Als die SPD grün und bürgernah war – Kiez geht anders …

Wenn ich mir so anschaue, wie heute Protest in Berlin funktioniert, wo sich Bürgermeister schon mal vor fahrende Autos werfen, wie vor einiger Zeit Frau Herrmann und wo sich irgendwelche Kinder von Lobbyisten mit 12 Jahren an Autobahnprotesten beteiligen, frage ich mich, wo sind eigentlich elterliche Verantwortung und Anstand geblieben, denn Kiezprotest und Bürgerbeteiligung gibt es nicht erst seit heute, die gab es schon, da hockten die Eltern solcher Ausrasterkids selber noch auf der Schulbank und da tanzten Kinder nicht ihren Eltern auf der Nase herum, bis diese sie nach Berlin auf Autobahnauffahrten begleiteten und einfach mal so aus Jux und Dollerei an komplett gefährlichen Demonstrationen teilnehmen ließen. Und ob man es glauben mag oder nicht, da nahm Politik sich der Dinge an, da gab es auch Bürgerbeteiligung, da gingen Dinge schnell und unbürokratisch, da war die SPD grüner als linksradikale Grüne.

Es geschah in der Zeit, als Klaus Schütz Bürgermeister von Berlin war, es passierte in Wannsee, ja da kieckste, dass auf der Königsstraße gebaut wurde. Der Verkehr wurde zu dieser Zeit über die Chausseestraße ab Rathaus Wannsee umgeleitet.

Der Sommerfieldring war eine ruhige Straße, die Autos parkten brav in den Garagen, die Straße bestand wie heute aus Betonplatten mit Teer dazwischen, was wunderbare Spielfelder für Völkerball brachte. Wenn ein Zweitwagen vorhanden war, so stand der vor der Garage auf der Auffahrt und war ein Auto geparkt und störte, kingelte man bei den Nachbarn und der Wagen wurde weggefahren. Bis heute kennt hier jeder jeden und man ist höflich miteinander, längst wohnt hier die Generation der Kinder und Enkel, man ist bodenständig.

Zurück aber zum Bau auf der Königsstraße, zur Umleitung, denn genau wie heute suchte der Verkehr sich auch andere Wege, nicht über die Chaussestraße wie geplant, nein, wer sich auskannte, der begann den Sommerfieldring zu nutzen und das Völkerballspiel musste ständig unterbrochen werden. Auf die Idee sich vor fahrende Autos zu werfen, sie gar anzuzünden, kam hier allerdings damals niemand und kein Irrer klebte sich irgendwo auf der Straße fest um zu protestieren, auch pinselte niemand Plakate, ging auf montägliche Wanderschaft, blockierte die Straße oder zog vor Häuser von Politikern oder wäre je auf die Idee gekommen, Mist in anderer Leute Büros zu kippen. Wir hatten Anstand und wussten damals noch, was sich gehört. Protest sah man genug im Fernsehen und der war immer brutal und unfriedlich, sah aus wie Studentenproteste, war einfach unschön.

Wir Kinder kamen damals auf die Idee, es muss nach irgendeiner Aktion, die friedlicher Protest gewesen war, passiert sein, dass ich beschloss einen Brief an den Bürgermeister zu schreiben und darum zu bitten, dass unser Ring für den Durchgangsverkehr gesperrt wird. Mit dem Füller schrieb ich diesen Brief und er wurde zusätzlich bunt bemalt und mit Klebebildchen verziert. Der Brief passte auf eine DIN A5 Seite. Dieser Brief ging mit uns Kindern einmal rund um den Sommerfieldring, denn jede Familie hier hatte mehrere Kinder. Als er von allen unterschrieben war, wurde er mit der Post an Herrn Klaus Schütz gesendet. Es geschah ganz leise, kein großes Trara, doch innerhalb kurzer Zeit stand an den Zufahrten zum Sommerfieldring ein Schild: Nur für Anlieger/Durchfahrt verboten.

Und was soll ich sagen? Weg war er der Verkehr, alles ohne großes Aufsehen in kurzer Zeit, ohne irgendwen zu verärgern, ohne sich oder andere in Gefahr zu bringen, ohne anderen Dreck vor die Tür zu kippen, Hauswände zu beschmieren und so fort. Einfach per nettem Brief, einfach per Verkehrsschild, einfach höflich. So geht Kiez, so geht Anwohnerbeteiligung, darauf hat Politik zu regieren, auf sonst gar nichts, schon gar nicht auf Proteste irgendwelcher Zugewanderter, die oft nach Monaten wieder verschwinden, weil sie mal eben zum Studium oder als Hilfsprotestanten meinten, sie müssten anderswo während der Schul- oder Studienzeit die Welt retten als vor der eigenen Haustür, sie nebenbei vermüllen und verschmutzen.

Heute hört Politik auf solche Leute, leider auch die SPD ohne je zu erkunden, ob diese Leute überhaupt ein Interesse an dem Umfeld haben für das sie angeblich sich engagieren, heute hört Politik den Menschen dieser Stadt nicht einmal mehr zu, wenn die Bewohner in einem Volksentscheid ihren Flughafen geöffnet lassen wollen, wenn Bewohner eines Kiezes protestieren, weil sie erst befragt werden, wenn Politik längst entschieden hat. Heute hört Politik Lobbyisten zu, je radikaler, je lieber.

Früher, zu Zeiten von einem SPDler wie Klaus Schütz, da gab es echte Kiezbeteiligung, da wurde auf Kiezbegehren und nicht auf Radikalinskys in jeweils wechselnder Uniform gehört, da war Bürgerbeteiligung noch echt und nicht Auswahl per Losentscheid. Aber genau wie damals sollte Kiez arbeiten, friedlich, und darauf sollte reagiert werden, schnell und unbürokratisch wie damals hier in Wannsee, und wir haben auch nicht die Abschaffung der Fahrzeuge anderer gefordert, sondern einfach nur, dass ein Kiez für die da zu sein hat, die in ihm leben. Früher gab es dazu noch den allen Anwohnern bekannten Kontaktbereichsbeamten, der fragte nach dem Rechten, der trank Kaffee und erklärte, der kannte jeden fremden Wagen, der wohnte im Kiez und der schrieb Anzeigen, wenn doch mal jemand meinte, sich nicht an Regeln halten zu müssen, so geht Kiez.

Wenn Politik es ehrlich meinen würde, dann würde sie auf Anschreiben zu den Anwohnern gehen, auf diese und nur diese reagieren, nach Prüfung, ob jeder der da unterschreibt da auch wirklich dauerhaft lebt, und wenn man dort Autos von Straßen haben will, so gibt es dafür die Möglichkeit, Etagen von Parkhäusern für die Anwohner anzumieten oder zu kaufen und schwupps, sind die Autos von der Straße. Man muss halt nur mitdenken und um Ecken denken, und manchmal hilft auch ein Schild, manchmal eben ein paar zusätzliche Schwellen.Politik hat leise zu geschehen, pragmatisch, unbürokratisch und schnell, freundlich. Vielleicht hilft Frau Giffey ja ein Blick zurück in Zeiten von Klaus Schütz um zu erkennen, mit wem man lieber nicht regiert, und wie Politik unaufgeregter funktionieren könnte, dafür braucht es nämlich keine Bürgerräte, denn viele Menschen beteiligen sich nur nach direkter Ansprache, ansonsten bleiben sie ruhig, bis sie irgendwann platzen und Wahnsinn wählen, und warum sollte Politik nicht wieder etwas mehr werden wie damals, freundlich und mit Beteiligung nur jener, die an ihrem Kiez ein tatsächlich berechtigtes Interesse haben, statt mit Reiseprotestlern, die zuzüglich die Stadt vermüllen und bei ihrem Protest beschmierte Wände und schlimmeres hinterlassen, es will mir nicht in den Kopf. Ich wünsche mir die SPD etwas mehr Klaus Schütz mässig, denn da war sie grün und bürgerfreundlich und die Grünen haben nur Angsthasen gebraucht und gewählt, die nicht friedlich ihre Anliegen vortragen wollten sondern in jedem Andersdenkenden einen Feind sahen, selbst in ihren Eltern und Großeltern, und das lehrt man dann seine Kinder-ganz großes Kino!

Ich will mehr Politik wie damals hier in Wannsee und nur so, so mochte ich die SPD …

©denise-annette langner-urso