Syrienkonflikt – Definieren Sie „Weltkrieg“

Sinnieren wir einfach einmal vor uns hin. Schließlich ist Wochenende und das Wetter grauenhaft. Man könnte es auch denken nennen, denn „Gedanken sind frei“ heißt es immer so vornehm. Lasset uns also denken, mitdenken …

Wir alle haben gelernt, wie ein Weltkrieg auszusehen hat, derer es zwei im letzten Jahrhundert gab, und wir definieren ihn über Millionen Tote, Vertreibung und über-kontinentale Zerstörung. Hoffentlich, wird die Welt einen so, ich nenne es bewusst destruktiven Krieg, nie wieder erleben, denn wie man den letzten beendete, das wird die Weltgemeinschaft hoffentlich nie vergessen. Das wirft die Frage auf, ob das Wort Weltkrieg nicht derweil unter ganz anderen Gesichtspunkten definiert werden muss. Die Interessenmächte, ich nenne diese bewusst nicht Weltmächte, haben hinzu gelernt. Ihre Akteure mögen an der Spitze ähnlich besetzt sein, haben neue Verbündete gewonnen.

Die eine Macht, ist die Nato, um nur auf das westliche Interessenbündnis einzugehen. Und ich behaupte, die Interessen liegen heute nicht in der Beendigung des Leidens von Menschen, sie sind derweil geopolitischer, strategischer, wirtschaftlicher und auch kultureller Art.

Vielleicht tobt gerade jetzt unter Benutzung Syriens das, was Historiker einst als Dritten Weltkrieg bezeichnen werden.

Schauen wir uns die Region um Syrien einmal an, so stellen wir fest, nicht nur die Nato und ihre Verbündeten (mit Israel) haben dort Interessen als unsichtbare Kriegsparteien, die die Rebellen mehr oder weniger finanziell und materiell unterstützen, nein, auch Russland und China sowie regionale Anrainer unterstützen die, von deren Sieg sie sich am Ende der Auseinandersetzung in irgendeiner Form einen Vorteil versprechen, Einfluss kultureller, finanzieller, strategischer Art. Der Iran etwa, um nicht alle Beispiele zu nennen, an erster Stelle.

Die Türkei liefert sich derweil, wie man es nennt, Gefechte an der syrischen Grenze, um die Wahrheit zu sagen, als Stellvertreter der Nato mit ihren derzeit 28 Mitgliedern. Russland muss aus seiner Position heraus sich bedeckt halten, hockt zwischen allen Stühlen, und doch ist derweil, wenn man es genau betrachtet, der Bündnisfall eingetreten. 28! Staaten also könnten eine Truppengemeinschaft bilden, wie auch immer besetzt und involviert, und der Türkei Unterstützung liefern. Betrachtet man dazu die Karte jener Staaten wird schnell klar, Europa befindet sich dann (eigentlich schon) im Krieg.

Hinzu kommen, arabische/afrikanische Nationen unterschiedlicher Interessen, die sich am Konflikt beteiligen, was mehr oder weniger unsichtbar ja bereits geschieht, sei es durch Waffen, finanzielle Mittel, Söldner.

Womit wir bei Iran wären. Dort liefert sich die westliche Welt eine Art psychologischen Krieges. Sanktionen genannt. Die Säbel rasseln lauter und lauter von Israel aus, vom Iran her. Was, wenn Israel so provoziert wird, dass es sich verhält, wie die Türkei?

Was wenn die „Wertegemeinschaft“ sich bekennen muss? Fällt dann die Maske? Israel unterstützen wir dann nicht nur verbal, mit liebevollen Worten, sondern mit Truppen, Waffen? Greifen die Verbündeten von der Nato dann ein? Und welch hässliches Gesicht offenbart sich dann? Zeigt man dann der Türkei? Ihr seid nicht so ganz nah bei uns, weil unsere Werte nicht so ganz mit unseren übereinstimmen. Wird das dann deutlich?

Menschenrechte,Demokratie, das ist sonst das Schwert, das man gerne vor sich her trägt. Und dann, welche Menschenrechte sind eigentlich mehr Wert, welche Art der Demokratie? Welcher Partner, den man unterstützt zählt mehr? Welche Menschen und wo, warum?

Kann man so offen von Partnerschaft reden? Und nein, natürlich will niemand eine Kriegsteilnahme herbei reden. Aber es gibt Fragen, sie stellen sich gerade, wie ehrlich man ist, denen gegenüber, die man als Partner bezeichnet, benutzt, scheinbar aber nur dann, wenn es einem gerade in den Kram passt, politisch, strategisch, wirtschaftlich.

Ist das nicht der Gipfel der Verlogenheit? Kein Wunder also, wenn man so Partner verliert, die Türkei zieht sich ja immer mehr zurück, verschließt sich, wendet sich anderen zu, von denen sie mehr erwartet, mehr Rückhalt erhält. Gehört das auch zur westlichen Strategie, einer, die wir noch nicht kennen? Dann wäre es allerdings an der Zeit, wenn man diese vielleicht erklärt, in ihrer Sinnentleertheit.

Von Saudi-Arabien oder Ägypten und anderen Staaten, in denen es halbwegs friedlich zu sein scheint, oberflächlich betrachtet, wollen wir gar nicht reden …

Hinzu kommt Afghanistan und die dortige politisch gefährliche Kraft der Taliban. Dort finden wir einen Nebenkriegsschauplatz, eine Region, in deren Konflikte Pakistan und Indien eine Rolle spielen, wobei es um kulturelle Interessen, die aber auf wirtschaftliche Macht und Regierungsübernahme hinaus laufen, eine wesentliche Rolle spielen. Und auch von dort wird eingegriffen, wenn wir etwas genauer hinsehen. Und wer wirklich welche Interessen vertritt, eingreift, das bleibt ebenso im Dunkeln, wie die derzeitige Lage in Syrien und die Frage, wer von dort aus wirklich mit welchen Interessen die Türkei in den Konflikt hinein ziehen will.

Hinzu kommt der Schutz Israels, ein weiterer Nebenkriegsschauplatz, unbemerkt, mehr oder weniger involviert, derzeit, aber mit den selben „Feinden“ wie sie der Türkei (?), der Nato gegenüber stehen. Wobei hier die zwiespältige, schwierige Rolle der Türkei zu betrachten bleibt. Die Türkei bereits offensichtlicher Kriegsteilnehmer mit eigentlich offener Flanke, mit dem Problem behaftet, die kurdischen Interessen entgegen stehen, vielleicht demnächst an wirklich zwei Fronten zugange, wenn das jemandem Nutzen sollte (wem auch immer).

Wer sich also einmal nur mit den verwirrenden Bündnisverpflichtungen, Interessen und geostrategischen Optionen befasst, der stellt sehr schnell eine Interessenverflechtung wie vor dem ersten Weltkrieg fest, eine ähnliche Situation, die „vertragsseitig“ herrscht.

Und wer dann die Konflikte auf einer Weltkarte einzeichnet, samt aller involvierten Staaten, der kann leicht zu einer neuen Definition von „Weltkrieg“ kommen, stellt fest, dass dieser vielleicht gerade im Gange ist.

Nur zu sagen wagt es sich niemand, denken und Schlussfolgerungen ziehen, damit lässt man die Menschen allein.

Etwas mehr Ehrlichkeit seitens der Weltgemeinschaft wäre angebracht, denn noch ist nicht klar, mit welchen wahnsinnigen Waffen man diesen beenden will, wenn einer „Interessengemeinschaft“ dafür die Rechtfertigung fehlt, die finanziellen Mittel ausgehen, sie sich in die Ecke gedrängt und überfordert fühlt.

Denn im Krieg kennt die andere Seite dann kein Pardon, und es ist fraglich, wie man dann einen Friedensplan aufsetzen, zu Friedensverhandlungen kommen will, wenn man den Menschen vorab die Wahrheit verschwiegen, eigentlich ja gar keinen Krieg geführt hat.

Und an China haben wir in diesem Zusammenhang nicht einmal gedacht …

Und jetzt zur eigentlichen Aufgabe: Bitte definieren Sie unter Zuhilfenahme des „Syrienkonfliktes“ den Begriff „Weltkrieg“. Wie wird dieser im 21. Jahrhundert geführt? Was ist die Ursache? Wer sind die Opfer, wie kann man ihn beenden? Ist der Begriff gerechtfertigt? …Bitte verwurschteln Sie.

©denise-a. langner-urso