Der Spiegel-Elefant irrt sich gewaltig-Die „Bloggerszene“ verkannt

Der Spiegel berichtet heute fast unbemerkt und am Rande : Blogger verschlafen die Euro-Krise

und man fragt sich, was der Spiegel so als Bloggerszene bezeichnet, hat er doch ein sehr eingeschränktes Weltbild und betrachtet die Bloggerszene eben nur oberflächlich, denn dem ist definitiv nicht so. Im Gegenteil, man muß nur genau hinsehen, dann wird man sehr viele gute Blogs finden, die genau das tun, die Euro-Krise hinterfragen, beleuchten.

Aber es ist wie immer, wenn man ein eingeschränktes Gesichtsfeld hat, man sieht nur die Hälfte, nur das, was man sehen will, das was gerade noch als akzeptabel erscheint, was irgendwann einmal am Anfang der Bloggerei meinte, es sei Stimme, habe Gewicht. So, wie eben auch Sascha Lobo nun als der Blogger dem Spiegel dient, um dessen Nabel die Welt sich zu drehen hat, das einzig genehme Sprachrohr.

Wer hingegen sich ein wenig mit den vom Spiegel erwähnten Blogs befasst, wer sie gelesen hat, verfolgt, wer offenen Auges surft, der weiss, genau diese Blogs sind eben gerade nicht der Nabel des Netzes, sie sind zwar seine Veteranen, aber ebenso Mainstream und gebügelt, angepasst, wie es die heutige Presselandschaft eben auch ist, oft zu Linksammlungen verkommen, die sogar Links zu grenzwertig rechten Blogs anbieten, ja sehr oft sogar tote Links nicht aussortieren, sie sind da, existieren, aber wirklich ernst nimmt sie niemand, weil sie oft auf populistische Pöbelforen verweisen, deren User im Selbstmitleid versinken.

Linkcluste wie Kaffe bei mir, die nur daraus noch ihren Pagerank und die Sistrix zu ziehen vermögen, dass sie Backlinks sammeln zur Selbstbeweihräucherung, nicht aber wegen der dort vorhandenen Beiträge und immer selben Kommentatoren befreundeter Webseiten und Blogs.

Eine Art Onlinebruderschaft oder Sekte quasi, die sich beständig gegenseitig beklatscht. Sie beleuchten zwar Themen, die in großen Medien eher keinen Raum finden, sind aber längst abgehalftert und eine andere Generation von Bloggern hat ihre Aufgabe übernommen.

Jene vom Spiegel erwähnten Blogs, die er gnädigst verlinkt, das sind die Spiegelbilder von eingefahrenen Medien wie der TAZ, die ein bestimmtes Publikum bedienen, die zudem erwarten, dass sich alles ihre Meinung anzuziehen hat. Jene Blogs, das sind solche, die untereinander gut verlinkt sind, die aber eine gebürstete Meinung vertreten, die alleinige Gültigkeit zu haben hat, und die Blogs die deren Meinung nicht vertreten, gar Kritik wagen, in einer Form bekämpfen und aussortieren, wie es nur online möglich ist.

Schreibt ein Blogger kritisch über nur einen Blog dieser sich selbst als elitär bezeichnenden Gemeinde , so verfeindet er sich mit der kompletten Blogsekte, wird mit einem Hass verfolgt, wie er offline kaum möglich ist, sprich er fliegt nicht nur aus einer Linkliste, er fliegt aus allen, verliert gleichzeitig so gut wie sämtliche Leser.

Blogger, die das vermeiden vernetzen sich nicht wirklich, sind Einzelkämpfer, wenig beachtet, eben weil sie nicht die zur Weltformel erklärte Meinungen vertreten wollen, sondern weil sie sich damit die Möglichkeit offenhalten, nach allen Seiten ausleuchten, statt sich einer geltenden Richtlinie unterwerfen zu müssen, weil Feind eben Feind bleibt, der selbst dann niederzuschreiben ist, wenn sich etwas ändert. So bleibt der kritische Blogger, der eben auch dazu in der Lage ist, seine Sicht auf die Dinge zu revidieren, statt sich vorgefertigter Meinung zu unterwerfen, lieber Einzelkämpfer.

Und wer meint, die Blogger verschliefen die Eurokrise, der sei hier eines Besseren belehrt, weil dem nicht so ist. Vielleicht verschlafen die Mainstreamblogger die Krise, weil sie derweil in die Jahre gekommen, zu arrogant geworden sind, sich selbst beweihräuchern, vielleicht hat der Spiegel das Thema auch nur als Seitenfüller benutzt, denn er hat einiges übersehen, hier der Beweis:

Weltwirtschaftskrise 2.0: Keine Ende in Sicht

politropolis

uhupardo

humanicum~ Das Blog für eine humanistisch ökologische Kulturgesellschaft in Deutschland

Videos für den Wirtschaftsunterricht-Eurokrise: Ursachen und Auswege

Denkraum-Ideen für das 21. Jahrhundert sehr vielseitig verlinkt

zukunft4deutschlandZusammenhang zwischen ESM und Fiskalpakt- prima erklärt

Föhrenbergkreis Finanzwirtschaft

Eins aber darf man bei aller kritik am Spiegel nicht aus den Augen verlieren, das Blatt hat wenigstens begriffen, dass es im Netzt eben auch ausserhalb gedruckter Meinung so etwas wie Stimmen gibt, und das ist ja schließlich auch schon mal ein Anfang, lässt er doch den Blogger-Nabel der Welt für sich posten, wenigstens aus seiner Sicht …

Die Auswahl ist hingegen vielfältiger, die Bloggerszene verschläft die Krise definitiv nicht, wenn man sich wirklich im Netz umschaut und recherchiert. Wer jedoch meint, die Bloggerszene bestünde aus jenen, die in den Augen des Spiegel die Bloggerszene angeblich ausmachen, aus jenen also, die der Spiegel als solche akzeptiert, dann kann man nur sagen, der Spiegel-Elefant irrt sich gewaltig!

 

©denise-a. langner-urso