Steinmeier fordert Medienvielfalt und besseren Journalismus

In der FAZ ist ein geniales Interview von Frank Walter Steinmeier mit dem Titel Voll auf die Presse erschienen, und das, was mir dazu zuerst einfällt, nachdem ich es komplett gelesen habe ist, Medien müssen nicht unbedingt auf Papier gedruckt sein, Herr Steinmeier, das ist nicht gerade umweltfreundlich, und doch zeigt innerhalb des Interviews ja Steinmeier selbst wo das Problem liegt, wenn es zum Beispiel aufzeigt, welche Zeitungen so abonniert werden, und die sind nun eben einmal alle gedruckt erhältlich.

Und dieses Interview ist, einmal genau betrachtet, ein einziges Armutszeugnis, beweist es doch einmal mehr, wie weit Politik und eben Politiker wie Herr Steinmeier sich inzwischen von der Realität entfernt haben. Und entweder wollen sie diese im Elfenbeinturm nicht sehen, oder sie können es tatsächlich nicht. Nur wer weder das eine noch das andere nicht kann, der gehört nicht in die Politik, da gehören Menschen hin, die auf die Realität bezogen denken und argumentieren können, die ändern und Zustände verbessern wollen.

Zeitungen unterliegen ökonomischem und ökologischem Druck

Herr Steinmeier vergisst bei seiner Forderung nach mehr Medienvielfalt, bewusst oder unbewusst, viele Dinge, was eigentlich unverständlich ist, erwartet man doch von einem Politiker, dass er Dinge, die zu so einer Schrumpfung führen, auch berücksichtigt und offen und ehrlich anspricht, aber das ist längst von Politikern nicht mehr zu erwarten. Es geht nämlich um Wachstum, das ist das einzige, was derzeit überhaupt noch zählt, es geht um Wirtschaftlichkeit und um Ressourcen, und wenn wir schon von Ressourcen sprechen, dann verstehen Wirtschaft und Industrie, und die Zeitungsindustrie macht da keine Ausnahme, Herr Steinmeier, zuerst immer das Einsparen der Ressource Mensch, denn dessen Arbeitskraft belastet Wirtschaft und Industrie am meisten, ist am teuersten.

Hinzu kommt der Druck, Energie sparen zu müssen, und wer Zeitungen drucken will, der weiß, Energiekosten sind ein wahnsinniger Faktor, und Herr Steinmeier will sicher nicht behaupten, dieser Kostenfaktor sei in den letzten Jahren ins Bodenlose gefallen. Hinzu kommen wunderschöne Sonntagsreden im Bundestag, die ständig von Umweltschutz faseln, davon, Wälder zu schonen und so weiter und so fort.

Medien, die man gedruckt kaufen will, lieber Herr Steinmeier, die benötigen eben dann vielleicht Unmengen gewisser Hölzer und Co, und die können nicht zuwarten bis Bäume nachwachsen. Wenn also Medien anders erscheinen, und sie verschwinden ja nicht, sie erscheinen nur anders, im Neuland nämlich, dann ist das ein Beitrag zu dem, was mehrere Generationen von Politikern in trauter Einigkeit mit der eigenen Wählerschaft unisono über Dekaden gefordert haben, zum Umweltschutz zu Einsparung von Energie.

Verschenkte Zukunft, verschenktes Wachstum

Soweit so gut. Auf der anderen Seite beobachten wir aber auch, gewisse Dinge werden von der Bundeskanzlerin ausdrücklich in der EU boykottiert, wie verbesserter Umweltschutz etwa, was immer dann erkenntlich wird, wenn es der Automobilindustrie oder den Autofahrern daheim an den Kragen gehen und Dinge sich verteuern sollen, hinzu kommt einerseits die derweil immer mehr zur Farce werdende Forderung nach einer Energiewende, derweil die SPD Kohle predigt. Schizophrener kann Politik nicht sein, Herr Steinmeier, und da kommt irgendwann das Volk nicht mehr mit, heißt es doch heute Hüh und morgen Hott. Was heute gefördert wird, das wird morgen schon über Bord geworfen, und seit einiger Zeit befindet sich dieses einst wirklich fortschrittliche Land, vielfältig auf dem Rückschritt in nahezu vorsintflutliche Zeiten, neue Technologien betreffend, und die Weiterentwicklung, die spätere Ausbeute, die überlässt man immer öfter China und Co.

Aber zurück zu den Medien – Wissen und Bildung auf dem Rückzug

Steinmeier also fordert mehr Vielfalt, wobei er vergisst, die Vielfalt ist ja da, sie liegt nur eben in Neuland vor, nur da, und dabei verweise ich auf den vorherigen Absatz ist Deutschland nicht nur nicht angekommen, es verabscheut es sogar, dreht auf halbem Weg gerade wieder um, wie es ein Artikel aus dem Cicero hervorragend beweist: Internetwissen auf dem Rückzug
Deutschland ist digitales Entwicklungsland

Die Politik hat das Internet behandelt wie ein Stiefkind, tut es bis heute, was sich am schleppenden Ausbau schneller Internetzugänge beweist. Längst arbeitet der Internationale Gerichtshof für Menschenrechte mit Laptops im Gerichtssaal, ist hoch modern ausgestattet, davon können unsere Gerichte nur träumen. Ich behaupte einmal, würde dorthin ein Deutscher Richter wechseln wollen, er stünde vor den technischen Erneuerungen wie eine Kuh vor dem geschlossenen Scheunentor, man könnte ja schon dankbar sein, wenn unser Richter überhaupt wüsste, wie er so ein Arbeitsmittel/Laptop überhaupt einzuschalten hätte.

Und schaue ich mir an, mit welchen Aktenbergen so mancher Politiker in den Bundestag marschiert, und wie er sich dann während der Sitzungen mit Papieren beschäftigt, und diese mit Textmarkern markiert, dann wird es mir schlecht, Herr Steinmeier. Ich halte es ja schon für ein Wunder, dass der Finanzminister Sudokus an so einem modernen Gerät löst und die Bundeskanzlerin wenigstens ihr Handy halbwegs zu nutzen in der Lage ist!

Und ja, politisch, per Lobbyisten so durchgesetzt, zählt in diesem Land nur noch radikales Wachstum bis zur Monopolbildung, und da kommt der Außenminister daher und fordert ausgerechnet von den Medien Vielfalt und „Ressourcenverschwendung“, sprich Journalisten ins Ausland, menschliche Ressourcen also, mehr gedruckte Zeitungen und Co, was zu Wasserverschmutzung, Wasserverbrauch, Energieaufwand und damit verbundenen Kosten, und so weiter führen würde. Ganz ehrlich Herr Steinmeier, unglaubwürdiger geht es wirklich nicht, sie fordern die Quadratur des Kreises!

Bei der Forderung nach mehr Unabhängigkeit wird es lächerlich

Auf der einen Seite also fordert Steinmeier mehr Vielfalt, und die bitte gedruckt, obwohl die Vielfalt ja im Internet durchaus zu finden ist, nur unterstützt die SPD eben politische Hausmedien aller Couleur von SPD bis CDU, bis zu Medien, die eher den Grünen oder der Linken zuzuordnen sind, und wo das jeweilige Lager die Aufsichtsräte mit mindestens einer Person besetzt hat. Und da wird sich eingemischt, wenn es um Redaktionsbesetzungen geht, alles andere ist gelogen, kann einer behaupten was er will, was ja auch dann deutlich wird, wenn irgendwann ein Medienbericht irgendeinem Politiker nicht in den Kram passt, was auch schon einmal dazu führen kann, dass sogar Bundespräsidenten sich mehr oder weniger harsch persönlich beschweren. Und Herr Steinmeier fordert mehr Unabhängigkeit, mehr Meinung, andere Meinung.

Herr Steinmeier also will nicht Medien, die in eine Richtung blasen, nicht überall den selben Tenor lesen. Klasse, Herr Steinmeier, sie gewährleisten das ja nicht einmal parteiintern, so wie es andere Parteien auch nicht wünschen, wenn eines ihrer Schäfchen eine andere Meinung hat, Herren wie Bosbach bekommen das oft zu spüren. Und von Gewissensfreiheit und Freigabe von Abstimmungen, auf dass der Abgeordnete nach seinem Gewissen abstimmen kann, davon will ich hier gar nicht erst reden.

Genau das aber, was ich oben nenne, das fordert Herr Steinmeier von den großen Massenblättern. Ich erinnere nur einmal an die Ukrainekrise, und ich will gar nicht wissen, was passieren würde, wenn ein Hausmedium der SPD in eine andere Richtung und Putin verteidigend, seinen Standpunkt berücksichtigend von beginn der Krise an berichtet hätte. Die SPD wäre doch die erste Partei gewesen, die empört „Putinfreund“ geschrien hätte, war man doch gerade dabei, es sich unter dem Tisch der Bundeskanzlerin so richtig in einer Koalition gemütlich zu machen. Anders gesagt, ich glaube Herrn Steinmeier kein Wort.

Vielfalt ist vorhanden, man muss sie nur wahrnehmen wollen

Und wenn Herr Steinmeier andere Medien lesen und fördern will, davon gibt es genug, sie befinden sich eben aber in Neuland und es gibt sie eben nicht in gedruckter Form, was ihnen ihr Überleben massiv einerseits erleichtert, andererseits sie aber mehr schlecht als recht, vor sich hin dümpeln lässt, denn diese abonniert die SPD offensichtlich nicht, unterstützt sie nicht durch Werbebanner, Werbeplatzierungen. Und genau diese Medien, Blogs genannt, die sind in der Regel auch dann nicht käuflich, sollte so etwas passieren, die haben keine Politik im Aufsichtsrat, da lassen sich Autoren nicht in ein Korsett zwängen, bleiben kritisch, auch wenn sie Gelder erhalten. Man muss solche Medien eben nur suchen, sich nach Neuland begeben wollen, solche Medien und damit die Vielfalt durch Spenden und Co fördern, die man eben auf dem normalen Markt und in Druckform nicht findet, dann hat man die Vielfalt, die man sucht, wenn es denn nicht nur Ausrede für politisches Versagen ist.

Steinmeier will Vielfalt und Unabhängigkeit? Dann beweise er das!

Politik hat Vorbildfunktion, gibt den Weg vor. Das Volk folgt, wenn es Sinn macht und es ernst gemeint ist. Und die Wirtschaft, die würde den Parteien die Füße küssen, wenn politisch endlich umgesetzt würde, woran es mangelt, an Wissen um all das, was Arbeitnehmer brauchen, um wirtschaftlich und als Arbeitnehmer gebraucht zu werden und wenn Deutschland die Bildung betreffend endlich aufrüsten und lang Vernachlässigtes endlich in Angriff nehmen würde. Denn daraus und nur dadurch, bei guter Bildung beginnend, neue Technologien fördernd, entsteht Wachstum, ist es dauerhaft garantiert. Und dazu gehört eben Bildung um all das, was „Neuland“ betrifft. Ist doch jetzt schon kaum noch eine Steuererklärung oder gar Bewerbung ohne solches Wissen denkbar. Und wer wenn nicht Schulen lehren dass, was der Mensch zum Überleben braucht?

Gehen Sie voran Herr Steinmeier, seien Sie und die SPD Vorbild

Denn das hilft ja nicht nur denen, die die alte Tante SPD bis heute vortäuscht, sie zu vertreten, den Arbeitnehmern, es hilft auch denen, die sie offensichtlich nur und einzig derzeit vehement vertritt, der Wirtschaft.

Vielleicht beginnt der Außenminister ja demnächst damit, es ist ja bald Weihnachten, dass er all seinen Abgeordneten der Partei zu diesem Fest einen Laptop und einen Einführungskurs in den Umgang damit und mit dem Internet schenkt. Und gleichzeitig verkauft die SPD ihre Medien auf dem freien Markt, zieht sich komplett aus den Aufsichtsräten und Vorständen dieser zurück, fördert einige der vorhandenen sehr guten Onlinemedien durch Spenden oder Werbung, setzt sich dafür ein, dass die VG Wort ihre Klickraten zur Ausschüttung an kleiner Medien ändert, anders staffelt, ab 200 in keineren Schritten. All das trüge zur Forderung und Vielfalt nämlich durchaus bei, das fordert die kleineren Journalisten und „Blätter“ im Internet.

Dann zumindest würde ich Steinmeier glauben, dass er fehlende Medienvielfalt und besseren Journalismus tatsächlich nicht nur auf dem Papier und populistisch in einer Sonntagsrede will und fordert …

Und hinzu muss natürlich mehr Geld in Bildung und Schulen fließen, der Umgang mit den neuen Medien gefördert werden, Schulden gehören ans Netz, mit Computern ausgestattet und ein Laptop in jede Schultüte von Schulanfängern.

©denise-a. langner-urso