Corona in Berlin – Zustandsbericht aus Wannsee

Berlin Wannsee ist in normalen Zeiten schon vernachlässigt, die Polizei braucht nach hier an 30 Minuten, und jetzt in der Coronakrise, verschlimmert sich das noch ins Unendliche.

In Wannsee geht es morgens zu wie auf dem Ballermann, wenn man in die Läden guckt, dabei lebt hier eine ältere Bevölkerung, gibt es hier viele Altenheime, deren Risikobewohner irgendwann auch einmal einkaufen möchten, ohne Gefahr laufen zu müssen, sich anzustecken.

Der Lieferdienst Bringmeister hat bis Ende April keine Termine frei, also kann auch auf diese Möglichkeit nicht ausgewichen werden.

Wannsee hat 3 Lebensmittelgeschäfte auf der Königstraße, ist Durchfahrtsgebiet für Pendler, die in die City müssen, und die kaufen auf dem Weg in die Stadt auf der rechten Seite der Straße und auf dem Rückweg auf der linken Straßenseite bei den zwei vorhandenen Edekas ein.

Da denkst du dann, als älterer Mensch, es müsste doch zumindest am Abend möglich sein, hier Lebensmittel einzukaufen, und dann stehst du nach 20 Uhr vor leeren Regalen. Wer da Magerquark, laktosefreie Milch sucht, der ist angeschmiert, ähnlich schaut es bei vielen anderen Lebensmitteln auch aus.- Nada

Es gibt auch in Wannsee Pflegeheime und ein Krankenhaus, wann sollen die dortigen Mitarbeiter hier bitte einkaufen? Wie sich und die Schwachen, die sie pflegen, unter derart erbärmlichen Umständen in den Geschäften, schützen?

Andere Lieferanten verhalten sich derzeit wie die Rabauken, so einige Restaurants und Pizzadienste schrauben die Mindestabnahme von normal ca. 10 Euro auf 40 Euro hoch, und als zu Mitte der letzten Woche hier angeliefert wurde, gab es für die Lieferanten keine Schutzmaßnahmen, da wurde kein Abstand gehalten, obwohl das schon da hätte passieren müssen.

Wannsee ist schon zu normalen Zeiten unterversorgt, wenn es um Polizei geht, Wannsee war nie im Blick der Berliner Koalition. In Wannsee gibt es, was in Zeiten des Klimawandels ein Ding der Unmöglichkeit ist, zwei private Ladestationen für E-Autos, wovon die eine einem Segelclub gehört und den Mitgliedern vorbehalten ist, die andere Gehört einem Restaurant. In Wannsee behelfe sich jeder selbst, ist ja eine reiche Region. Doch genau so ist es eben nicht mehr.

Ich musste abends am Freitag schon Menschen am Bahnhof Wannsee abholen, weil nach 22 Uhr nach Stölpchensee einfach kein Bus mehr fuhr, und wenn man dahin laufen muss, ist man je nach Laufgeschwindigkeit schon mal gerne 45 Minuten unterwegs.

Wannsee ist aber Teil der Hauptstadt, gehört mit seinen Bewohnern ebenso zur Berliner Gesellschaft, wie Kreuzberg oder Friedrichshain, wie Wedding, Moabit und andere Bezirke. Nur irgendwie scheint Wannsee niemanden zu interessieren, irgendwie nicht zu existieren, wenn es um die Bedürfnisse derer geht, die hier eben nicht hauptsächlich Wähler von R2G sind.

In Zeiten wie diesen rächt sich das. Hier herrscht jetzt quasi erzwungen die Randale und Unvernunft, die andere Bezirke längst überwunden haben, hier müssen zwangsweise Regeln gebrochen werden, hier kann Abstand gar nicht eingehalten werden, hier herrscht Unterversorgung in mehr als nur im auch ansonsten fehlenden Kontrollbereich durch die Polizei. Wannsee ist die Vergessene Welt, unentdecktes Land, zumindest, wenn man sieht, wie wenig man sich für diesen Bereich politisch interessiert.

Trauriger als ganze Stadtteile zu ignorieren, gehts nicht

©denise-a. langner-urso