Mediale Halbwahrheiten-Ackermann und was die Presse unterschlägt

Ackermann, man mag von ihm halten, was man will hat mehr gesagt auf dem Wirtschaftsforum als das, was die Presse in ihrer Berichterstattung schreibt. Man kann einen Menschen so oder so darstellen, aber es sollte doch wenigstens ausgewogen sein, und speziell in diesem Punkt kommen die Mainstreammedien ihrem Auftrag nicht nach, momentan. Man hat sich eingeschossen auf diesen Banker, es steigert die Leserzahlen, man hat sich geradezu verschworen in trauter Einigkeit gegen die Banken und Märkte, die Politik.

Und gerade weil das so ist, muss doch irgendjemand einmal auch über das berichten, worüber man lieber schweigt, denn Pressebashing will keine Zeitung erleben, da schreibt man lieber die eine Hälfte und findet keinen Platz für die zweite Seite der Medaille. Die Foristen freuts, die Foren laufen über, man hat jemanden, auf den auch der Leser einprügeln kann, seiner Wut freien Lauf lassen kann, über die Unfähigkeit derer, denen er seine Stimme bei der letzten Wahl gegeben hat. Einen Schuldstellvertreter quasi.

Und die Masche zieht, denn weit und breit niemand, der momentan mehr im Rampenlicht steht, als eben ein Vertreter, der zwischen den Stühlen sitzt, einen Banker als Mittler zwischen Politik und Banken, verpflichtet seinem Arbeitgeber, verpflichtet aber auch als stiller Berater der Regierenden.

Die Foristen, die nach Medienberichten über irgendeine Veranstaltung mit Herrn Ackermann durch die Foren toben, sie lässt man los, haben sie doch eher die Reden weder verfolgt, noch sie irgendwo gelesen. Abgefertigt von auflagengeilen Zeitungen aller Couleur mit Halbwahrheiten, denn speziell seit der jetzigen europäischen Finanzkrise sagt Ackermann mehr, kritisiert die Regierungen und ihre Politik ebenso, wie eigene Fehler seines Arbeitgebers und der Finanzmärkte im Allgemeinen.

Heute zum Beispiel rügt Ackermann die Politik der Europäer als demokratiefeindlich und beklagt den Abbau von Demokratie in der Krise.

Recht hat Ackermann, denn natürlich kann man nicht ein fiskalisch verknüpftes Europa fordern und den Bürgern dessen Vorteile nicht vermitteln, für die Europa sich als bürokratisches Monster, das von oben herab die Bürger drangsaliert, darstellt. Die Bürger spüren Europa je generell immer dann, wenn ihnen Vorschriften gemacht werden, die sie nicht nachvollziehen können, wenn es ihnen an den Geldbeutel geht, und sie erfahren Europa als politischen Feldversuch, zu dem sie ohnehin außer am Wahltag niemals befragt werden. Die Bürger fühlen nicht ihr Europa, aus ihrer Sicht wurde Europa für die Märkte konstruiert.

Ackermann hat heute mehr Demokratie gefordert, mehr Mitbestimmung für die Menschen, die in diesem Haus leben müssen, er fordert die Politiker auf, den Bürgern das recht einzuräumen, auch darüber abzustimmen, wie Europa und seine Finanzmittel zu verteilen sind, denn es geht ja um ihr Geld, das nun eben einmal nicht der Politik zur freien Verschwendung zur Verfügung stehen sollte. Ackermann fordert die Mitbestimmung, wie es weitergeht in diesem Haus, er fordert die direkte Beteiligung am Gestaltungsprozess.

Speziell Deutschland täte ein mehr an Mitbestimmung ohnehin gut. Und eine Einbindung in das europäische Gebäude anstatt dessen Hausherr zu sein und rechthaberisch aufzutreten, auch das täte den Europäern besser, als Merkels Bastapolitik in europäischen Fragen.

Wenn jemals die Fiskalunion vollzogen werden sollte, dann täte das auch den Deutschen gut, speziell, wenn gewisse Rechte und Mitbestimmung auf höherer Ebene lägen. Das muss und sollte jedem Mitglied des Bundestages klar sein, speziell jetzt, wo Deutschland zuzüglich zu seiner wirtschaftlichen Übermacht innenpolitisch ein massives Problem mit seinen zu langer Zeit ignorierten Neonazis hat, auf allen Ebenen, in den Parteien, seien es Piraten oder die CDU, bis in den Geheimdienst hinein. Alleine das muss Ängste der Nachbarn schüren, zur Verunsicherung beitragen. Deutschland muss sich einreihen, einmal auch sich zurückhalten, anderen Wort und Rede, das Handeln überlassen, ansonsten geschieht nämlich das, was man immer vermeiden wollte, man bricht den Frieden und trägt zum Misstrauen der Menschen in den einzelnen Staaten bei, schürt Angst nicht nur in Deutschland vor den anderen Mitgliedsstaaten, die nur an deutsches Kapital wollen, man bohrt „Kriegswunden“ wieder auf und der Bürger beschäftigt sich europaweit mit der Frage nach Kriegsschuld, Sühne und Reparation.

Wenn die Bundesregierung noch länger sich brüstet und aufspielt wie derzeit, wenn Merkel weiter die starke Frau Rambo gibt, dann haben die Deutschen, dann haben alle Europäer den Frieden bereits in kurzer Zeit verloren, den andere vorher so mühsam zusammengezimmert haben.

Man muss auch die Stimmen der anderen hören, egal, wie hoch verschuldet oder nicht, darf einzelne Staaten nicht ständig an den Pranger stellen. Manchmal ist es das Gebot der Stunde zu schweigen, manchmal braucht es Diplomaten, und eine Diplomatin oder einen Diplomaten die findet man in dieser Bundesregierung und in dieser Kanzlerin, die so laut polternd durch Europa stapft eher nicht.

Die Politik hat es vergessen, die Bürger mitzunehmen, sie hat es vergessen sie einzubinden, ihre Wünsche zu hinterfragen, sie zu beteiligen. Ackermann hat das heute in Nebensätzen gerügt, und es ist an der Zeit, dass die presse ihren Auftrag erfüllt, darüber berichtet, Neutralität beweist, denn ansonsten zerstört sie durch die Einseitigkeit ihrer Berichte zuzüglich das Wenige noch vorhandene Vertrauen, dass wir den Europäern und auch uns selbst schuldig sind, zur Wahrung des letzten Bisschen des friedlichen Miteinander in diesem europäischen Haus.

©denise-a. langner-urso