Sexismusdebatte – Workaholic vs. Brüderle

©Gerd Altmann  / pixelio.de

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Es reicht! Es hängt einem zum Halse raus, es nervt. Hat die Welt keine anderen Probleme mehr, als sich mit einer Konversation zwischen einer Workaholikerin und einem Politiker zu befassen, der meint, er habe irgendwann das Recht auf einen ruhigen Feierabend?

Nein, da trifft jemand, der offensichtlich 24 Stunden erreichbar zu sein hat und meint arbeiten zu müssen, auf einen, dessen Tag bei einem Glas Wein ausklingen soll und provoziert so lange, bis er genau das erreicht, was eine Schlagzeile wert ist, aus Sicht gewisser Schmierenblätter, irgendwann, wenn man den Zeitpunkt für geeignet hält, um dem anderen möglichst großen Schaden zu zufügen.

Da hockt jemand also und will entspannen, wird hinterhältig von der Seite an gebaggert mit einem altersdiskriminierenden Spruch, der nicht gerade fein ist, und fällt darauf herein. So jemand kann einem Leid tun. Mann ist diskret und rennt nicht los, beschwert sich bei einer Redaktion, was ebenso schlimm wäre, wie das, was hier geschah, tönte doch umgehend der Ruf durch sämtliche Medien, hier versuche jemand die Presse zu beeinflussen.

Nein Mann schweigt und sagt nicht, wieso hetzt man mir jemanden auf den Hals, der mich um Mitternacht von der Seite anlabert, um mich in unhöflicher Weise auf mein Alter anzusprechen? Mann schweigt, ist höflich, spielt das miese, intrigante Spiel mit, es nicht durchschauend.

Frau aber hätte auch am Zimmer klopfen können. Hätte Mann geöffnet wäre die Situation ähnlich gewesen, wie jetzt. Sie, die vielleicht unter dem Mäntelchen ein Miniröckchen angehabt hätte und dazu absichtlich zerzauste Haare, hätte Hilfe geschrien, wer hätte wohl wem geglaubt, selbst wenn nichts passiert wäre? Genau in dieser Situation befindet sich Brüderle jetzt.

Ein Mann, der noch die „Alte Schule“ beherrscht, der ein Gläschen gehoben hat am Feierabend, der sich in der Freizeit wähnt, wird wie ein Teenager von der Seite mit einem dümmlichen Spruch angebaggert, fällt darauf rein, küsst dieser Dame die Hand und ist also Sexist? Man fasst sich wirklich an den Kopf!

Von Jugendlichen erwartet die Gesellschaft „Benimm“ und ärgert sich, wenn Mädchengruppen einem Jungen nach pfeifen, was heute ständig passiert, und wenn das andere Geschlecht es tut, dann ist das Sexismus?

Ganz ehrlich, weiß diese Gesellschaft eigentlich noch was sie will? Und warum gilt für einen Politiker der Feierabend dann nicht, wenn er einem Workaholic gegenübersteht, der einfach nicht abschalten kann? Gibt es denn zwischen privatem Entspannen und Arbeit gar keine Grenze mehr? Und darf also jetzt ein Journalist, dürfen die Medien jetzt also festlegen, wann ein Mensch sein Privatleben genießen darf und wann nicht? Bestimmen jetzt Journalisten, wann der Arbeitstag von Politikern endet und können ihn in Kraft setzen?

Und wenn eine Journalistin so wenig Feingefühl hat, dass sie nicht mehr differenziert, ob ihr männliches Gegenüber auf Freizeit geschaltet hat, dann fehlt ihr für diesen Beruf genau das Gespür, das gute Journalisten haben sollten. Dann kommt es einer Situation gleich, in der ein Mann eine angetrunkene Frau mit auf sein Zimmer nimmt und deren hilflose Lage ausnutzt.Punkt!

Und wo bleibt dann das Vertrauen, wenn Journalismus so hinterhältig benutzt wird? Vielleicht braucht die Gesellschaft ja vor der Sexismusdebatte erst einmal eine Debatte über Grenzüberschreitungen der Medien und eine Regelung, ab wann die Arbeitszeit eines Journalisten zu enden hat, ob man alkoholisierte Zustände ausnutzen darf, ob ein Arbeitstag endet, und wann, wenn nicht gerade fremde Truppen Deutschland angreifen oder irgendwo in Kleindörfli ein AKW explodiert!

Nein, mir geht unsere Erbsenzählerei gewaltig gegen den Strich. Demnächst starten dann irgendwelche eingeschnappten Berliner vielleicht eine Ausgrenzungsdebatte, weil die Frankfurter Allgemeine eben so heißt, wie sie heißt und weil Berliner sich dadurch ausgegrenzt fühlen und weil man daraus vielleicht schließen könnte, Berliner Leser seinen unerwünscht. Oder wir stürzen uns auf Firmenlogos und starten darüber Debatten, ob sie uns gefallen und irgendjemanden ausgrenzen oder sexistisch sind, weil wir zum Beispiel im Onlineshop von packzilla.de einkaufen wollen und dort auf ein wunderschönes Bild auf der Hauptseite stoßen, auf dem eben nur eine Frau aber kein Mann und schon gar kein Migrant oder eine Migrantin zuzüglich abgebildet sind. …

Und jetzt will ich von dem Sexismusmüll nichts mehr lesen, oder springen demnächst die Medien nur noch auf elende „He said, She said“-Züge und „Ghossip“-Transrapids?

Dann allerdings sind sie allesamt wahrlich tief gesunken!

Und vielleicht sollten wir doch wieder eine Mauer quer durch Deutschland ziehen, und auf der einen Seite sperren wir die Männer und auf der anderen die Frauen ein, bei der Debattenkultur wäre genau das am besten, dann sind die Emanzen endlich die Männer los und können in Deutsch-Amazonien mit sich selber Ringel Ringel Reihe tanzen …

Eins aber ist sicher, sogar als Frau ziehe ich die Seite der Männer vor, und stelle umgehend dorthin einen Einreiseantrag, und wenn ich die einzige wäre, gewisse Mitglieder meines Geschlechts sind mir definitiv zu verlogen, hinterhältig und intrigant!

©denise-a. langner-urso