Blizzard WoD Release führt zu Shitstorm

Das ist das, was dem Unternehmen Blizzard derzeit widerfährt.

Es sind die üblichen Medien, also Spielemagazine wie Buffed, die von einem eher reibungslosen Start nach WOD (Warlords of Draenor) berichten, und wer weiß, wes Geistes Kind Buffed quasi ist, den wundert überhaupt nicht mehr, denn das ist schlicht und einfach gelogen. Ohne Blizzard keine Buffed, die Zeitschrift, die ja derweil auch online verfügbar ist, ist quasi das Hausmedium, das Sprachrohr Blizzards.

Mit WOD (Warlords von Draenor, der neuesten Erweiterung zu World of Warcraft aus dem Hause Blizzard, begeben sich die Spieler in die Vergangenheit und das, womit dieses Addon steht und fällt ist die Burg, die Housing „vortäuschen“ soll, denn echtes Housing ist das neue Feature natürlich nicht. Die Spieler können ihr Bauwerk nicht an unterschiedlichen Plätzen errichten, und auch das Aussehen der einzelnen Gebäude ist strikt vorgegeben und unabänderbar. Einzelne eigene Gegenstände können nicht frei ausgetauscht, hinzugefügt oder entfernt werden.

Und doch, schon vor und noch massiver, rechtzeitig um Mitternacht tummelten sich unendliche Massen von Spielern in den alten Hautstädten und warteten auf den Run nach Draenor, so als hinge dafür ihr Leben ab. Dass für einen solchen Start auf Gegner und auf die Burg selber eine unendliche Rechenleistung erbracht werden muss, das ist jedem klar, muss auch Blizzard klar gewesen sein, denn das Unternehmen ist ja nicht gerade neu am Markt, ist dem klar, der selber eine Webseite irgendwo hostet. Treten zu viele Zugriffe auf, der Server ist zu kein gewählt, dann kommt es entweder zum Megastau, die Ladungszeit der Seite steigt, oder es kommt gar ganz zum Zusammenbruch, zur Vollsperrung, weil der Server den Dienst gleich ganz verweigert. Spätestens dann kommt es zum Shitstorm gegen den Anbieter von Dienstleistungen im Internet, wie es dazu käme, wenn das Internet ausfällt, das Fernsehprogramm, der Strom betroffen ist.

Hohe, zu hohe Erwartungen

Der Ärger der Kunden auf Blizzard also, er bezieht sich nicht nur auf mangelnde Gegner, er entsteht vorwiegend an der Stelle, wo Spieler ihre Burg nicht nutzen können. Wobei man sich auch fragen muss, ob es nicht tatsächlich egal ist, wenn man einmal ein paar Sekunden auf den relativ hohen Respawn warten muss, denn wäre die Zeit bei wenigen Spielern so kurz eingestellt, die Spieler hätten es wirklich schwer überhaupt eine Quest alleine zu beenden, so ballert also der nächste Spieler einem den Mob ab, der während man selber noch lootet respawnt, hält einem so quasi den Rücken frei. Aber auch das scheint schon zu lang, abzuwarten, bis ein Baum erneut erscheint oder andere Dinge, und das ist oft eben wirklich nur eine Sache von Sekunden.

Kunden sind kritischer als früher

Wobei heutige Kunden eben oft auch viel zu hohe Erwartungen an Unternehmen wie Blizzard haben, wobei gewisse Erwartungen durchaus gerechtfertigt sind, und das wird ja auch von Gerichten bestätigt, dafür gibt es auf beiden Seiten Regeln und Gesetze, die einzuhalten sind, denn natürlich haben auch Wirtschaftsunternehmen Rechte, was Kunden gerne vergessen, wenn sie sich selber von gewissen Dingen betroffen fühlen.

Nicht ist wichtiger als gute Kundenbetreuung und Kommunikation!

Und der jetzige Shitstorm in den Foren, den bekommt ja nicht das Unternehmen Blizzard selbst zu spüren, den Ärger müssen die Forenbetreuer über sich ergehen lassen, wissend, dass Blizzard natürlich längst an der Problematik arbeitet. Und sie sind es, die den Ärger kompensieren und abfangen, beruhigen müssen. Auffällig dabei, während in den US Foren die Betreuer die Blizzard dafür hat, mit den Kunden ausreichend kommunizieren und das direkte Gespräch suchen, was zur Abkühlung beiträgt, so wird das in europäischen Foren vernachlässigt, und nur alle paar Stunden erscheint ein sogenannter Blauer und postet allenfalls das, was Blizzard auf Twitter und der US Seite schon veröffentlicht hat. Kommunikation mit den Kunden ist in solcher Situation Gold wert, hält Kunden bei der Stange, was im deutschen Forum nicht bedacht wird. Und bei den Nutzern von Blizzard war die Geduld ziemlich bald am Ende, das begann im Megastau, sprich in der Warteschlange, was noch halbwegs Akzeptanz fand, spätestens aber in dem Augenblick zum massiven Shitstorm führete, als die Server völlig ihren Geist aufgaben, es also zur Vollsperrung kam.

Back to the Roots, Erinnerungen, Gelassenheit, Geschichtsunterricht

Ob Blizzard mit dem Run so vieler Spieler gerechnet haben mag, das wird man wohl nie erfahren, Tatsache ist jedoch, relativ schnell entstanden jene Warteschlangen, brachen Server zusammen, wie Altspieler es aus Zeiten von vor mehr als 10 Jahren noch kennen. Man fühlt sich erinnert an Zeiten von Classic WoW, auch Vanilla genannt. Zu diesen Zeiten waren Warteschleifen normal. Allerdings hat sich durch die rasante Entwicklung von Technik auch unser leben radikal verändert. Die heutige Generation weiß nicht mehr, wie es war, als man seine Briefe noch nur mit der Post versandte, als man seine Ware noch nur in normalen Geschäften und eben nicht im Internet einkaufen konnte, als Warenlieferungen manchmal eben nicht innerhalb von einem Tag sondern erst nach Wochen ankamen. Die eine Generation lebte mit dem, was heute zum Shitstorm führt, es war eben so und nicht anders, es war Normalität.

Und auch unser Verhalten zur Familie, Freizeitgestaltung, zum Urlaub und zu Freunden, zur Arbeit hat sich verändert, auch das wird wenn man die Internetforen liest klar, und Tage wie diese rufen in uns Älteren eben Erinnerungen an die Vergangenheit wach. Die neue Generation lernt, wie es früher war, doch eigentlich will sie es gar nicht wissen, das ist ja auch so, wenn man im Geschichtsunterricht heute über die Deutsche Vergangenheit erfährt. Dann heißt es „laaaangweilig“, dabei sind Zeitzeugen so wichtig, denn nur die können durch ihre Erzählungen zumindest ein Gefühl für die alten Zeiten vermitteln. Wann aber erfährt man so etwas schon einmal am eigenen Leib. Man sollte das, was gerade beim Release passiert also eher als reale Lehrstunde verstehen und dafür dankbar sein, denn die neue Technik zu haben ist ja keine Selbstverständlichkeit, obwohl die jüngere Generation ja vermutlich diese als gegeben und für selbstverständlich hält.

Das neue Verhältnis zu Arbeit, Familie, Freunden und Freizeit

Es gab Zeiten, da fühlten sich Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern eng verbunden und manchmal ist das bis heute so, überwiegend dann aber in kleineren Unternehmen. Es gab Zeiten, da standen Freunde und Familie über allem. Doch all das geht immer mehr verloren, es gibt immer mehr Singlehaushalte, Freundschaft wird immer öfter mehr über das Internet denn im realen leben gepflegt. Der freund wartet bei Facebook, im Chat, im Spiel, der Lebenspartner findet sich in Singlebörsen. Trifft man im realen Leben dann aufeinander, dann platzen meist Blasen, dann werden Erwartungen enttäuscht. Arbeit ist lästig, wird dennoch getan, und spätestens bei der Erweiterung von Blizzard, als die Server klein bei gaben, wurde in den Foren klar, Arbeit kommt erst an Stelle x,y,z.

Urlaub artet in Stress aus, macht krank

„Ich habe mir extra Urlaub genommen“ der Satz mehrere hundert Male in den Blizzard Foren gepostet, und ich frage mich, ob diese Menschen, die sich ja hinter einer zweiten Identität im Forum verstecken können, auch wenn sie nicht sich hinter einer Zweitpersönlichkeit verstecken könnten, den Mut gehabt hätten, zu ihrem Chef zu gehen, und zu sagen: Chef, ich möchte gerne Urlaub haben, mein Spieleanbieter bringt eine Erweiterung heraus, und ich will unbedingt zu denen gehören, die am Releasetag spielen können. Und man stelle sich vor, im Betrieb sind bereits drei andere Mitarbeiter krank, die Arbeit bleibt also mal ein paar Tage für ein Internetspiel liegen oder andere Mitarbeiter dürfen sie zuzüglich erledigen. Sagte man, wofür man wirklich Urlaub zu nehmen gedenkt, der Shitstorm würde einen quasi selber treffen, denn andere Mitarbeiter und der Chef hätten dafür vielleicht wenig Verständnis.

Ganz ehrlich, ich, die ich aus einer anderen Generation komme, ich würde mich schämen. Ein Spiel ist ein Hobby, nicht Lebensmittelpunkt, sollte nicht auf dem rücken anderer Mitarbeiter und auf dem des Betriebes ausgetragen werden. Das ist aber nur meine persönliche Meinung, der ich zufüge: Urlaub ist dazu da, damit man anschließend dem Arbeitswelt mit neuem Elan und gesund und erholt zur Verfügung steht und nicht gestresst vor Ärger, weil man sein Spiel nicht betreten und spielen kann.

Der Megastau

Weitere Probleme bereitet das sogenannte Phasing, das zum Beispiel bei der Burg benutzt wird. Das Problem hierbei, alle Burgen einer Fraktion stehen an der gleichen Stelle, und wäre das anders, hätte man Burgen an mehreren Plätzen zugelassen, so wäre das derzeitige Problem zumindest abgeschwächt gewesen. So aber reiten oder fliegen unendlich viele Spieler auch gleichzeitig ihren Heimatstandpunkt an, der ja auch Quests bietet und plötzlich stehen alle in ein und derselben Burg.

Das muss man sich, um es einmal für Nichtspieler begreifbar zu machen, so vorstellen: es wird plötzlich in einer einspurigen Straße ein Hochhaus gebaut, mit einer Tiefgarage, die über eine Schranke verfügt, und sämtliche Bewohner besitzen ein Auto, kommen genau zur gleichen Uhrzeit nach Hause. Der verkehr in dieser Straße und vermutlich auch auf angrenzenden Straßen, er bricht zusammen, niemand kann noch in diese Straße einbiegen, dort durchfahren, bis alle Anwohner ihr Auto geparkt haben.

Die Vollsperrung

Und in WOD (Warlords of Draenor) ging natürlich irgendwann gar nichts mehr, denn woran nie jemand zu denken scheint, das ist Folgendes: Server gelten bereits als voll, da wollen plötzlich neue Freunde zuzüglich ihren Charakter erstellen, da spielt der eine schon, der andere Freund wartet vor der Tür. Kommen viele Freunde zuzüglich ins Spiel, dann läuft es erst langsam, dann bricht irgendwann die Rechenleistung zusammen, weil Altspieler plötzlich Chars aktivieren, die seit Jahren unbespielt vor sich hin dümpelten, womit niemand rechnen kann, und es ist schon beinahe gnädig von Blizzard, dass man ab einer bestimmten Zeit, wo jemand seinen Account über Jahre nicht nutzt, diese Charaktere nicht gelöscht werden, auch daran sollte die überwiegend ungeduldige Community einmal denken, es ist keine Selbstverständlichkeit, wenn ein Unternehmen die Spielbarkeit über Jahre hinweg garantiert, auch wenn niemand für diese toten Accounts bezahlt. Und das bieten nicht alle Anbieter, viele löschen bereits nach zwei oder drei Jahren, wenn Geisteraccounts nicht genutzt werden.

Fazit

Wie auch immer, kommen wir zum Schluss, ich denke, so einige Spieler, die jetzt den Konzern mit Spott und Häme und einem Shitstorm überziehen, sollten anstatt das zu tun, sich in dieser zeit einmal sehr genau fragen, was eigentlich im wahren Leben wirklich zählt. Und das ist an erster Stelle bestimmt nicht ein Internetspiel, das sind Gesundheit, Arbeitsplatz, Familie und Freunde, und wer das anders sieht, der sollte einmal jemanden aufsuchen, der sich mit Psychologie und ja, auch Suchtverhalten, besser auskennt, als man selbst. Mit einer Vollsperrung, mindestens einem Megastau zum Release von WOD hätten das Unternehmen Blizzard wie Spieler und Forenbetreuer rechnen müssen, der Shitstorm sollte eigentlich unterbleiben, hätte durch gute Forenbetreuung längst nicht so harsch ausarten müssen, wie jetzt, soll heißen, Blizzard sollte seine europäischen Kundenbetreuer und Forenbetreuer was das betrifft, unbedingt nachschulen. Kunden sollten im Auge haben,es handelt sich um ein Spiel und nicht darum, vor jemandem zu flüchten, und die Mehrzahl der Spieler, die um Mitternacht startet, die sollte eigentlich zu den Erwachsenen gehören, und Kinder, die nachmittags nicht einloggen und spielen können, die lernen jetzt die Geduld zu haben, die man braucht, um im wahren leben zu überleben, was ihnen offensichtlich daheim niemand vermittelt.

Spieleanbieter werden zum Elternersatz

Dass ein Spieleanbieter heute auch erzieherische Aufgaben übernimmt, das hat es damals nicht gegeben, und wir lernen, es ist nicht alles besser geworden, es hat sich im Rahmen der Nutzung neuer Medien und einer sich beschleunigenden Welt auch Entscheidendes zum Schlechteren gewendet, was auch am Umgangston in den Foren immer offensichtlicher wird und immer öfter zum Bann führt. Und hier muss sich die ältere Generation schon die berechtigte Frage stellen lassen, wie es denn sein kann, dass Kindern daheim nicht jene Anstandsregeln beigebracht werden, die ein vernünftiges Zusammenleben in dieser Gesellschaft ermöglichen.

Oder ist es daheim üblich, dass man inzwischen seine Eltern als dumme Arbeitslose und Hartzer beschimpft, wenn man im Supermarkt sein Eis nicht umgehend und sofort bekommt, wenn wieder einmal das Geld dafür nicht reicht? Lassen Eltern das zu? Also, bitte benehme man sich doch auch wenn man eine andere Identität benutzt, hinter der man sich verstecken kann, so, als sitze man daheim am Abendbrottisch! In Spieleforen ist das nämlich immer öfter bittere Realität, und es gibt eben in Spielen nicht nur Arbeitslose und Hartzer, es sind dort auch Rentner und Arbeitnehmer unterwegs, die sich ihre Zeit nach getaner Arbeit frei einteilen und in dieser globalisierten Welt zu allen Tageszeiten spielen können, auch in der Nacht, denn in Online-Games trifft man nun eben einmal auf Menschen unterschiedlicher Zeitzonen.

Etwas mehr Gelassenheit bitte, etwas mehr Geduld, etwas mehr Höflichkeit …

Ich sage es noch einmal: Mit einer Vollsperrung, mindestens einem Megastau zum Release von WOD hätten also Blizzard wie Spieler rechnen müssen, der Shitstorm sollte eigentlich unterbleiben, hätte abgeschwächt ablaufen können.

©denise-a. langner-urso

Inzwischen ist der Shitstorm, der über Blizzard hinwegfegt auch im Spiegel angekommen, der titelt: WoW-Erweiterung „Warlords of Draenor“: Blizzard-Server kollabieren beim Start