Rechtsruck woher? – Ablehnung von Migranten und Flüchtlingen

In der letzten Zeit gab es gleich mehrere Dokumentationen, die genau beschreiben, woher das kommt, was wir heute plötzlich in Deutschland erleben. Hass auf Migranten, egal, wie lange sie hier unter uns leben, und das, obwohl aus ihnen längst deutsche Mitbürger geworden sind, Hass und Ablehnung aber auch, wenn es um Flüchtlinge und Aufnahme dieser geht.

Einer dieser Dokumentationen lief erst gestern in der ARD, und wie so oft fragt man sich, ob die späte Sendezeit irgendwie politisch gewollt ist, denn zu dieser Uhrzeit sind sehr viele Menschen bereits im Bett. Diese Dokumentation trug den Titel:

Akte D: Das Versagen der Nachkriegsjustiz. Die gesamte Dokumentation besteht aus 3 Teilen und ich empfehle dringend, sich über ARD online den ersten Teil nachträglich anzuschauen.

Es ist erschütternd, was alleine der erste Teil für Einsichten in alle Regierungen von Adenauer bis Kohl brachte. Sämtliche Regierungen haben Entnazifizierung nach Gusto, Lust und Laune selber betrieben, Gesetze geschaffen, die es Altnazis erlaubte, politische Ämter zu besetzen, Staatsdiener einzustellen, seien es Beamte oder Angestellte gewesen, Gesetze im Eilverfahren zu schaffen, die Strafverfolgung unmöglich machte, die Verjährung massiv förderte.

Eine weitere Dokumentation zum Thema lief auf Arte: Der Blinde Fleck-Täter, Attentäter Einzeltäter und befasste sich mit der Ära Strauß, und wie dort (und bis heute) offensichtlich die Aufklärung um den Anschlag auf das Oktoberfest von 1980 behindert wurde. Dass dies kein Einzeltäter gewesen sein kann, wird klar, auch, dass dieser Anschlag eindeutiger überhaupt nicht der rechtsradikalen Szene zugeordnet werden kann. Und der Übergang in die NSU Morde ist quasi fließend …

Aus der gestrigen Doku ging auch hervor, 13 Millionen Strafverfolgungen hätte es geben müssen, hätte man es mit der Entnazifizierung ernst gemeint, und oftmals geschah sie nur, weil die neu gegründete DDR so schlagkräftige Beweise der Bundespolitik um die Ohren knallte, dass man einfach nicht anders konnte, als Prozesse in Gang zu setzen, die viel zu oft mit Freisprüchen endeten. Und auch mit den Amerikanern spielte die Politik miese Spiele, was dazu führte, dass man die Amerikaner dazu brachte, quasi Belege dafür auszustellen, dass gewisse Akteneinsicht von dort aus nicht erwünscht wäre, eine bodenlose Lüge, die der Bevölkerung nur lieb war, die mit ihrer Vergangenheit nicht belästigt werden wollte, wie man ja auch heute immer wieder hört, man habe keine Schuld.

Was der Michel nicht im Elternhaus lernt …

Sicher, die hat man als Kind nicht, selbst dann nicht, wenn man Zögling eines der 13 Millionen „Nichtangeklagten“ ist, aber man hat ein Elternhaus gehabt, dass eben doch mehr als fragwürdig zu bezeichnen ist, wenn es darum geht, mit seinen Kindern über das zu sprechen, was man selber in der Nazizeit getan hat. Und vermutlich geht ein verurteilter Straftäter mit seiner Vergangenheit auch den Kindern gegenüber anders um, als einer, der nie angeklagt wurde, sich nie mit seiner Mitschuld auseinandersetzen musste. Und ein Teil dieser Kinder und Enkel haut uns jetzt um die Ohren, driftet nach rechts, denn warum soll falsch sein, wofür man nicht angeklagt wurde. Die Deutschen wollten, auch das besagt die Dokumentation nicht aufarbeiten, im Gegenteil, man fand die Nazizeit an sich eigentlich gut, die Arbeit, die man gehabt hatte, die Zucht, die Ordnung. Wäre da nur nicht die gemeinsame Schuldfrage gewesen, das Wegsehen, die schweigende Beihilfe.

Der NSU Ausschuss beweist erschreckend deutlich, man will eigentlich erneut nichts zu tun gehabt haben, nichts gesehen, gehört, gewusst haben, es ist nicht anders als zu Zeiten Adenauers, Helmut Schmidt, Kohl. Es kann nicht sein, was nicht sein darf, diese Zeiten sind vorüber, Einzeltäter wieder einmal. Und nein, es sind eben keine Einzeltäter, der Staat schaut weg, tut es bis jetzt. Der Staat seehofert, mauert, denn wenn nicht jetzt, wann dann wäre es spätestens an der Zeit wäre, den abgeschafften Radikalenerlass wieder ins Leben zu rufen?

Zitat aus dem verlinkten Artikel:

Sepp Dürr, der innenpolitische Sprecher der Grünen, hält eine Rückkehr zur Regelanfrage für „albern“. Man könne doch nicht jedes Mal die Gesetze ändern, wenn Behörden schlampig arbeiteten, kritisierte Dürr.

Werter Herr Dürr, sage ich da, die Behörden arbeiten so schlampig seit Adenauer, und das ist politisch so und nicht anders gewollt! Und Sie sind dafür mein bester Zeuge! Wer hat denn in der Regel genug Vitamin B, um auf gewissen Posten zu landen? Kinder von Eltern die (und so weiter) … Und eine verbeamtete oder angestellte, eine politische Krähe hakt der anderen nun mal kein Auge aus. Und nur nicht die arme leidende Bevölkerung zum Nachdenken anregen, nur nicht erinnern, was all das mit Schuld zu tun hat! Das könnte Wählerstimmen kosten.

Und viele der Kinder und Enkel, der einst Nicht-Abgeurteilten 13 Millionen, sie wurden sicher im Sinne erzogen, dass eben das was fremd ist, generell abzulehnen ist. Alleine die Zahl, und sei nur in einer Millionen Haushalten versteckt fremdenfeindlich erzogen worden, ist erschreckend hoch. Man versteckt dann seine Ablehnung hinter politischer Empörung, sagt marode Schulen der eigenen Kinder und fügt an, warum dann Hilfe für Migranten und Flüchtlinge. Das ist schick am Stammtisch und offenbart doch ein braunes Gedankengut, das immer gefährlicher wird, weil es gesellschaftlicher Konsens zu werden droht.

Wenn nur noch die Wählerstimmen zählen, lädt man Schuld auf sich!

Politik derweil handelt, wie sie immer handelt, sie fürchtet um Wählerstimmen, einerseits um die von „Stammdeutschen“, andererseits um die von neuen Mitbürgern, die als integrierte Muslime seit Generationen unter uns leben. Und diesmal aus falschem Verständnis, denn längst ist klar, wenn es um Rückkehrer von ISIS-Unterstützern geht, ist die muslimische Mitbürgerschaft einer Meinung mit denen, die sie als Migranten sehen, egal, wie lange sie hier leben, schon die Unterstützung, Ausbildung Ausreise gehört bestraft. Und wie einst ist es auch heute, erneut stehen wir vor Gesetzen, die besagen, erst wenn ausdrücklich ein Mord nachgewiesen kann, ist strafzuverfolgen. Und damals geschah zu selten selbst dass, denn über einen Trick schuf Politik einen Verjährungsparagraphen selbst dafür.

Woher die Ablehnung und der Hass also kommen? Er erwuchs aus denen, die eben keine Justiz aburteilen wollte, wucherte in zu vielen Familien weiter, weil nicht aufgearbeitet wurde, man sich keiner Schuld bewusst werden musste, weil untergründig versteckt erzogen wurde, und dazu reichen schon nicht gerügte Witze gegen Migranten, die jüdische Bevölkerung, da reicht es, wenn in der Erziehung nicht gesagt wird, warum man gewisse Dinge lieber unterlässt,warum man eben den Schulkameraden nicht als „Kümmeltürken“ bezeichnen sollte. Unterlassung in der Erziehung ist auch erzieherisches Versagen der Gesellschaft.

Es ist Zeit, sich auseinanderzusetzen mit Erziehungsfehlern, warum das so lange ignoriert wurde, es ist Zeit, dass wieder in den Schulen über Schuld und Versagen gesprochen wird, auch wenn viele meinen, zu viele, es ginge sie das nichts an. Tut es doch, denn das erzieherische Versagen zieht sich derweil über Generationen und die Schuld daran, wie wir unsere Mitbürger anderer Kulturkreise und Flüchtlinge ansehen auch.

©denise-a. langner-urso