re:publica – Keine Angst vor Nerds!

Wenn man im Fernsehen nur ein paar kurze Berichte zur derzeit in Berlin stattfindenden re:publica sieht, so könnte man den Eindruck erlangen, das sich dort allenfalls ein paar ausgeflippte 68er treffen, ein paar verrückte Jugendliche, die 24 Stunden am Handy und im Internet hängen und spielen und zuzüglich ein paar langhaarige Rentner, die einfach nicht älter werden wollen. Hinzu kommt der fabrikähnliche Veranstaltungsort, der nicht gerade ausschaut wie ein Messegelände. Doch man darf sich speziell in diesem Fall nicht vom ersten Eindruck täuschen lassen.

Man muss auch keine Angst haben vor irgendwelchen Fachausdrücken, die man nicht versteht oder davor, dass nun alle Vorträge in englischer Sprache gehalten werden, weit gefehlt, die Bilder im Fernsehen vermitteln oft einen falschen Eindruck, erzeugen dadurch Berührungsängste. Dort laufen keine abgehobenen Aliens umher, ganz im Gegenteil, diese Menschen sind hilfsbereit und so in etwa eine der freundlichsten Lebensformen überhaupt.

Man muss sie nur ansprechen und fragen, denn niemand beantwortet bereitwilliger Fragen. Im Gegenteil, meist haben sie eine Engelsgeduld, erklären und man wird schneller schlau, als man denkt. Und nein, es werden auch nicht alle Vorträge in einer Fremdsprache gehalten. Man findet schnell Kontakt, wenn man nur will, wenn man aufgeschlossen ist, und dann hat man schneller jemanden an seiner Seite, der erklärt, dem man Löcher in den Bauch fragen kann, als man denkt. Man muss nur versuchen einen ersten Kontakt herzustellen, dann gehört man schneller dazu, als man denkt. Und im Gegenteil, man wird sich am Ende wundern, wie schnell Zeit vergehen kann und was man von dort so alles an neuem Wissen mit nimmt, wenn man nur will. Und nein, da hockt sich auch niemand im Kreis auf den Boden, die Vorträge der re:publica finden in ganz normalen Sälen statt, man sitzt auf Stühlen und lauscht Vorträgen, kommt ins Gespräch.

Und auch bitte keine Angst zu hinterfragen, was man nicht verstanden hat. Auf der re:publica geht es nicht zu wie in einer Schulklasse, in der man für Fragen ausgelacht wird, im Gegenteil, da sitzen mindestens noch drei andere Noobs, als Unwissende, die sich nur nicht trauen, die aber sehr wahrscheinlich genau die selbe Frage stellen würden. Natürlich hat man durch die Schule vielleicht den Eindruck vermittelt bekommen, gar ein Trauma erlebt, man sei ein Depp, wenn man eventuell „dumme“ Fragen stellt, doch genau das ist das Problem, wer nicht fragt bleibt dumm, und die, die in der Schule am lautesten gepöbelt haben, die hatten vermutlich selbst keinen Schimmer, denn die, die es wussten, das waren die Streber, die mussten nicht fragen, weil sonst sie im Fokus gestanden hätten. Richtig oder richtig?

Traut euch, geht hin, schaut sie euch an diese Veranstaltung und ihr werdet sehr schnell feststellen, die von denen ihr glaubt, sie wären die Obernerds, wissen auch nicht alles, denn Nobody is perfekt. Und es ist auch noch niemandem ein Zacken aus der Krone gebrochen, wenn er jemandem eine Frage gestellt hat, es gibt nämlich keine dummen Fragen, es gibt nur Menschen, die lernen wollen, und sich nicht trauen zu fragen, wie das geht, weil sie vielleicht in der Schule zu oft gemobbt wurden, weshalb sie sich zurückzogen und am Ende die waren, die sich am besten auskannten, auf die nur jemand hätte anders zugehen müssen, und zu denen gehören viele, die sich auf dieser Veranstaltung bewegen, denn dadurch wurden sie ja zu Nerds.

Das sind die, die den Nerv hatte, unbemerkt Spezialisten zu werden. Und es kann nicht sein, dass wir ihnen nicht trauen ihnen zuhören, weil uns vielleicht doch im tiefsten Innern ein klitzekleines Bisschen Neid davon abhält, weil wir am Ende feststellen müssen, dass die „Deppen“ aus den Schulklassen von gestern unsere Zukunft waren und sind. Wir hätten sie nur etwas früher ernst nehmen sollen. Denn genau jetzt brauchen wir und sie beißen nicht, und sie tun es deshalb nicht, weil sie wissen, wie weh das einst tat.

Also nichts wie hin und ihnen Löcher in den Bauch fragen!

©denise-a. Langner-urso