Klappe halten, Altkanzler! Politische Einflussnahme beschädigt die Demokratie

Am 10. Juli soll das Verfassungsgericht über den ESM entscheiden. So ist die Sachlage. Entschieden werden soll über etwas, das die Kompetenz aller am Konstrukt beteiligten politischen Kräfte bei weitem übersteigt. Die Verfassungsmäßigkeit ist zu prüfen, und ob das Grundgesetz die weitreichende Abgabe von Souveränität des Staates an eine Brüsseler Überregierung zulässt, ob das mit den Rechten des Bürgers vereinbar ist, wenn ein Parlament die Selbstbestimmung auf eine Finanzbehörde samt Haushaltsrecht überträgt. Nicht mehr, nicht weniger.

Längst hat die Bevölkerung den Eindruck, nur noch Abnickvieh zu sein, von einer Einheitspartei regiert zu werden, weil eine komplette Opposition versagt, nur, um am Sessel zu kleben, weil sie Neuwahlen fürchtet, aus Angst vor dem Volk. Aber, ein Parlament wird nun einmal vom Volk gewählt, hat dessen Mehrheitswillen abzuwägen, und auch, wenn dieser nicht mehr wahrnehmbar ist, ihn vorzeitig zu prüfen, so gehört sich das in einer Demokratie, speziell dann, wenn immer öfter die Regierungsparteien ihre eigene Mehrheit in Fragen nicht mehr zusammenbekommen, weil eigene Abgeordnete, die eben auch Stimmen erhielten, den Willen ihrer Wähler verletzt sehen.

Eine Volksabstimmung oder Neuwahlen wären, handelte es sich um ehrliche Volksvertreter, dann angesagt. Längst hat die Bevölkerung, haben die Wähler erkannt, dass ihr Wille plötzlich ad Absurdum geführt, Macht missbraucht wird, er nicht befragt wird, seine Stimme nichts wert ist, wenn es um wirtschaftspolitische Fragen geht, weil Wachstum zählt, nicht der Mensch. Die Politikverdrossenheit wächst, dem Populismus wurden Tür und Tor geöffnet, das Unwort „alternativlos“ wurde hoffähig.

Es gibt immer Alternativen, sonst würde man Menschen nicht umschulen, versuchen, sie in andere Tätigkeiten zu bringen, ect. Politik hat auch noch nie so erpresserisch agiert, mit Existenzangst versucht man die Wähler einzuschüchtern, mit Angst vor Arbeitsplatzverlust und Altersarmut, Hauptsache, sie wählen jene Vertreter in die Parlamente, die einer Wirtschaftslobby nahestehen, direkte Kontakte in den Bankenbereich pflegen, ect. Mit freien, unabhängigen Volksvertretern und Gewissensfreiheit hat all das nichts mehr zu tun. Die Demokratie wurde schwer beschädigt.

In der derzeitigen Lage, der Frage der Souveränitätsabgabe bis zur Selbstaufgabe des Staates aber nehmen Beeinflussungen selbst oberster Gerichte explosionsartig zu. Über die Medien mischen sich Altkanzler und -bundespräsidenten ein, die die Geschichte aus dem Amt gefegt hat. Großeltern wollen die Geschichte ihrer Enkel schreiben, so als habe ein ganzes Volk die Füße unter ihren Tisch zu stecken. Es geht aber nicht um sie, es geht um die Zukunft einer anderen Generation. Ob diese die Politik ihrer Eltern und Großeltern aber noch tragen, sich bevormunden lassen will, das interessiert niemanden. Zuerst gehört das Volk befragt, und zwar auch bereits die 16 Jährigen, denn um ihre Zukunft geht es.

Und wie im Bundestag gehört zu einer so weitreichenden Entscheidung, wie beim ESM, auch, dass die Wahlbeteiligung mindestens Zweidrittel der Bevölkerung betragen muss. Und von diesen Zweidritteln muss erneut eine Zweidrittelmehrheit sich aussprechen, für das, was die politischen Vertreter gerne durchdrücken wollen. Das wäre echte Demokratie, dann erst kennt man wirklich den Willen des Volkes.

Ansonsten aber ist es dringend empfohlen, einen politischen Führerschein einzuführen, der regelmäßig überprüft wird. Ein Altkanzler aus einem anderen Jahrhundert hat nicht über die Medien so massive Beeinflussungsversuche zu unternehmen, wie Altkanzler Schmidt das tut, andere Politiker übrigens auch nicht. Das spricht von mangelndem Demokratieverständnis, und wenn das nicht vorhanden ist, wenn man versucht, Gerichte zu nötigen, dann gehört das bestraft, egal ob im Amt oder nicht.
Was der Altkanzler und andere politisch aktive Personen versuchen, ist Nötigung, man fordert Gefälligkeitsgutachten, das ist Beeinflussung in der Sache. Gerichte haben unabhängige Urteile möglichst unbeeinflusst zu sprechen, aber kann das noch der Fall sein, wenn Richter, die berufen werden, aus Parteien stammen, diesen bekannterweise nahestehen?

Die Bürger haben den Eindruck ebenfalls nicht mehr, dazu haben speziell in letzter Zeit weisungsgebundene Staatsanwälte bei getragen, denn anscheinend bleiben politische Vertreter meist straffrei, wie man gerade erst wieder durch die Teppichaffäre des Herrn Niebel sehen konnte. Auch hier muss sich also etwas ändern, wir brauchen einen anderen Justizapparat.

Eines ist sicher, das Volk hat kein gutes Gefühl mehr, weder, wenn es um politische Entscheidungen, um Wahlen, um rechtliche Entscheidungen oder um die Demokratie geht. Und Schuld daran haben ganz sicher nicht die Wähler. Die Demokratie ist schwer beschädigt, und es ist an der Zeit, dass das ein unabhängiges Gericht feststellte, sofern vorhanden, nicht mehr und nicht weniger …

©denise-a. langner-urso