Ich nehme kaum ein Blatt vor den Mund, meine Leser wissen das und jetzt werde ich vielleicht viele Leser vor den Kopf stoßen, aber wer das eine kritisiert, die Politik nämlich, der darf auch das andere nicht unterlassen, nämlich einmal die regierten Bürger zu hinterfragen.
Dem Westen geht es zu gut, viele werden empört sein und doch, dabei bleibe ich, es geht uns wirklich zu gut, denn was Armut wirklich ist, das weiß doch ehrlich gesagt hier in Deutschland niemand so genau. Wir messen Armut oft daran was jemand, der Hartz IV bezieht, sich leisten kann, im Verhältnis zu einem Durchschnittseinkommen, doch genau das ist falsch. Ich sage jetzt einmal, ich schaue darauf, was Flüchtlinge zu uns treibt, mit gar keinem Besitz mehr. Und was ist dort die überwiegende Aussage?
Ich will ein besseres Leben, ich will arbeiten. Sie machen sich auf einen gefährlichen Weg, brechen auf, kommen erschöpft an und wollen was? Eine Chance und Arbeit. Sie leben in Zelten, selbst im Winter, wenn es sein muss und nehmen jeden Job an, den man ihnen erlaubt. Beispiele dafür gibt es genug, oft torpediert von irgendwelchen selbsternannten Menschenfreunden, die meinen, jeder Lohn habe auch hier ein Mindestlohn zu sein. Damit wertet man sie ab, ihr Streben, und sie verstehen die Welt nicht mehr, wollen sie doch eigentlich nur beweisen, dass sie es ernst meinen.
Dabei ziehen sich Asylverfahren schon hin und wieder einmal über mehr als ein oder zwei Dekaden, und wenn derweil ihre Kinder hier erfolgreich Schulabschlüsse erwerben und heimisch geworden sind, dann kommt die Abschiebung. Stört niemanden außer wieder genau die Menschenfreunde, die sie einst nicht ankommen lassen wollten. Dann schiebt man die eben erfolgreich integrierten, auf die man an sich stolz sein müsste, eiskalt dahin ab, woher sie kamen.
Ob ihr Ersuchen erfolgreich sein wird, das sei jetzt einmal nicht weiter betrachtet. Und wer sich Menschen anschaut, die hier angekommen sind, bei uns oder auch in Amerika, wer dann sieht, mit welchem Nachdruck sie in der Mehrheit versuchen hier Anerkennung zu finden, der schüttelt den Kopf über so manchen Foristen, Panikmache vor Überfremdung und Co.. Einwandern in Sozialsysteme, den Steuerzahler ausbeuten, das ist oft das Totschlagargument um zu begründen, wie schlecht es doch auch hier Menschen geht.
Aber stimmt das, geht es wirklich Menschen so schlecht, wie etwa so einem Flüchtling, der sich mühsam jenen aus seiner Sicht schon Hartz IV – Wohlstand erarbeitet, der hier als Armut bezeichnet wird, der oft sogar stolz darauf ist, dass er so leben darf? Der das allenfalls als Notnagel ansieht, seine Kinder aber drillt, damit es ihnen besser geht? Ich behaupte, im Verhältnis zum normalen Arbeitnehmer geht es Sozialempfängern natürlich wirklich schlecht, die Aufstiegschancen sind oft auch bedenkenswert gering, aber kämpfen diese Menschen auch so sehr dafür, wie Flüchtlinge, deren Kinder plötzlich im Bundestag als ihre Volksvertreter sitzen? Hier habe ich meine Zweifel, es tut mir leid. Aua, ja, ich weiß, das gibt Prügel. Und doch, die ertrage ich.
Ja, was bewegt mich eigentlich dazu, das jetzt hier zu sagen? Wut, ganz einfach Wut, weil hier anscheinend nur noch Neid und Gier den Blick für Selbstverständlichkeiten vernebeln, der gesunde Menschenverstand scheint vollends abhanden gekommen zu sein. Nehmen wir die Debatte um die Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst von gestern, die äußerst heftig in allen Foren ablief. Man konnte den Speichel nur so triefen sehen!
Da bekommt doch aus heiterem Himmel jemand im öffentlichen Dienst, der meine Steuern verschläft, ein unglaublich hohes Salär zu geschustert, dass manchen Steuerzahler an Bankerboni zu erinnern scheint. Und doch geifern da eher die, die ihre Mutter ins Pflegeheim abschieben, erwartend, dass eine Krankenschwester im 5 Minutentakt der Mutter den Allerwertesten poliert, derweil sie sich am Strand von Malle drei Wochen lang zulaufen lassen, um es einmal knallhart auszudrücken.
Da wüten jene, die erwarten, dass sich der Polizeibeamte für ihre Sicherheit im Fußballstadium den Schädel einschlagen lässt, weil die eigenen Ultras ihren Spaß haben wollen und wobei man das oft sogar noch im Innern unterstützt.
Und warum dem Feuerwehrmann seine 90 Euro mehr gönnen, wenn das bei mir doch drei Fußballkarten wären. Da geifern jene, die erwarten, dass der Brandmeister ihre Kinder aus dem brennenden Haus holt, und das möglichst noch in seiner Freizeit als Freiwilliger, anschließend an eine fette 24 Stundenschicht, weil sie ihren fetten Allerwertesten nie selbst in der Freizeit auf eine Drehleiter schwingen würden, weil ihnen die eigene Freizeit in einer Kurve wichtiger ist, als das Wohl der Nachbarschaft.
Würden sie gerade noch die Fitnessprüfungen absolvieren können, das Schwimmabzeichen etwa, weil ja Fett oben schwimmt, so wäre ihnen doch die Zumutung vielleicht das Kind eines Migranten retten zu müssen das, was sie von einem so anstrengenden Job abhalten würde, ganz zu schweigen davon, der Oma eines Migranten als Pflegekraft den Allerwertesten putzen zu müssen. Man schaut im Zweifelsfall lieber weg. Ich nenne das Pöbeln schlicht Wohlstandsverwahrlosung, dieses Nichtgönnen von wirklich angemessener Besoldung für eigentlich selbstverständlich zu honorierende Berufsgruppen, die man würdigen und nicht quasi als Sozialschmarotzer beschimpfen sollte.
Und die, die pöbeln, das sind oft jene, deren Kinder derweil die eigene Nachbarschaft terrorisieren, die irgendeine Dienststelle der Polizei im Alkoholrausch derweil einsammeln darf, die deren Kinder unbeaufsichtigt die Straßen unsicher machen, die, die bei der Erziehung und in den eigenen Ehen versagen und am Arbeitsplatz gleich mit. Und oft es sind stets dieselben Unzufriedenen, die die Foren besetzen, die meinen, jeder andere sei Schuld, an allem und jedem, nur man selbst mache generell alles richtig.
Und um ihre Nachricht auch ganz bestimmt an den Leser zu bringen, schreiben sie gleichzeitig in sämtliche Foren und wenn die Veröffentlichung nicht umgehend klappt, dann ergeht der Kommentar als Dauerspam x-fach an die Medien. Und wehe, er wird nicht veröffentlicht, weil er weit unter jeder Gürtellinie oder gar völlig absurd ist, dann schreit man umgehend „Zensur“.
Und ja, solchen geifernden Leuten geht es wirklich viel zu gut. Eigeninitiative bitte nicht, nur nicht um andere scheren, meine Steuergelder, darüber will ich selber bestimmen, und ich pflastere mir lieber eine Straße zum nächsten Fußballstadion als dass sie denen zu Gute kommen, die täglich für mich ihren Arsch hinhalten und die meinen Wohlstandsmüll entsorgen, weil ich jährlich den modernsten Fernseher und das neuste Handy brauche und dazu natürlich am Abend drei Bier.
Und nach der Arbeit habe ich meine Freizeit verdient, und Sandsäcke im Katastrophenfall mögen bitte jene stapeln, die nicht ausgelastet sind. Und meine Rente, die ist übrigens auch weniger gestiegen, hab ja keine Kinder und Enkel, die das erarbeiten müssen, aber sie steht mir zu. Und Migranten die hierher kommen und arbeiten wollen? Alles Lüge, die wollen auch nur an das, was mir zusteht, niemandem sonst. Hier zählt nur einer und der bin ich.
Pfui! Was für eine verwahrloste Gesellschaft!
Leute, es geht euch wirklich viel zu gut! Was Armut wirklich bedeutet, davon habt ihr keine Ahnung. Wer arm ist, der bewegt seinen Arsch über Weltmeere, hier schafft man das nicht von Stadt zu Stadt. Wer arm ist, wirklich arm, der versucht mit allen Mitteln sich zu betätigen, der übernimmt Verantwortung, ergreift Eigeninitiative, koste es was es wolle und engagiere er sich nur karikativ oder freiwillig.
Und ja, der Westen leidet wirklich, allerdings unter der Unfähigkeit und fehlenden Bereitschaft gewisser Mitmenschen, sich selbst und anderen zu helfen. Stattdessen prügelt man lieber auf jene ein, denen es scheinbar um ein paar Cent besser geht, oder auf die, die schwächer sind, wie Flüchtlinge etwa oder jene, die wirklich auf Leistungen wie Hartz IV angewiesen sind, die aber dennoch täglich arbeiten, man erbost sich über die, die freiwillig opfern, was man selbst zu opfern nicht bereit ist, Freizeit, Gesundheit und Leben. Ihr habt überhaupt keine Ahnung! Aber vom Sofa aus ist gut geifern.
©denise-a. langner-urso