Von Aspirin und Schnappatmung

 

Egal zu welchem Thema die Medien heute schreiben, egal, wie genau berichtet wird oder wie kurz und knapp Medienberichte sind, eins ist den Verfassern garantiert, Wut und der Vorwurf nicht genauer Recherche, zuweilen sogar der Vorwurf politisch beeinflußt schreiben zu müssen. Und ja, früher war manches besser, zu einer Zeit, als es das Internet noch nicht gab, denn zu dieser Zeit musste man sich als Leser, wenn man denn seinen Kommentar zum beschriebenen Thema loswerden wollte, einige Mühe machen. Man brauchte dafür eine Briefmarke, Stift, Papier und einen Umschlag, man musste das verfasste Werk eintüten und zum Briefkasten bringen.

All das entfällt heute, und die Kommentarspalten, sofern offen, füllen sich innerhalb von Minuten mit mehr oder weniger schönen Kommentaren. Man bekommt die Gelegenheit sich an Diskussionen zeitnah zu beteiligen, und für viele nette Mitbürger ist es derweil zum Volkssport geworden, entweder gleich alle Medien, zuweilen nur den Autor, meist aber gleich auch die Regierung im Rundumschlag zu beschimpfen, weil das kann ja alles nicht sein und überhaupt.

Heute nun erscheint bei Spiegel Online ein Bericht zu Lieferengpässen bei einem intravenösen Medikament, Aspirin nämlich, und so kurz und knapp der Autor auch beschreibt, und das erinnert schon an eine Kurznachricht, so schnell füllt sich die Kommentarspalte, denn oh Wunder, es wird eine amerikanische Aufsichtsbehörde im Zusammenhang mit dem Lieferengpass bei Aspirin erwähnt.

Ich bin darüber übrigens auch kurz gestolpert, nur denke ich kurz nach, wie denn Bayer mit einer amerikanischen Aufsichtsbehörde im Zusammenhang stehen könnte, und siehe da, bei Bayer war doch etwas, da steht ja Mosanto und ein Zusammenschluss im Raum. Und dass in so einem Zusammenhang nicht zwei Konzernchefs alleine hinter verschlossener Tür hocken und irgendwelche Übernahmeverträge ausbaldowern, das sollte jedem vernünftigen Menschen eigentlich klar sein, denn es geht um Großunternehmen und nicht die „Malerei Kleinkleckerweis“ mit ein oder zwei Mitarbeitern von nebenan.

Zudem handelt es sich um multinationale Konzerne, was auf gut deutsch bedeutet: multi/viel national oder über viele Nationen verteilt und nicht nur irgendwo im deutsche Hinterkuhkaff ansässig.

Dass also im Rahmen solcher Großkonzerne und im Zusammenhang mit Zusammenschlüssen und internationalem Handel ein paar mehr Menschen und Behörden beteiligt sind und prüfen, bis hin zu jeweiligen Kartellbehörden, das dürfte beim Nachdenken klar sein. Das nennt sich neudeutsch übrigens Globalisierung, falls irgendjemand noch nicht wissen sollte, was damit gemeint ist.

Im Forum zum Artikel wird aber schnell klar, die Empörungsmaschinerie läuft umgehend heiß, und da wird sogar nach staatlicher Aufsicht gerufen, was soweit geht zu fordern, die Regierung habe doch bitte dafür zu sorgen, dass es zu Engpässen nicht kommt bei so wichtigen Medikamenten, und überhaupt gehört solche Versorgung in staatliche Hand und unter eben diese Aufsicht, und was haben denn bitte böse amerikanische Aufsichtsbehörden auf unserem Boden bei Bayer zu suchen, wobei vergessen wird, dass die Lieferengpässe ja nicht einmal hier bei uns sondern in einem Werk in Frankreich stattfinden, wo das Aspirin offensichtlich, wenn man genau gelesen hat, produziert wird.

Noch alberner wird es aber, wenn zum Beispiel ein Forist zum Thema anmerkt, dies sei ja alles kein Problem, der Kunde habe bei der Apotheke seines Vertrauens ja ASS zu Verfügung, wobei er sein komplettes Halb-Wissen um Medizin und Generika in den Raum wirft und einen ratlos macht, denn kein Patient muss jetzt panisch zur Apotheke seines Vertrauens marschieren, aus Angst, dort sei in einer Stunde kein Aspirin mehr vorrätig, wenn er urplötzlich von rasendem Kopfschmerz überfallen wird, wenn im Artikel die Rede von intravenöser Verabreichung bei Operationen die Rede ist, was bedeuted, es handelt sich um ein Präparat, das dem Patienten gespitzt oder per Infusion verabreicht wird, und welches man als Normalbürger also gewiss nicht daheim auf Vorrat gelagert haben muss und kann. Man kann sich also nur an den Kopf fassen, bei so gebildeten Foristen.

Und ja, es gab tatsächlich etwas, das war früher besser, nämlich sich die Mühe machen zu müssen, seinen Sabbel zum Thema allenfalls per Snail-Mail einreichen zu können, und da wurde dann auch nichts alles veröffentlicht um 2Klicks“ generieren und so Leserzahlen in die Höhe treiben zu müssen, was gerade noch halbwegs politisch korrekt war, da wurde eventuell hier und da abgedruckt, was auch Hand und Fuß hatte. Und das war auch besser für die Gesundheit, nicht nur der von Foristen, die bei jedem Artikel derartige Schnappatnung bekommen, dass etwas weiter oben der Sauerstoof für jene Zellen fehlt, die man zum Denken dringend braucht. …

©denise-a. langner-urso