt zumindest wirtschaftlich und politisch festgeschrieben, der Mensch ist so geprägt, dass er selbst seine Lebensweise kaum noch ändern wird, auch politisch nicht. Und in dieser zeit begreift der Mensch auch, ob er selbst und die Gesellschaft, in der er lebt, dazu fähig ist, etwas zu ändern, ob Politik wandlungsfähig und änderungswillig genug ist, durchsetzungskräftig genug. Leben Politik und Wirtschaft in dieser Phase an den Bürgern vorbei, ergibt sich dort eine Schere des Nichtverständnisses, dann erreicht jene Gesellschaft das, was wir gerade in Deutschland erleben, nämlich den Fall, dass Politik und Wirtschaft überhaupt nicht mehr die Lebenswirklichkeit der Bürger verstehen.

Die einen können es nicht, die anderen wollen es nicht, das System fährt sich fest, wobei zu dieser Zeit die Wirtschaft selbst wieder nachdenklicher wird, steht sie doch näher am Bürger, ist mehr von ihm abhängig, als die Politik, die dann miteinander koaliert, wenn es nicht weiter geht, denn die Bürger versuchen das, was sie als falsch ansehen, abzuwählen. Übertrüge man das politische Verhalten von CDU/CSU und SPD nämlich auf die Wirtschaft, so bräche diese zusammen, weil es dort ein Insolvenzrecht gibt. Unternehmen würden in dieser Phase scheitern, und die Wähler haben zumindest bei der eben erfolgten Wahl gezeigt, dass sie ein weiter so nicht hinnehmen wollten, wogegen Politik sich geschickt durch eben die Große Koalition zu wehren versteht. Es fielen zu viele Stimmen wahlberechtigter unter den Tisch, sind im Bundestag mit keiner Stimme vertreten, gingen entmutigt gar nicht mehr zu Wahl. Für ein Unternehmen bedeutet ein so großer Boykott wie gesagt den Untergang, alleine Parteien nehmen sich das recht der politischen Insolvenzverschleppung.

Wie aber kommt es dazu, dass Bürger und Politik so aneinander vorbei reden? Ich denke, das liegt an der unterschiedlichen Interpretation des Wortes Mittelstand. Für den Bürger bedeutet ein gesunder Mittelstand nämlich etwas vollends anderes, wenn er davon spricht, als für Politik und Wirtschaft. Der Mittelstand von dem der Bürger sprich, das sind jene Betriebe wie der Maler, der Installateur von nebenan, das, was sie als Mittelstand kennenlernten, als sie in der Prägungsphase waren, und diesen Menschen ging es einmal richtig gut, sie hielten die Wirtschaft am Laufen, erwirtschafteten in den 70er, 80er und 90er Jahren das, was Deutschland zu dem machte, was es zu dieser Zeit war.

Erkenntnis

Dann kam die Wende, die Wirtschaft übernahm quasi die Staatslenkung per massiver Lobbyistenarbeit, der Bürger selbst war dabei alleine billigstes Hilfsmittel. Die Menschen wurden immer öfter enttäuscht, jene also, die heute an der 50 gekratzt, sie überschritten haben. Politik diente plötzlich dem Wachstum und sich selbst und nahm zu gerne das, was ihnen die jene stark wachsende Wirtschaft gab, die Politik fortan als Mittelstand definierte, und das war etwas völlig anderes, als das, was im Allgemeinen ein Wähler so bezeichnen würde, das waren nämlich plötzlich Unternehmen nit ein paar tausend Mitarbeitern und Millionen, wenn nicht Milliarden an Umsatz. Der eigentliche bürgerliche Mittelstand aber war das nicht mehr, dieser wurde aufgesaugt, konnte die Billigmentalität, die durch stagnierende, oft gar sinkende Löhne jetzt einsetzte, nicht mehr bedienen, Jobs, die einst Teilhabe versprachen, sie gingen mit dem alten Mittelstand verloren, bis jene blieben, die fortan Preise diktierten, sich Niedriglöhne politisch absegnen ließen.

Jetzt ist die Bevölkerung durch die wichtige Aufbauphase des Wohlstandaufbaus hindurch, jetzt erkennt sie, dass sie immer mehr gespart hat, derweil andere das Geld ausgaben, das sie steuerlich aufbringen konnten, derweil der neue Mittelstand immer weniger an Steuern beitrug, indem er Unternehmen oder Unternehmensteile und mit ihnen Arbeitsplätze verlagerte. Arbeitsplatz und Lohn waren zum Druckmittel gegen politisches Verhalten geworden, was direkt nach unten spürbar wurde, denn Politik wehrte sich gegen die, die den Wohlstand ihrer selbst und den des Staates zu gefärden drohten, nämlich gegen die Bürger. Der Bürger derweil hatte das Sparen gelernt.

Schauen wir also, was Politik, was CDU,CSU und SPD derzeit tun, wo sie versuchen, sich irgendwie noch einmal eine Amtsperiode lang gemeinsam jene Macht zu sichern, die der Wähler, besser der wahlberechtigte Bürger ihr so nicht wirklich erteilt hat, denn eigentlich war das eine Wahlabfuhr in Richtung der großen Parteien, die bei politischen, mittelständischen Unternehmen direkt in die Insolvenz geführt hätte.

Opportunismus

Dass dieses Land Schulden abbauen muss, sofern unsere Kinder und Enkel den Schuldenberg noch bewältigen können sollen, den man ihnen in völliger Blindheit vererben will, dass ist den Bürgern, die gewählt haben und auch jenen, die aus Protest nicht mehr zu Wahl gingen, klar. Doch Politik redet davon, gemeinsam das Versprechen, Schulden abbauen zu wollen, zu brechen. Man denkt gar nicht daran, verteilt lieber generös Geschenke, die den Wählern nicht helfen. Wem dient denn jene Herdprämie, von der immer gesprochen hat? Wenigen Müttern, und dass sie ihren Kindern nicht bessere Bildung bringt, das erkennen selbst die Mütter derweil. Wem dient es, wenn man jetzt eine unglaublich hohe Lohnuntergrenze setzt? Den Menschen, die in solchen Jobs tätig sind, garantiert nicht, denn ob wir das jetzt sehen wollen oder nicht, es wird sie die Jobs kosten.

Dass es so wie bisher nicht sein kann, auch das ist klar, und genau das wollten die Wähler geändert wissen, diese politische Unfähigkeit, Gesetze wetterfest zu machen, dass sie nicht nach Belieben durch schwarze Schafe des Mittelstandes, den die Politik generiert hat, ausgelegt werden können. Das, nicht mehr und nicht weniger, denn vernünftiges Handwerk, auch politisch gutes Gesetzeswerk, das ist es, was Qualität bedeutet, was vernünftige Löhne eben auch sichert, was Binnenhandel ankurbelt, zu Wachstum führt, Mieten bezahlbar macht.

Die Wähler wollten von der Wirtschaft politisch unabhängigen Sachverstand wählen und haben Opportunisten erhalten, denen es alleine um ihren Machterhalt und Teilhabe an der Macht geht, zu jedem Preis. Und nein, die Wähler haben auch nicht Geschenkkörbe voller Unsinn gewählt, die Wähler hatten den Eindruck, etwas frischer Wind, ein Austausch der alten Funktionäre täte dem Land gut, ein Austausch der Geschäftsführer, weil das vielleicht wirklich Schulden abbauen und besseren gesetzgeberischen Sachverstand generieren könnte, denn der Wähler ist derweil erwachsen, hat die Aufbauphase beendet und erwartet allenfalls für seine Kinder und Enkel besseres als das, was er in seinem eigenen Leben erfahren hat, was ja der Traum aller Menschen ist, es möge ihren Kindern besser gehen.

Das aber was Politik jetzt tut, wird zu massivem Stimmverlust spätestens bei der nächsten Wahl für beide großen Parteien führen, denn der Wähler erkennt, dass Politik eben mit Wirtschaft nur Machterhalt, nicht aber finanzielle Vernunft, gar Wirtschaftsverstand gemeinsam hat. Der Wähler bekommt ein Augen zu und durch und nach uns die Sintflut. Alleine die Wirtschaft erkennt das vermutlich, und auch sie wird diesen Akteuren demnächst das Vertrauen wohl nicht mehr aussprechen, denn auch sie wird kräftig zu Kasse gebeten werden, auch wenn es für viele Wähler noch nicht so aussehen mag. Sie bezahlt jetzt schon für die schlechte Bildung, mangelnden Innovationswillen und schlechte Infrastruktur einen hohen Preis und sie erkennt langsam, dass der Wähler wohl doch der bessere Verbündete sein wird, wenn man das Land seinen Kindern als halbwegs schuldenfreies Erbe überlassen will.

Warte, warte nur ein Weilchen, dann muss auch Politik erkennen, ihre Postenschacherei und ihr Machtstreben sind es nicht, die den Wohlstand eines Staates generieren, dass ist der bürgerliche Mittelstand mit Sachverstand, der mehr Rechtsqualität zu generieren versteht als alle Lobbyisten, die nur an kurzfristige Gewinne denken, denn im bürgerlichen Mittelstand, da sitzen irgendwo jene Fachanwälte, die dazu wesentlich geeigneter sind, die den Blick für das Große und Ganze nicht verlieren. Und dort sitzen auch jene, die Innovation längst in der Schublade haben, sie aber noch nicht umsetzen können, weil Politik sie völlig übersieht, Banken sie noch kaum wahrnehmen wollen, weil es ihnen noch zu geht geht, aber auch das wird sich in Kürze ändern, begonnen hat dieser Wandel ja bereits.

Die jetzt über 50 Jährigen, sie werden zu leiden haben, aber sie haben gelernt zu sparen, und das wird ihnen niemand mehr nehmen, auch die besten Billigprodukte können dieser Generation das, was noch vorhanden ist nicht mehr abnehmen, und derweil haben sie das Sparen, das eben keinen Markt wirklich ankurbelt auch ihren Kindern beigebracht. Das, was unsere Großeltern aus Not heraus in einem Krieg zu tun gezwungen waren, nämlich zu sparen, das ist für die über 50iger Generation heute auf Grund eines Wirtschaftskrieges, der von Politik und Wirtschaft lange geführt wurde, jetzt auch uns zu eigen, das Sparen. Die Wirtschaft erkennt das, Politik wird noch etwas länger benötigen, und umso länger es dauert, umso mehr spart auch die junge Generation, wird nicht den Binnenmarkt ankurbeln, und das ist auch gut so. Denn Wirtschaft lernt auch durch Stagnation.

Ausblick

Mal sehen, wie lange die Politiker der großen Parteien benötigen, bis sie erkennen, was der Bürger eigentlich wählen wollte, die große Koalition, die alle immer herbei reden und die die Massenmedien herbei schreiben wollen, war es ganz sicher nicht, denn Wähler erwarten, dass Politik eben auch einmal innehält und denkt, dass sie erwachsen wird und wie der Wähler auch irgendwann mit dem auskommt, was zur Verfügung steht, dass sie dabei Sinnlosigkeiten einspart und Schulden abbaut. Und bei dem Kapitalstock, den der Steuern zahlende Wähler generiert, wobei Wirtschaft und Bürger gemeint sind, der derzeit vorhanden ist, ist das nicht zu viel erwartet und kein hoher zu hoher Anspruch. Mal sehen, wann Parteien und Politiker begreifen, was der erwachsene Souverän längst erkannt hat!

Politik ist kein Sandkasten, Politik ist fein justiertes Handwerk, allein die Lehrlinge waren ein Griff in den Sondermüll der 68er, und der gehört entsorgt, und zwar schnell. Demnächst also sehen wir wohl im Endlager der ausserparlamentarischen Opposition vielleicht die eine oder andere Partei mehr, zumindest in der Opposition, denn wie wir spätestens jetzt erkennen, wo die Koalitionsverhandlungen länger laufen, wissen sie nicht, was sie tun (sollten und müssten) …

Frohes Regieren also bis zur nächsten Wahl, denn diese dürfte wirklich die Parteienlandschaft gewaltig durcheinander wirbeln, wartet es nur ab! Und versucht ja nicht, anschließend dem Wähler die Schuld für eure eigene Blindheit und Kurzsichtigkeit in die Schuhe zu schieben, ihr selbst habt die Realität einfach nicht sehen wollen.

©denise-a. langner-urso